Bestand
Verband der Heimkehrer, Kriegsgefangenen und Vermisstenangehörigen Deutschlands e.V. (Bestand)
Geschichte des
Bestandsbildners: Nach dem Zweiten Weltkrieg befanden sich etwa 11
Millionen deutsche Wehrmachtsangehörige in Kriegsgefangenschaft,
davon etwa 3,35 Millionen in sowjetischem Gewahrsam. Die
Siegermächte waren übereingekommen, bis zum Jahresende 1949 alle
Kriegsgefangenen in ihre Heimat zu entlassen. Die Sowjetunion
entließ die letzten deutschen Kriegsgefangenen erst im Jahre 1955.
Die Frage nach dem Schicksal der Gefangenen gehörte zu den
drängendsten Problemen der deutschen Nachkriegsöffentlichkeit.
Emotional besonders aufgeladen war die "Heimkehr der Zehntausend"
ab 7. Oktober 1955 aus sowjetischer Gefangenschaft. Nach der
Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft waren weitreichende
sozialpolitische Fragen zu lösen: die Regelung von Entschädigungs-
und Rentenansprüchen, die Versorgung der Heimkehrer mit
Arbeitsplätzen und Wohnungen sowie die gesundheitliche Fürsorge
einschließlich der Behandlung und Erkennung von durch die
Kriegsgefangenschaft erlittener gesundheitlicher Spätschäden.
Im März 1950 wurde der Verband der Heimkehrer,
Kriegsgefangenen und Vermisstenangehörigen Deutschlands e.V. (VdH)
als Zentralverband der bis dahin verstreut existierenden
Interessengruppen ehemaliger Kriegsgefangener gegründet. Mit
annähernd einer halben Million Mitgliedern (1955) gehörte der VdH
in den 1950er Jahren zu den einflussreichen und mitgliederstärksten
Verbänden der Bundesrepublik.
Die
Betätigungsfelder des VdH reichten vom Einsatz für die Freilassung
der noch zurückgehaltenen Kriegsgefangenen und so genannten
"Kriegsverurteilten" über Lobbyarbeit im Rahmen der
Kriegsfolgengesetzgebung bis hin zur politischen Bildungsarbeit. Zu
seinen größten politischen Erfolgen zählte die Durchsetzung des
1954 verabschiedeten Kriegsgefangenen-Entschädigungsgesetzes. Der
VdH war außerdem maßgeblich an der öffentlichkeitswirksamen
Etablierung des Gedenkens an die noch zurückgehaltenen
Kriegsgefangenen beteiligt.
In der ersten
Hälfte der 1950er Jahre veranstaltete der Verband mit finanzieller
Unterstützung der Bundesregierung und unter großer Beteiligung der
Öffentlichkeit "Kriegsgefangenen-Gedenkwochen", bei denen
bundesweit die Freilassung der Kriegsgefangenen gefordert wurde.
Auf die Initiative des VdH ging eine Wanderausstellung zum Thema
Kriegsgefangenschaft zurück, die von 1951 bis Mitte der 1960er
Jahre in über 100 Städten der Bundesrepublik und vereinzelt auch im
Ausland gezeigt und von insgesamt rund 1,7 Millionen Personen
besucht wurde. In Denkmalprojekten engagierte sich der VdH
ebenfalls stark. Bis Mitte der 1960er Jahre errichtete der Verband
rund 1.800 überwiegend lokale Mahnmale zur Erinnerung an die
Kriegsgefangenschaft. Von herausragender Bedeutung war die
Einrichtung einer Gedächtnisstätte im Durchgangslager Friedland bei
Göttingen. Nicht zuletzt zur finanziellen Unterstützung des
Vorhabens warb der VdH mit der "Friedlandglocke", einem zentralen
Verbandssymbol, die auf einem offenen LKW durch die Republik
transportiert wurde und den Ortsverbände des VdH in Dutzenden
deutscher Städte und Orte Anlass für öffentliche Inszenierungen
gab.
Langjähriger Präsident des VdH war
Werner Kießling, die Geschäftsstelle hatte ihren Sitz in Bonn - Bad
Godesberg. Der VdH verstand sich als eine generationenspezifische
Interessenvertretung und schloss verzichtete deshalb auf eine
eigene Nachwuchspoiltik aus. Der Bundesverband löste sich im Jahre
2006 auf.
Bestandsbeschreibung: Der
Bestand umfasst das Registraturgut der Geschäftsstelle des VdH
sowie einzelne Druckerzeugnisse (Rechenschaftsberichte,
Verbandszeitschrift "Der Heimkehrer").
Das
verbandseigene Archiv, das Sammlungsgut zur Geschichte der
deutschen Kriegsgefangenen enthielt, bildete im Bundesarchiv, Abt.
Militärarchiv zunächst den Bestand MSG 201, wird aber in 2010 in
den Bestand MSG 200 überführt.
Zitierweise: BArch B
433/...
- Bestandssignatur
-
Bundesarchiv, BArch B 433
- Umfang
-
1222 Aufbewahrungseinheiten; 60,0 laufende Meter
- Sprache der Unterlagen
-
deutsch
- Kontext
-
Bundesarchiv (Archivtektonik) >> Bundesrepublik Deutschland mit westalliierten Besatzungszonen (1945 ff) >> Organisationen und Verbände >> Militärische Traditions- und Interessenverbände >> Wehrmacht und Waffen-SS
- Verwandte Bestände und Literatur
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Amtliche Druckschriften: Wir mahnen die Welt. Jahrbuch des Verbandes der Heimkehrer, um 1950.
Freiheit ohne Furcht. Zehn Jahre Heimkehrerverband, Bad Godesberg 1960.
Kriegsgefangene reden. Katalog der [VDH-] Ausstellung, Berlin 1952.
Literatur: Svenja Goltermann: Die Gesellschaft der Überlebenden. Deutsche Kriegsheimkehrer und ihre Gewalterfahrungen im Zweiten Weltkrieg, München 2009.
Birgit Schwelling: Heimkehr, Erinnerung, Integration. Der Verband der Heimkehrer, die ehemaligen Kriegsgefangenen und die westdeutsche Nachkriegsgesellschaft, Paderborn 2010.
Birgit Schwelling: Zeitgeschichte zwischen Erinnerung und Politik. Die Wissenschaftliche Kommission für deutsche Kriegsgefangenengeschichte, der Verband der Heimkehrer und die Bundesregierung, 1957-1975, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 56 (2008), S. 227-263.
Birgit Schwelling: Gedenken im Nachkrieg. Die "Friedland-Gedächtnisstätte", in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History, Online-Ausgabe, 5 (2008) H. 2.
- Provenienz
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Verband der Heimkehrer, Kriegsgefangenen und Vermisstenangehörigen Dtls. e.V. (VdH), 1950-1998
- Bestandslaufzeit
-
1950-1998
- Weitere Objektseiten
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- Letzte Aktualisierung
-
16.01.2024, 08:43 MEZ
Datenpartner
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Objekttyp
- Bestand
Beteiligte
- Verband der Heimkehrer, Kriegsgefangenen und Vermisstenangehörigen Dtls. e.V. (VdH), 1950-1998
Entstanden
- 1950-1998