Bestand

Weltliche Lagerbücher: Oberamt Lauffen, 1501 - 1790 (Bestand)

1. Zur Geschichte des Amtes Lauffen: Die heutige Stadt Lauffen am Neckar wuchs aus zwei Ortsteilen zusammen, dem links des Neckars gelegenen Dorf Lauffen und der Stadt Lauffen auf dem rechten Flussufer. Den älteren und bis in die frühe Neuzeit hinein größeren Siedlungskern stellte das Dorf Lauffen dar, das bereits in alemannischer Zeit entstand. Dort sind im 8./9. Jahrhundert eine königliche Eigenkirche St. Martin und ein fränkischer Königshof nachweisbar, deren Einnahmen nach 741 für die Ausstattung des Bistums Würzburg Verwendung fanden. In karolingischer Zeit trug Graf Ernst vom Nordgau 832 den Königshof zu Lehen. Seine im Kindesalter zu Tode gekommene Tochter Reginswind wurde als lokale Heilige verehrt, um das Jahr 1000 zu ihren Ehren ein Benediktinerinnenkloster nördlich des Dorfes gegründet. Von den 1219 ausgestorbenen Grafen von Lauffen, die auf der rechten Neckarseite die Stadt Lauffen (Ersterwähnung 1234) gegründet haben sollen, gelangten beide Siedlungen 1220 als Reichspfand an die Markgrafen von Baden. Diese verkauften 1346 an die Hofwart von Kirchheim, über welche nach 1361 die Grafen von Württemberg sukzessive in den Besitz von Stadt und Dorf Lauffen gelangten. Das württembergische Amt, später Oberamt Lauffen ist seit 1386 belegt. Zu ihm gehörten neben Stadt und Dorf Lauffen die Dörfer Gemmrigheim, Ilsfeld und Wüstenhausen am linken Neckarufer. Für eine Zugehörigkeit des rechts des Neckars gelegenen Dorfes Hohenstein zum württembergischen Amt bzw. Oberamt Lauffen, wie sie in der Oberamtsbeschreibung Besigheim, S. 2, angegeben wird, finden sich in den Lagerbüchern keine Hinweise. Sitz des Lauffener Obervogtes war ursprünglich wohl das sogenannte untere Schloss auf einem Felssporn im Neckar, die ehemalige Burg der Grafen von Lauffen. Dort wurde 1648 ein Neubau als Sitz des Oberamtes errichtet. Bezeugt ist auch ein Untervogt, der der Kellerei vorstand. Nach 1755 löste die Bezeichnung Oberamtmann den älteren Vogtstitel endgültig ab. 1808 wurde das Oberamt Lauffen aufgelöst und in das Oberamt Besigheim eingegliedert. Der ehemalige Sitz des Oberamtmannes diente nach 1817 als städtisches Rathaus. Seit 1938 gehört Lauffen zum Landkreis Heilbronn.

2. Zur Geschichte und Ordnung des Bestandes: Seit 1422/1423 wurden in Württemberg bei der von der Rentkammer zentral gesteuerten systematischen Aufzeichnung von Besitzungen, Rechten und Einkünften in Lagerbüchern mehrere gleichlautende Reinschriften erstellt: Ein Exemplar verblieb in der Kanzlei der Rentkammer, ein zweites wurde im Archiv hinterlegt, eine dritte Reinschrift erhielt die zuständige Kellerei, die in der Zeit des aktuellen Gebrauchs Nachträge vermerkte. Das heutige Lagerbuchselekt führt verschiedene ältere Reihen zusammen: 2.1 Die altwürttembergische Reihe "weltliche Lagerbücher" Ursprünglich umfasste diese Reihe die Archivexemplare, die häufig den Außen-vermerk "Archiv" tragen. Im Laufe der Zeit wurden diesem Bestand Konzepte, Mehrfertigungen und Lagerbücher der 1806 neu erworbenen Herrschaften hinzugefügt, so dass ein Mischbestand erwuchs, der 1938 anlässlich der Neugliederung der Bestände durch K.O. Müller die Bestandsbezeichnung H 1 erhielt. 2.2 "Dublettenreihe" Seit 1908 wurden unter der etwas irreführenden Bezeichnung "Dublettenreihe" Mehrfertigungen, aber auch Konzepte und Abschriften von Lagerbüchern geistlicher und weltlicher altwürttembergischer sowie neuwürttembergischer Herrschaften zusammengeführt. Der Bestand gelangte ins Staatsarchiv Ludwigsburg und erhielt die Signatur H 6. 2.3 Lagerbuchreihe des Finanzarchivs Im Rahmen der Neuordnung 1806 wurde der überwiegende Teil der altwürttembergischen Lagerbücher aus den Registraturen der Bezirksämter den Kameralämtern übergeben, die - ausgehend von den aktuellen Verwaltungsbedürfnissen - umfangreiche Kassationen und Umordnungen vornahmen. Allmählich gaben die Kameralämter die Lagerbücher an das 1822 eingerichtete Finanzarchiv ab. Nach erneuten Kassationen und uneinheitlicher Ordnung wurden in dieser Zeit für ungefähr die Hälfte der Überlieferung provisorische Verzeichnisse erstellt. Die dabei vergebenen rund 4200 Zahlensignaturen sind mit Blaustift auf der Vorderseite vermerkt. 1924 übernahm das Staatsarchiv Ludwigsburg die Lagerbuchbestände des aufgelösten Finanzarchivs und wies sie der Bestandsgruppe H 6-10 zu. 2.4 "Sonderreihe" des Staatsarchivs Ludwigsburg Bruchstückhaft blieb um 1930 der Versuch, aus der Überlieferung des Finanzarchivs diejenigen Erneuerungen in einer Reihe zusammenzuführen, die in den Stuttgarter Lagerbuchbeständen fehlten. 2.5 Beständebereinigung durch K.O. Müller K.O. Müller löste den von ihm gebildeten Mischbestand H 1 (s. o.) in einer zweiten Verzeichnungsphase auf, indem er die altwürttembergischen Lagerbücher im Bestand A 295 zusammenfasste und die neuwürttembergischen Lagerbücher den Reihen B 1-5 zuwies. Nach Abgabe der in Ludwigsburg befindlichen Lagerbücher an das Hauptstaatsarchiv Stuttgart im Juli 1950 wurde unter der Leitung von F. Pietsch der gesamte Überlieferungskomplex neu gegliedert. Aus pragmatischen Gründen verzichtete man dabei auf die Rekonstruktion der Registraturen der Kanzlei, des Archivs sowie der Kellereien in eigenen Reihen. Vielmehr vereint der heutige Bestand H 101, gruppiert nach Oberämtern, alle überlieferten Exemplare einer Erneuerung - also Konzepte, Reinschriften, Abschriften - in einer Reihe.

3. Zur Verzeichnung des Bestandes: Nach der Zusammenführung der Lagerbuchbestände im Hauptstaatsarchiv Stuttgart 1950 war die anschließende Neuordnung um 1960 im wesentlichen abgeschlossen. Damit konnte eine Neuverzeichnung in Angriff genommen werden. Angesichts der zu bewältigenden großen Mengen entwarfen H.-M. Maurer und H. Natale 1974 "Richtlinien zur Kurzverzeichnung von Lagerbüchern" und trieben die Erschließung der Lagerbuchselekte mit den bestehenden geringen Personalressourcen unter Einbeziehung von Auszubildenden und Aushilfskräften voran. Inzwischen liegen für den gesamten Bestand H 101 Konzeptverzeichnungen vor, die allerdings nur sehr eingeschränkt benutzt werden können. Die entsprechende Verzeichnung für das Oberamt Lauffen wurde 1955 von D. Wunder im Konzept fertiggestellt und später fortlaufend ergänzt. Bei der laufenden Überarbeitung dieser Konzeptverzeichnungen wird auf die in den Richtlinien vorgesehene systematische Neuerfassung von Reskripten und Notizen verzichtet. Aufgenommen werden lediglich die bereits erfassten Reskripte. Diese werden im "Enthält-Vermerk" ausgewiesen und bei der Gesamtlaufzeit des Bandes berücksichtigt. Der Verzeichnung liegt folgendes Schema zugrunde: 1. Bandnummer, 2. Titel, 3. Genetische Stufe und Behördenprovenienz, 4. eventuelle Register, 5. Renovator(en), 6. Inhalte und Darstellungsweise, 7. Orte, 8. Urkunden, 9. äußere Bandbeschreibung, 10. enthaltene Beilagen oder Reskripte, 11. Vorsignaturen, 12. Umfang, 13. Jahr der Anlage. Die Angaben zum Titel orientieren sich soweit als möglich an den auf den Vorsatzblättern zu findenden Innentiteln der Bände. Weiterhin erfolgte eine Neusignierung entsprechend dem gängigen Signaturschema der Lagerbuchselekte: Die bestehende Durchnummerierung wird durch Zwischennummern für die einzelnen Ämter (H 101/1 Altensteig bis H 101/64 Winnenden) mit jeweiliger Neuzählung der einzelnen Bände eines Bestandes ersetzt. Alte und neue Signaturen können der Konkordanz entnommen werden. Die Bearbeitung der vorhandenen Titelaufnahmen des Bestandes H 101/32 übernahm im Juli 2006 unter Anleitung des Unterzeichneten der Archivreferendar Christoph Volkmar M.A. Die Endredaktion gestaltete der Unterzeichnete. Der Bestand umfasst nun 18 Bände, in denen 31 Urkundenabschriften ausgewiesen sind, bzw. 1,10 Regalmeter. Stuttgart, im August 2006 Franz Moegle-Hofacker

Literaturverzeichnis: - Beschreibung des Oberamts Besigheim, hrsg. vom königlichen statistisch-topographischen Bureau, Stuttgart 1853. - Das Königreich Württemberg. Eine Beschreibung nach Kreisen, Oberämtern und Gemeinden, Bd. 1, Stuttgart 1904. - Das Land Baden-Württemberg. Amtliche Beschreibung nach Kreisen und Gemeinden, hrsg. von der Landesarchivdirektion Baden-Württemberg, Bd. 4, Stuttgart 1980, S. 99-101. - Heim, Werner/Angerbauer, Wolfram: Lauffen am Neckar, in: Max Miller/Gerhard Taddey (Hgg.), Handbuch der Historischen Stätten Deutschlands, Bd. 6: Baden-Württemberg, 2. erw. Auflage, Stuttgart 1980, S.456f. - Maurer, Hans-Martin (Bearb.): Übersicht über die Bestände des Hauptstaatsarchivs Stuttgart. Sonderbestände (Veröffentlichungen der staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg; 35), Stuttgart 1980, S. 122-125. - Richter, Gregor: Lagerbücher- oder Urbarlehre. Hilfswissenschaftliche Grundzüge nach württembergischen Quellen (Veröffentlichungen der staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg; 36), Stuttgart 1979.

Reference number of holding
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, H 101/32
Extent
18 Bände, Bestellnummern: Band 1-18

Context
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart (Archivtektonik) >> Selekte >> Altwürttembergische Lagerbücher >> Hauptreihen des Kammer- und Kirchenguts >> Weltliche Lagerbücher der Oberämter (gesamt)

Date of creation of holding
1501-1790

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Rights
Last update
20.01.2023, 3:09 PM CET

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Object type

  • Bestand

Time of origin

  • 1501-1790

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