Bestand

Offiziershochschule Prora (Bestand)

Geschichte des Bestandsbildners: Aufstellung/Gründung

Über die Offiziershochschule Prora ist, verglichen mit anderen Hochschulen, wenig bekannt. Grund dafür dürfte der Sonderstatus der OHS Prora sein, denn in Prora spezialisierte man sich auf die Ausbildung ausländischer Militärkader. Das archivierte Schriftgut der OHS Prora ist mit dem Vermerk "Geheime Verschlußache (GVS)" gekennzeichnet, während Archivut anderer Hochschulen nur mit dem Vermerk "Vertrauliche Verschlußsache (VVS)" gekennzeichnet ist.

In Durchführung des Befehls Nr. 113/80 des Ministers für Nationale Verteidigung und der Anordnung Nr. 34/80 des Chefs der Landstreitkräfte war die Offiziershochschule im Zeitraum vom 01. Nov. 1980 bis zum 31. Aug. 1981 am Standort einer seit 1969 bestehenden Unteroffiziersschule der NVA in Prora aufzustellen. Damit wurde eine Lehr- und Ausbildungsbasis für ausländische Militärkader geschaffen.

Die Offiziershochschule war führungsmäßig dem Chef der Landstreitkräfte unterstellt und versorgungsmäßig dem Versorgungsbereich II angeschlossen. Die Dienstaufsichtspflicht übernahm der Stellvertreter des Chefs der Landstreitkräfte und Chef Ausbildung. Der Auftrag der OHS Prora war es, "als Stätte der internationalistischen Erziehung und hochschulgemäßen Ausbildung" ausländische Militärangehörige zur Wahrnehmung politischer und militärischer Führungsfunktionen und Lehraufgaben in ihren Heimatländern zu befähigen.

Am 09. Dez. 1981 wurde die Offiziershochschule Prora offiziell eröffnet und erhielt durch den Minister für Nationale Verteidigung die Truppenfahne und den Traditionsnamen "Otto Winzer" verliehen. Der Minister für Hoch- und Fachschulwesen verlieh den Hochschulstatus. Das Recht zur Verleihung des ersten akademischen Grades wurde der Lehreinrichtung am 26. Sept. 1984 zuerkannt.

Struktur

Der Lehrbetrieb an der OHS Prora begann am 1.9.1981. Folgende Lehrstühle wurden eingerichtet:

- Grundlagen des Marxismus-Leninismus

- Führung der politischen Arbeit

- Allgemeine Truppenkommandeure

- Artillerie

- Technik und Bewaffnung

- Spezialtruppen und Dienste

- Sprachen

- Mathematik/Naturwissenschaften

- Militärische Körperertüchtigung

Trotz der spezifischen Ausbildungsfunktion der OHS Prora war sie über allgemeingültige Charakteristika des DDR-Hochschulwesens definiert. Das Studium war offiziell nach den Prinzipien der Einheit von Forschung und Lehre, Erziehung und Ausbildung, Theorie und Praxis sowie Parteilichkeit und Wissenschaftlichkeit gestaltet. Ebenfalls zeigten sich Ähnlichkeiten zum zivilen Hochschulbereich in Bezug auf die Führung durch Einzelleitung, die Existenz eines Wissenschaftlichen Rates und die obligatorische Ausbildung in den Fächern Marxismus-Leninismus, Sport und Sprachen (Deutsch).

Aus- und Weiterbildung

Die künftigen Offiziers- und Unteroffiziersanwärter durchliefen einen einjährigen Vorbereitungskurs an der Offiziershochschule oder einer anderen militärischen Bildungseinrichtung (Militärtechnische Schule, Bad Düben; Institut für Fremdsprachenausbildung, Naumburg), in dem die Grundkenntnisse der deutschen Sprache sowie mathe,atisch-naturwissenschaftliche Grundlagen vermittelt wurden. An diesen Vorbereitungskurs schloss sich der zwei- bzw. dreijährige Hauptkurs in ausgewählten Profilen der Waffengattungen, Spezialtruppen und Dienste der Landstreitkräfte ab. Das Erlernen und Vertiefen der Deutschen Sprache wurde studienbegleitend fortgesetzt.

Mitte der 80er Jahre begann die Testphase des vierjährigen Diplomstudiengangs, die ersten Diplomurkunden erhielt 1988 eine Gruppe syrischer Militärangehöriger (Ausbildung zum Offizier des waffentechnischen Dienstes (Diplomingenieure)).

Insbesondere Militärangehörige aus befreundeten Entwicklungsländern mit sozialistischer Orientierung waren zugelassen. Bis Ende 1988/89 wurden rund 1040 ausländische Militärangehörige aus 16 Nationen aus- und weitergebildet:

VR Kongo 267

Rpublik Nikaragua 230

VR Mocambique 88

VR Äthiopien 69

DR Afghanistan 64

SR Vietnam 60

Palästinensische Befreiungsorg. 53

VDR Jemen 46

VR Laos 28

Vereinigte Rep. Tansania 28

Syrische Arabische Rep. 20

Republik Sambia 15

Repunlik Simbabwe 15

Jemenitische Arabische Rep. 14

VR Kampuchea 10

Die Ausbildung in Prora erfolgte kriegsbezogen und gefechtsnah. Die Vermittlung stabiler praktischer Fertigkeiten im Rahmen von Übungen im Taktikausbildungsgelände und im zentralen Feldlager Lübtheen hatte besonderen Stellenwert. Eine intensive Schießausbildung war hierbei mit eingeschlossen

Die einzelnen Gruppen wurden nach gesonderten Lern- und Ausbildungsprogrammen unterrichtet, die länderspezifische Probleme wie z.B. Kampf im Hinterland und in großen Waldgebieten, Einsatz in Gebirgen und Sümpfen, Sicherung der Kampftechnik unter extremen Klimabedingungen, Begleitschutz für Fahrzeugkolonnen, Beseitigung von Minensperren, Tarnung im Gelände, Nachtangriff und Seelandabwehr aufgriffen und berücksichtigten. Die Erfolgsquote lag bei 96% (Fluktuation: drei Prozent aus disziplinarischen oder gesundheitlichen Gründen sowie durch Rückruf ins Heimatland, ein Prozent leistungsbedingt).

Die Offiziershochschule Prora führte neben dem Ausländerstudium auch einjährige Fähnrichslehrgänge für Hochschulangehörige durch und bildete Berufsunteroffiziere zu Meistern aus.

Kommandeure der Offiziershochschule Prora waren:

Helmut Geisler (01.01.1981 bis 31.10.1986),

Artur Seefeldt (01.11.1986 bis 30.09.1990).

Auflösung

Die Offiziershochschule Prora wurde zum 14.12.1990 aufgelöst.

Politabteilung der Offiziershochschule "Otto Winzer" DVP 9-4:

Die Politorgane waren dem jeweils höheren Politorgan rechenschaftspflichtig. Die Leiter der Politabteilungen als Parteifunktionäre hatten den Chef der Politischen Verwaltung der Landstreitkräfte als Vorgesetzten. Als Stellvertreter der Kommandeure ihrer Dienststellen waren sie diesen ebenfalls unterstellt. Daraus folgte, dass sie sowohl militärische Funktionen ausübten und gleichzeitig leitende Funktionäre der SED in ihrer Dienststelle waren.

Im folgenden werden die Politorgane der dem Kommando der Landstreitkräfte nachgeordneten Dienststellen beschrieben: DVP 9-1 Politorgan des Fallschirmjägerbataillons 40 DVP 9-2 Politabteilung der Offiziershochschule der Landstreitkräfte "Ernst Thälmann" DVP 9-3 Politabteilung der Militärtechnischen Schule "Erich Habersaath" DVP 9-4 Politabteilung der Offiziershochschule "Otto Winzer"

Inhaltliche Charakterisierung: Der Bestand enthält die archivalische Überlieferung der Offiziershochschule Prora.

Es spiegelt sich die Entwicklung der Schule von der Aufstellung bis zum Ende des Bestehens der NVA, deren Organisation, Veränderungen, Aufgaben und deren Erfüllung wider. Hervorzuheben sind militärische Bestimmungen, Planungsunterlagen, Berichte und Aufgabenstellungen für die Ausbildungsjahre, Chroniken der Ausbildungsjahre, Berichte über die Ausbildung ausländischer Militärkader.

Überlieferung der Akten der Politabteilung der Offiziershochschule:

- Sekretariatsvorlagen 1976 - 1979;

- Delegiertenkonferenzen der SED 1964 - 1979;

- Parteiaktiv 1964 - 1978;

- Parteikontrollkommission 1970 - 1979

- Jugendarbeit 1967 - 1985.

Politabteilung der Offiziershochschule "Otto Winzer" DVP 9-4:

Die Militärtechnische Schule hat nur 10 AE abgeliefert, darunter die Delegiertenkonferenzen der SED von 1974 - 1979. Dem Bestand sind 2 AE der Politabteilung des Raketenausbildungszentrum 40 beigefügt. Von den Politorganen des Fallschirmjägerbataillons 40 ( zuletzt Luftsturmregiment 40) sind 3 AE und von der Offiziershoschule "Otto Winzer" nur 1 AE vorhanden.

Erschließungszustand: Datenbank, Findkartei, innerdienstliches Findbuch

Vorarchivische Ordnung: Die Aktenbildung erfolgte bereits beim Registraturbildnern auf der Grundlage des Einheitsaktenplanes K 01/3/001, der für alle Dienststellen der NVA verbindlich war.

Die Ablieferung der Akten erfolgte jährlich an das Verwaltungsarchiv der Landstreitkräfte. Nach Bewertung wurde jährlich das archivwürdige Schriftgut an das Militärarchiv der DDR abgegeben.

Im Okt. 1990 übernahm das Bundesarchiv-Militärarchiv die Bestände der NVA.

Archivsignatur des Verwaltungsarchivs der Landstreitkräfte: VA-10-...

Signatur des Militärarchivs der DDR: VA-10/....

Signatur des Bundesarchiv-Militärarchiv: DVH 8-12.

Politabteilung der Offiziershochschule "Otto Winzer" DVH 9-4:

Die Akten sind im Verwaltungsarchiv der Landstreitkräfte registriert und von dort an das Militärarchiv Potsdam übergeben worden. Von dort gelangten sie in das Bundesarchiv-Militärarchiv Freiburg Bis zum Jahr 1976 wurden die Akten verzeichnet. Eine endgültige Bearbeitung steht noch aus. Die Unterlagen tragen noch die Potsdam-Signatur VA-P-10/ bzw. die Signatur des Verwaltungsarchivs VA-10-P...

Zitierweise: BArch DVH 8-12/...

Reference number of holding
Bundesarchiv, BArch DVH 8-12
Extent
150 Aufbewahrungseinheiten; 4,0 laufende Meter
Language of the material
deutsch

Context
Bundesarchiv (Archivtektonik) >> Deutsche Demokratische Republik mit sowjetischer Besatzungszone (1945-1990) >> Verteidigung >> Ministerium für Nationale Verteidigung und Nationale Volksarmee >> Nationale Volksarmee >> Landstreitkräfte
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Amtliche Druckschriften: ADS siehe K 358/3/001

Literatur: Burkhardt, Anke: Militär- und Polizeihochschulen in der DDR. Wissenschaftliche Dokumentation (Arbeitsberichte 2´00). Hrsg. von HoF Wittenberg - Institut für Hochschulforschung an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Wittenberg 2000, S.59-62).

Provenance
Offiziershochschule Prora (OHS Prora), 1969-1990
Date of creation of holding
1969-1990

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Last update
16.01.2024, 8:43 AM CET

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Object type

  • Bestand

Associated

  • Offiziershochschule Prora (OHS Prora), 1969-1990

Time of origin

  • 1969-1990

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