Bestand

Weltliche Lagerbücher: OA Wildberg (Bestand)

1. Zur Geschichte von Stadt und Amt Wildberg: (zitiert aus Vorwort zu A 573 von Walter Grube) Die "Herrschaft Wildberg" entstand zu Beginn des 14. Jahrhunderts unter den Grafen von Hohenberg durch Teilung des Nagolder Erbes der Tübinger Pfalzgrafen. Mittelpunkt der vom Nagolder Herrschaftsgebiet abgetrennten nördlichen Teilherrschaft wurde die Bergstadt Wildberg, eine hohenbergische Gründung aus der Mitte des 13. Jahrhunderts, die sich an die gleichnamige ältere, wohl schon von den Tübinger Pfalzgrafen erbaute Dynastenburg anschloss. Das kleine hochadelige Territorium hatte noch zwei weitere Städte, Altensteig und Bulach (= Neubulach), ebenfalls hohenbergische Gründungen des 13. Jahrhunderts. 1355 teilten die Brüder Burkhard VII. und Konrad I. von Hohenberg-Wildberg nach der Dynastensitte derzeit ihren Besitz abermals. Die Herrschaft Wildberg zerfiel damit in die Teilherrschaften Bulach und Altensteig, wobei Burg und Stadt Wildberg zunächst beiden Linien gemeinschaftlich verblieben. Die neue Teilung führte zur dauernden Absplitterung der Herrschaft Altensteig; diese nahm fortan eine eigene Entwicklung, gelangte 1398 an Baden und von diesem erst 1603 an Württemberg, das daraus ein eigenes Amt bildete. Dagegen wurde die Herrschaft Bulach schon sehr bald nach der Teilung von 1355 mit (den beiden Teilen von) Wildberg wieder in einer Hand vereinigt, als der wittelsbachische Pfalzgraf Ruprecht I. 1360-1377 diesen Besitz durch Kauf von den beiden hohenbergischen Linien an sich brachte. Diese "Herrschaft und Slosse" mit ihrer Zugehör verkaufte Ruprechts Nachfahr, Pfalzgraf Otto, 1440 um 27000 Gulden an Württemberg. Die Herrschaft umfasste damals außer Burg und Stadt Wildberg die Stadt Bulach, die Dörfer und Weiler Effringen, Schönbronn, Oberhaugstett, Liebelsberg, Altbulach, Gültlingen, Sulz und Emmingen, dazu als Exklave, vom geschlossenen Kerngebiet der Herrschaft durch altensteigische Orte getrennt, Ebhausen und Wöllhausen. Aus der "Herrschaft Wildberg und Bulach", aus "Wildberg Burg und Stadt mit aller Zugehörde" wurde unter württembergischer Verwaltung noch in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts das "Amt" bzw. "Stadt und Amt" Wildberg. Nachdem Emmingen schon sehr früh an das Amt Nagold abgetreten (vgl. die Urkunde U 9) und das durch die Säkularisation des Klosters Reutin erworbene Oberjettingen dem Amt Wildberg eingegliedert worden war, hat sich der Umfang des Amts Wildberg bis zu seiner Aufhebung im Anfang des 19. Jahrhunderts nicht mehr geändert. Die dynastische Grenzziehung von 1355 lebte somit in den innerwürttembergischen Verwaltungsgrenzen nicht weniger als 4 ½ Jahrhunderte fort. Das politische und administrative Leben in diesem von so dauerhaften Grenzen umschlossenen geschichtlichen Kleinraum wandelte sich nach dem Übergang an Württemberg freilich bald und grundlegend. Als eines der kleinsten unter mehr als fünfzig Ämtern (2) bildete die bisherige Herrschaft Wildberg seit dem ausgehenden 15. Jahrhundert einen staatlichen Verwaltungsbezirk, fest eingegliedert in das württembergische Territorium, das die Ämterverwaltung im spätmittelalterlichen Schwaben am frühesten voll ausgebildet hatte. Wie die altwürttembergischen Ämter durchweg, so war auch das staatliche Amt Wildberg zugleich Selbstverwaltungskörperschaft. Diese Doppeleigenschaft des altwürttembergischen Amtsbezirks ist bereits in der Amts- und Landschadensordnung von 1489 und in der ersten Landesordnung von 1495 erkennbar. Ihre verfassungsgeschichtliche Bedeutung erhielt sie durch das politische Gewicht, das den Amtskörperschaften in der Entwicklung Württembergs zum Ständestaat zuwuchs. Schon um die Mitte des 15. Jahrhunderts bestand die "Landschaft" zweifellos aus den Vertretern der Ämter, d.h. aus Gerichtspersonen und Amtsleuten der Städte (3) . Seit die altwürttembergische Verfassung unter Herzog Ulrich feste Gestalt gewonnen hatte, vertrat die Landschaft zusammen mit den evangelischen (bürgerlichen) Prälaten der 14 säkularisierten Mannsklöster auf den Landtagen das "Land" gegenüber dem Landesherrn. Die Landschaftsabgeordneten entstammten ausschließlich der bürgerlichen Honoratiorenschicht, der "Ehrbarkeit". Das Fehlen des ritterschaftlichen Adels auf den Landtagen ward zum unterscheidenden Merkmal der württembergischen Stände gegenüber denen der übrigen deutschen Territorien. In einem viel umfassenderen Sinne als anderwärts bildete daher im Herzogtum Württemberg "Stadt und Amt" die Grundlage für Verwaltung und Verfassung des Staatswesens. Die "Städte und Ämter" waren die wesentlichen Bauelemente des altwürttembergischen Staatsgefüges. Die Oberaufsicht über den staatlichen Verwaltungsbezirk führte in Wildberg, wie in den meisten Schwarzwaldämtern, ein adeliger Obervogt, der eigentliche Nachfolger der schon zu hohenbergischen und pfälzischen Zeiten in Wildberg bezeugten adeligen Vögte. Vom Landesherrn ernannt, hatte er vielfach zwei, später auch drei benachbarte Ämter gleichzeitig zu beaufsichtigen, so im 15. und 16. Jahrhundert Wildberg und Nagold, im 17. Jahrhundert Wildberg und Calw, zuletzt bisweilen Wildberg, Calw und Neuenbürg. Er saß daher nur zu Zeiten auf dem Wildberger Schloss, das nach dem Brand von 1618 ohnehin jahrzehntelang unbewohnbar wurde. Unter den Obervögten sind vom 14. - 17. Jahrhundert die aus dem Amt stammenden Herren von Gültlingen mehrfach vertreten. Eine unmittelbare Einwirkung dieser ritterlichen Herren auf den Geschäftsgang der Verwaltung ist in der Regel wenig spürbar, und schon lange vor der allgemeinen und endgültigen Abschaffung der Obervögte 1755 wurde auch in Wildberg ihre Stellung nur mehr eine Art Ehrenrang und Anlass zu einer Besoldung. Tatsächlich stand an der Spitze des Amts der vom Herzog ernannte bürgerliche Stabsbeamte. In Wildberg hieß er im 16. und 17. Jahrhundert zumeist Keller oder Stabskeller, im 18. Jahrhundert auch Vogt, seit 1759, wie in Altwürttemberg allgemein, Oberamtmann. Er war in Wildberg zugleich geistlicher Verwalter, also weltlicher und geistlicher Finanzbeamter in einer Person. Er war ferner Stadtvorstand der Amtsstadt, die in Altwürttemberg bekanntlich - im Gegensatz zu ihren Amtsorten, im Gegensatz auch zu vielen nichtwürttembergischen Städten Schwabens - nicht das Recht hatte, einen eigenen Schultheißen zu wählen. Der Stabskeller oder Vogt war außerdem Vorsitzender des Stadtgerichts in Zivilsachen und öffentlicher Ankläger im gleichen Gericht für Strafsachen. Schließlich hatte er auch die örtliche Dienstaufsicht über die Selbstverwaltung der Amtskörperschaft. Sämtliche staatlichen Aufgaben (mit Ausnahme der Ende des 15. Jahrhunderts abgetrennten Waldvogtei d.h. Forstverwaltung) waren somit in der Hand des landesherrlichen Bezirksbeamten vereinigt. Zwei kollegiale Einrichtungen waren es vornehmlich, in denen auf der Bezirksebene die Amtseingesessenen an den öffentlichen Aufgaben mitwirkten: das Stadtgericht und die Amtsversammlung. Das Stadtgericht, sich selbst ergänzend und seit dem Mittelalter die eigentliche Stadtregierung mit dem Recht zur Wahl der städtischen Beamten, war als Verwaltungsbehörde zwar auf den Bereich der Stadtmarkung beschränkt; als Zivilgericht war es jedoch - in erster oder zweiter Instanz - auch für die Amtsorte zuständig (vgl. Nr. 5989-6161). Ebenso war es Kriminalgericht für den ganzen Amtsbezirk (vgl. Nr. 5872-5988). Im Stadtgericht sehen wir an den Aufgaben der Rechtsprechung die bürgerliche Ehrbarkeit maßgebend beteiligt, - freilich nur die der Amtsstadt selbst, die dadurch ein recht fühlbares Übergewicht über die Amtsflecken behauptete. Dagegen waren die Amtsorte in der Amtsversammlung durch eigene Deputierte vertreten. Ohne eine solche von Amtsstadt und Dörfern beschickte Versammlung war die den Ämtern zustehende Repartition des Land- und Amtsschadens auf die einzelnen Gemeinden von Anfang an nicht denkbar. Sie ist denn auch - nicht für Wildberg, aber für andere württembergische Bezirke - seit dem Ende des 15. Jahrhunderts urkundlich nachweisbar. Die Bezeichnung "Amtsversammlung" dafür wurde freilich erst zwei Jahrhunderte später allgemein, als diese Zusammenkünfte häufiger und regelmäßiger stattfanden und als die herzogliche Regierung die Geschäftsführung der Amtskorporationen durch die neu begründete Landrechnungsdeputation in Stuttgart entschiedener zu beaufsichtigen begann. Die Amtsversammlung war das maßgebende Organ der Amtskörperschaft. Sie tagte gewöhnlich unter Vorsitz des Vogts (in Wildberg: Kellers). Nur von ihren Beratungen über Bewilligung von Landessteuern und andere landschaftliche Angelegenheiten war dieser ausgeschlossen. Die Amtsversammlung wählte die Abgeordneten für die Landschaft; der Vogt war von 1520-1551 und dann endgültig seit 1629 nicht wählbar. In allem, was die Landschaft anging, war die Selbständigkeit der Amtskörperschaft am sichtbarsten ausgeprägt. Mit dieser im engeren Sinne politischen Eigenschaft als "Landstand" hing zusammen die wichtige Rolle der Amtskörperschaft für das Wehrwesen und die Aufbringung von Kriegslasten und Landessteuern. Weitere der Amtskorporation übertragene öffentliche Aufgaben waren die Anlage eines Fruchtvorrats, die Durchführung herrschaftlicher Frondienste (vgl. Nr. 5452-5471) und sicherheitspolizeiliche Maßnahmen. Die Amtsversammlung wählte auch den Stadt- und Amtsschreiber, die gewichtigste Persönlichkeit im ganzen Amt. Die genaue Aufzählung seiner dienstlichen Obliegenheiten beanspruchte bereits im zweiten württembergischen Landrecht von 1567 nicht weniger als 32 Seiten. In erster Linie und seit dem Mittelalter schon führte er die Kanzlei der Stadtgemeinde. Sodann bediente sich der Vogt oder Stabskeller in allen gerichtlichen Angelegenheiten und anderen "Stadt und Amt" berührenden Dingen der Stadtschreiberei. Der Stadtschreiber war Aktuar und Protokollführer bei den Gerichtssitzungen, er bearbeitete die wichtigsten Steuersachen, stellte Gemeinde-, Heiligen- und Spitalrechnungen. Außerdem besorgte er die in Württemberg heute dem Bezirksnotariat (Nachlass- und Vormundschaftsgericht, Grundbuchamt) übertragenen Geschäfte der freiwilligen Gerichtsbarkeit: die Inventur- und Teilungssachen (vgl. Nr. 4798-5180), die Pflegerechnungen (vgl. Nr. 4304-4751), die Kauf- und Kontraktenbücher (vgl. Nr. 4755-4797). Schließlich fertigte er für die Amtsangehörigen Verträge aller Art, Bittschriften an den Landesherrn und Eingaben an die Behörden (vgl. Nr. 6933-6964). Nur mit Hilfe von Substituten, Skribenten und Inzipienten war diese Fülle der Geschäfte zu bewältigen. Als ihr schriftlicher Niederschlag erwuchs in der Stadtschreiberei die Registratur von "Stadt und Amt". Für seine staatlichen Verwaltungsgeschäfte pflegte in vielen Ämtern der Vogt einen besonderen Schreiber zu halten, der dann auch die Vogtei- und Kellereiregistratur abgesondert zu führen hatte. In den kleinen Wildberger Verhältnissen wurde jedoch auch diese Arbeit großenteils von der Stadtschreiberei aus mitbesorgt.

In württembergischen Ämtern, die außer der Amtsstadt kein städtisches Gemeinwesen umfassten, erledigte der Stadtschreiber alle seine Aufgaben gewöhnlich für sämtliche Gemeinden des Amtsbezirks. Dies war in der Mehrzahl der Ämter der Fall. Der Wildberger Stadtschreiber musste sich jedoch mit dem Stadtschreiber der ebenfalls zum Amt gehörenden Stadt Bulach in die Geschäfte teilen. In älterer Zeit, noch um die Mitte des 16. Jahrhunderts, besorgte die Stadtschreiberei Bulach die Geschäfte für die ganze westliche Hälfte des Amts (Effringen, Schönbronn, Oberhaugstett, Liebelsberg und Altbulach). Mit der wachsenden Bedeutung und Festigung der Amtsorganisation bekam dann der Stadtschreiber der Amtsstadt zusehends das Übergewicht, während der noch auf spätmittelalterliche Verhältnisse, letztlich auf die hohenbergische Teilung von 1355 zurückgehende Zuständigkeitsbereich des Bulacher Stadtschreibers mehr und mehr eingeengt wurde. 1580 gehörten Effringen und Schönbronn bereits zum Wildberger Stadtschreibereibezirk, sodass bei Neubulach nur noch Oberhaugstett, Liebelsberg und Altbulach, "die drei ziegelbachischen Flecken" (d.h. die Gemeinden nördlich des Ziegelbachs) verblieben. Der Bulacher Stadtschreiber war im 17. Jahrhundert zugleich Stadtoberhaupt und führte als solcher die Amtsbezeichnung "Vogt", übte jedoch gleich einem Dorfschultheißen nur die niedere Gerichtsbarkeit aus und war dem Wildberger Stabskeller nachgeordnet. Bulach besaß bis 1805 auch das Recht, einen eigenen Abgeordneten in den Stuttgarter Landtag zu schicken, lieferte seine Steuern unmittelbar an die Landschaftseinnehmerei und hatte zum Wildberger Amtsschaden nichts beizutragen. Während so in Titeln und Rechten die einstige Bedeutung der Bergwerksstadt als Mittelpunkt einer hohenbergischen Teilherrschaft bis ins frühe 19. Jahrhundert nachlebte, war ihre städtische Verwaltung schon im 17. Jahrhundert hinter den gewachsenen Ansprüchen an die schriftliche Geschäftsführung zurückgeblieben. Den Nutzen hieraus zog die Stadtschreiberei Wildberg. Sie konnte auf Bitte der Gemeinden Oberhaugstett, Liebelsberg und Altbulach und mit Genehmigung der Stuttgarter Regierung 1665 auch die "ziegelbachischen Schreibereisachen" übernehmen, nachdem sich der Bulacher Vogt und Stadtschreiber Bögelin unfähig gezeigt hatte, Steuerbücher, Flecken-, Vorrats- und Heiligenrechnungen zu führen. Gegen den Geschäftsgang ihrer Stadtschreiberei erhoben sogar die Bulacher Bürger selbst 1668 schwere Anschuldigungen; Bögelin könne keinen Kauf-, Schuld- oder Gültbrief, viel weniger eine Rechnung ausfertigen, sondern mache "alles ganz obskur, ohnlauter und ohnverständig untereinander ..., dass bald niemand daraus kommen und einen rechten sensum und Verstand" daraus fassen könne (Nr. 5236). Erst im 18. Jahrhundert finden wir den Bulacher Vogt wieder als "Amtsschreiber der drei ziegelbachischen Amtsflecken" (vgl. die Karte S X). Oft genug war durch solche und auch gewichtigere Rivalitäten zwischen der Amtsstadt und einer zweiten oder dritten Stadt des Amts die Arbeit der altwürttembergischen Amtskörperschaft belastet.

Spannungen innerhalb der Selbstverwaltung des Amts ergaben sich auch immer wieder aus dem Verhältnis zwischen Stadtschreiber und Amtspfleger. Besondere Amtspflegen für die Rechnungsführung der altwürttembergischen Amtskörperschaft wurden erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts errichtet, als die finanziellen Aufgaben von Stadt und Amt, eine Folge der jahrzehntelangen Kriegslasten, sich erweitert hatten. Nur allmählich und nicht in allen Ämtern gleichzeitig setzte sich die neue Institution durch. In Wildberg hatten in älterer Zeit zumeist die Bürgermeister (= Stadtpfleger) der Amtsstadt, gelegentlich auch der Klosterhofmeister zu Reutin (1653 ff.), der Stadtschreiber (1664) oder der herrschaftliche Keller selbst (1687 ff.) die Amtsschadenrechnung nebenamtlich geführt. Doch waren schon seit 1657 von Zeit zu Zeit besondere Amtspfleger bestellt. Erst 1697 machte die herzogliche Regierung wegen der "schädlichen Inconvenientien" die Errichtung eigener Amtspflegen allgemein im Lande verbindlich und verbot 1702 ausdrücklich ihre Übertragung an Bürgermeister, Stadtschreiber oder landesherrliche Stabsbeamte. Die neuen Amtspflegen hatten sich namentlich gegen die überlieferte beherrschende Stellung der Stadt- und Amtsschreibereien zu behaupten. In Wildberg musste z.B. 1754 der Amtspfleger Bub dem Stadtschreiber Grüb durch die herzogliche Landrechnungsdeputation verbieten lassen, an seiner Stelle zur jährlichen Abrechnung mit der Landschaft nach Stuttgart zu reisen. Der Amtspfleger wurde ebenfalls von der Amtsversammlung gewählt. Im übrigen löste die Errichtung der Amtspflegen die Amtskörperschaft nur in ihrer Vermögensverwaltung von den amtsstädtischen Magistraten. Sonst blieb durch Vogt, Stadtgericht und Stadtschreiberei die enge Verbindung des Amts mit den Gemeindeorganen der Amtsstadt bis zu den großen Reformen des frühen 19. Jahrhunderts erhalten. Nach der Bildung des Königreichs Württemberg wurde im Zuge des staatlichen Neubaus und der durchgängigen Vergrößerung der Amtsbezirke 1807 das Amt Wildberg aufgehoben und zunächst ganz dem Oberamt Nagold eingegliedert. Dieses trat dann 1810 Oberjettingen an das Oberamt Herrenberg, 1812 die vormaligen Wildberger Amtsorte Alt- und Neubulach, Liebelsberg und Oberhaugstett an das Oberamt Calw ab. Damit fand die ins 14. Jahrhundert zurückreichende gemeinsame Geschichte der Wildberger Amtsorte ihr Ende. Die Amtskörperschaft wurde nicht lange danach aufgelöst. Die bisherige Amtsstadt behielt einige Jahre noch eine gewisse Sonderstellung durch die Schaffung des "Unteramts" Wildberg mit Amtmann und Amtsschreiber. Zu diesem Unteramt gehörten jedoch außer der Stadt keine weiteren Gemeinden. Die Amtsschreiberei erhielt zwar durch ein Dekret der Sektion der inneren Administration vom 17.08.1812 vorübergehend einen vergrößerten Bezirk zugewiesen (Wildberg, Schönbronn, Gültlingen, Sulz, Effringen, Pfrondorf, Mindersbach, Wenden, Eb- und Wöllhausen, Rohrdorf, Gaugenwald und Rotfelden). Aber alle wichtigen, alle "Zentralgeschäfte" im ganzen Oberamt besorgte jetzt die "Zentral-Stadt- und Amtsschreiberei" Nagold (vgl. Nr. 5237). Mit den ersten Verwaltungsreformen König Wilhelms I. schwanden für Wildberg auch die letzten Reste der einstigen amtsstädtischen Stellung. Das Verwaltungsedikt von 1822 glich die städtische und die ländliche Gemeindeverfassung einander an, und die Auflösung der (Stadt- und) Amtsschreiberei 1826 schloss die zwanzig Jahre zuvor begonnene Umbildung der Bezirksverwaltung ab.

2. Zur Geschichte und Ordnung des Gesamtbestands H 101 - weltliche Lagerbücher der Oberämter: Seit 1422/1423 wurden in Württemberg bei der von der Rentkammer zentral gesteuerten systematischen Aufzeichnung von Besitzungen, Rechten und Einkünften in Lagerbüchern mehrere gleichlautende Reinschriften erstellt: Ein Exemplar verblieb in der Kanzlei der Rentkammer, ein zweites wurde im Archiv hinterlegt, eine dritte Reinschrift erhielt die zuständige Kellerei, die in der Zeit des aktuellen Gebrauchs Nachträge vermerkte. Das heutige Lagerbuchselekt führt verschiedene ältere Reihen zusammen: 0.2.1 Die altwürttembergische Reihe "weltliche Lagerbücher" Ursprünglich umfasste diese Reihe die Archivexemplare, die häufig den Außen-vermerk "Archiv" tragen. Im Laufe der Zeit wurden diesem Bestand Konzepte, Mehrfertigungen und Lagerbücher der 1806 neu erworbenen Herrschaften hinzugefügt, so dass ein Mischbestand erwuchs, der 1938 anlässlich der Neugliederung der Bestände durch K.O. Müller die Bestandsbezeichnung H 1 erhielt. 0.2.2 "Dublettenreihe" Seit 1908 wurden unter der etwas irreführenden Bezeichnung "Dublettenreihe" Mehrfertigungen, aber auch Konzepte und Abschriften von Lagerbüchern geistlicher und weltlicher altwürttembergischer sowie neuwürttembergischer Herrschaften zusammengeführt. Der Bestand gelangte ins Staatsarchiv Ludwigsburg und erhielt die Signatur H 6. 0.2.3 Lagerbuchreihe des Finanzarchivs Im Rahmen der Neuordnung 1806 wurde der überwiegende Teil der altwürttembergischen Lagerbücher aus den Registraturen der Bezirksämter den Kameralämtern übergeben, die - ausgehend von den aktuellen Verwaltungsbedürfnissen - umfangreiche Kassationen und Umordnungen vornahmen. Allmählich gaben die Kameralämter die Lagerbücher an das 1822 eingerichtete Finanzarchiv ab. Nach erneuten Kassationen und uneinheitlicher Ordnung wurden in dieser Zeit für ungefähr die Hälfte der Überlieferung provisorische Verzeichnisse erstellt. Die dabei vergebenen rund 4200 Zahlensignaturen sind mit Blaustift auf der Vorderseite vermerkt. 1924 übernahm das Staatsarchiv Ludwigsburg die Lagerbuchbestände des aufgelösten Finanzarchivs und wies sie der Bestandsgruppe H 6-10 zu. 0.2.4 "Sonderreihe" des Staatsarchivs Ludwigsburg Bruchstückhaft blieb um 1930 der Versuch, aus der Überlieferung des Finanzarchivs diejenigen Erneuerungen in einer Reihe zusammenzuführen, die in den Stuttgarter Lagerbuchbeständen fehlten. 0.2.5 Beständebereinigung durch K.O. Müller K.O. Müller löste den von ihm gebildeten Mischbestand H 1 (s. o.) in einer zweiten Verzeichnungsphase auf, indem er die altwürttembergischen Lagerbücher im Bestand A 295 zusammenfasste und die neuwürttembergischen Lagerbücher den Reihen B 1-5 zuwies. Nach Abgabe der in Ludwigsburg befindlichen Lagerbücher an das Hauptstaatsarchiv Stuttgart im Juli 1950 wurde unter der Leitung von F. Pietsch der gesamte Überlieferungskomplex neu gegliedert. Aus pragmatischen Gründen verzichtete man dabei auf die Rekonstruktion der Registraturen der Kanzlei, des Archivs sowie der Kellereien in eigenen Reihen. Vielmehr vereint der heutige Bestand H 101, gruppiert nach Oberämtern, alle überlieferten Exemplare einer Erneuerung - also Konzepte, Reinschriften, Abschriften - in einer Reihe.

3. Zur Verzeichnung des Bestandes: Nach der Zusammenführung der Lagerbuchbestände im Hauptstaatsarchiv Stuttgart 1950 war die anschließende Neuordnung um 1960 im wesentlichen abgeschlossen. Damit konnte eine Neuverzeichnung in Angriff genommen werden. Angesichts der zu bewältigenden großen Mengen entwarfen H.-M. Maurer und H. Natale 1974 "Richtlinien zur Kurzverzeichnung von Lagerbüchern" und trieben die Erschließung der Lagerbuchselekte mit den bestehenden geringen Personalressourcen unter Einbeziehung von Auszubildenden und Aushilfskräften voran. Inzwischen liegen für den gesamten Bestand H 101 Konzeptverzeichnungen vor, die allerdings nur sehr eingeschränkt benutzt werden können. Die entsprechende Verzeichnung für das Amt (Kellerei / zuletzt altwürttembergisches Oberamt) Wildberg wurde 1955/56 von Dr. Liselotte Hubert-Becker erstellt und später ergänzt. Bei der laufenden Überarbeitung dieser Konzeptverzeichnungen wird auf die in den ursprünglichen Richtlinien vorgesehene systematische Neuerfassung von Reskripten und Notizen verzichtet. Aufgenommen werden lediglich die bereits erfassten Reskripte. Diese werden im "Enthält-Vermerk" ausgewiesen und bei der Gesamtlaufzeit des Bandes berücksichtigt. Der Verzeichnung liegt folgendes Schema zugrunde: 1. Bandnummer, 2. Titel, 3. Genetische Stufe und Behördenprovenienz, 4. eventuelle Register, 5. Renovator(en), 6. Inhalte und Darstellungsweise, 7. Orte, 8. Urkunden, 9. äußere Bandbeschreibung, 10. enthaltene Beilagen oder Reskripte, 11. Vorsignaturen, 12. Umfang, 13. Jahr der Anlage. Die Angaben zum Titel orientieren sich primär an den Suchbedürfnissen der meisten Nutzer des Bestands: Ortsnamen und Laufzeit, die als wichtigstes Kriterium für die zügige Ermittlung gesuchter Einzelbände auch meist auf den Bandrücken von den Registraturen der Rentkammer, Ämter etc. deutlich vermerkt sind. Bei den Laufzeitangaben ist zu beachten, dass in einem Großteil der Bände Nachträge eingefügt worden, die bei den Laufzeitangaben berücksichtigt sind. Weiterhin erfolgte eine Neusignierung entsprechend dem gängigen Signaturschema der Lagerbuchselekte: Die bestehende Durchnummerierung wird durch Zwischennummern für die einzelnen Ämter (H 101/1 Altensteig bis H 101/64 Winnenden) mit jeweiliger Neuzählung der einzelnen Bände eines Bestandes ersetzt. Alte und neue Signaturen können der Konkordanz entnommen werden. Die Bearbeitung der vorhandenen Titelaufnahmen des Bestandes H 101/63 übernahm im 3. und 4. Quartal Quartal 2011 unter Anleitung des Unterzeichneten im Rahmen die Fachangestelte Kathrin Strittmatter. Die Endredaktion gestaltete der Unterzeichnete. Der Bestand umfasst nun 12 Bände bzw. 1 Regalmeter. In diesen Bänden sind 104 Urkundenbschriften enthalten, deren chronologische Zusammenstellung ergab, dass es sich um 29 verschiedene Urkunden zum Amtsbereich Wildberg aus der Zeit zwischen 1320 bis 1659 handelt.. Stuttgart, im November 2011 Franz Moegle-Hofacker

4. Literaturverzeichnis: Beschreibung des Oberamts Nagold. Hrsg. von dem Königl. stat.- topogr. Bureau. Mit 3 Tab., 1 Kt. und 3 Ansichten. Stuttgart: Aue 1862. V, 271 S.. Das Land Baden-Württemberg. Amtliche Beschreibung nach Kreisen und Gemeinden, hg. von der Landesarchivdirektion Baden-Württemberg, Band 5: Regierungsbezirk Karlsruhe, Stuttgart 1976. Gregor Richter, Lagerbücher- oder Urbarlehre. Hilfswissenschaftliche Grundzüge nach württembergischen Quellen (Veröffentlichungen der staatlichen Archivverwaltung Baden- Württemberg; 36), Stuttgart 1979. Korrespondierende Bestände A 206 Oberrat: Ältere Ämterakten A 213 Oberrat: Jüngere Ämterakten A 248 Rentkammer: Generalakten A 249 Rentkammer : Ämterakten A 284 Kircherat: Ämterregistratur A 298 Weltliche Leibeigenenbücher A 302 Weltliche Ämterrechnungen A 303 Geistliche Ämterrechnungen A 304 Reskripten- und Berichtsbücher der Bezirksämter A 422 Wildberg W A 422 L Wildberg W und G A 423 Wildberg G A 602 Württembergische Regesten A 573 Stadt und Amt Wildberg L 6 Landständisches Archiv, Materienregistratur

Bestandssignatur
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, H 101/63
Umfang
12 Bände, Bestellnummern: Band 1 -12 (früher Band 2103-2116)

Kontext
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart (Archivtektonik) >> Selekte >> Altwürttembergische Lagerbücher >> Hauptreihen des Kammer- und Kirchenguts >> Weltliche Lagerbücher der Oberämter (gesamt)

Bestandslaufzeit
1523-1750

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Rechteinformation
Letzte Aktualisierung
20.01.2023, 15:09 MEZ

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Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • 1523-1750

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