Abschrift der Metzgerordnung zu Tüwingen

Regest: 1) Nachdem das gemeine Handwerk der Metzger angehalten (= gebeten) hat, weil in etlichen Städten das gut gemästete Ochsenfleisch das Pfund um 5 Pfennig gegeben werde und deswegen sie neben denselben Metzgern mit dem Einkaufen nicht zukommen können, so solle man sie auch das Fleisch ein Pfund um 5 Pfennig geben und schätzen lassen, ist ihnen bewilligt, dass man ihnen das gut gemästete Ochsenfleisch, desgleichen, wenn sie Ungar-Ochsen bringen würden, das Pfund um 5 Pfennig schätzen lassen wolle. Wenn sie etwa sonst gar gut gemästet Fleisch, das dem guten gemästeten Ochsenfleisch an Güte gemäss sein mag, bringen, soll zu der geschworenen Schätzer Erkenntnis stehen, das auch so um 5 Pfennig oder näher (= wohlfeiler) nach Gelegenheit (= Beschaffenheit) des Fleisches zu schätzen. Doch sollen sie hierin ihre Treue und Eide bedenken. Wenn aber die Metzger Stechkälber und ander Fleisch, das dennoch gut wäre und die Metzger achten (= meinen) wollten, es sei auch um 5 Pfennig zu schätzen, so sollen es die geschworenen Schätzer auch bei ihren Eiden um 9 oder 8 Heller schätzen und nicht höher, nach Gestalt und Gelegenheit des Fleischs.
2) Das ander Fleisch alles sollen die geschworenen Schätzer bei ihren aufgelegten Eiden jederzeit schätzen, nachdem (= je nach dem) es gut oder bös (= schlecht) ist.
3) Wiewohl ihnen hievor bewilligt ist, das Kalbfleisch um 5 Pfennig zu schätzen, dergestalt dass sie die Kälber und ander Bratfleisch unter die Fleischlauben tragen und daselbst männiglichem (= jedermann), der des begehrt, zu freiem feilem Kauf aushauen sollen, so befindet sich doch augenscheinlich, dass die Metzger wider ihr Versprechen, das alles in den Wind schlagen und die Kälber und ander Bratfleisch nicht allein nicht unter die Fleischlauben tragen, sondern zum Teil in ihren Häusern aushauen und zum Teil in die Häuser schicken und also ihres Versprechens vergessen gar und zum Teil aus arglistigem Fürnehmen (= Absicht), als wollten sie der Obrigkeit nicht gehorsamen, sondern Trotz bieten und spotten. Das kann von ihnen nicht länger geduldet werden. Deswegen wird mit Ernst geboten, dass sie solches hinfüro abstellen. Denn man wird von jedem Kalb, Lamm und wie das Bratfleisch genannt werden mag, von jedem Stück, immer 10 ß Straf unnachlässlich nehmen und keinem daran etwas nachgelassen werden.
4) Meinung und Befehl von Vogt und Gericht ist, wenn man fürohin (= künftig) erfahre, dass einer Schenke (= Geschenk) oder Gaben nimmt oder schwangere Weiber und kranke Leut mit dem Fleischgeben nicht fördert, sondern wie bisher lang stehen lässt, der soll jedesmal 10 ß Straf verwirkt haben. Doch möchten die Metzger die Sachen so gefahrlich (= in böser Absicht, betrügerisch) überfahren (= übertreten), so würden sie mit dem Loch (= Gefängnis) oder anderer Straf nach Gebühr gestraft werden.
5) Es sollen die Metzger nicht 2 Rinder in ungleicher Schätzung miteinander auf dem Bank haben, sondern nur eins, auch ein jedes besonders und in seiner geordneten (= angeordneten, festgesetzten) Schätzung aushauen und geben dem, der das begehrt. Wenn einer das überfährt, ist die Straf 10 ß.
6) Die Metzger sollen ihre Rinder, die sie des Tages metzgen wollen, im Sommer bis Michaelis (= 29. September) immer um 6 Uhr und im Winter um 7 Uhr unter der Fleischlaube haben und nicht darüber hinaus verziehen, sondern zu selbiger Stund auf die geschworenen Schätzer und die Schätzung warten bei Straf von 10 ß, auch folgends (= nachher) bei gleicher Straf kein Metzger von dem Bank gehen, er habe denn zuvor allerdings (= vollständig) ausgehauen.
7) Desgleichen sollen die Metzger keinerlei Fleisch hinfüro viertelweis verkaufen, es wäre denn grosser Unwert in dem Fleisch, bei Straf von 10 Schilling.
8) Gleichergestalt sollen sie fürohin nicht mehr nachschlagen (= nachschlachten), sondern was sie für Vieh jedes Tags zu vermetzgen haben, morgens an die geschworene Schätzung bringen bei jedesmaliger Straf von 10 ß. Wenn aber je einer etwa ein Rind zu ungelegener Zeit erst bringen und es nachschlagen wollte, soll er die geschworenen Schätzer alle zuvor und nicht einen oder zwei allein darum ansprechen und ohne deren Bescheid und Erlaubnis nicht nachschlagen.
9) Was dann die Sulzen und Voressen betrifft, haben ihre Weiber über (= gegen) vielfältige getreue Warnung dieselben nicht nach gegebenem Bescheid mit dem Fleisch, wie es billig ist und hätte sein sollen, unter die Fleischlauben an den geordneten (= ordnungsmässigen, vorgeschriebenen) Ort gebracht, sondern ihres Gefallens (= nach ihrem Belieben) zu ungelegenen Zeiten unter die Lauben getragen und etliche auf selbige Zeit beschieden, die solche Voressen und Sulzen mit Haufen (= haufenweis) hinweggenommen. Dadurch ist dem armen Bürgersmann nichts davon geworden. Das kann nicht länger geduldet werden. Sie sollen - bei jedesmaliger unnachlässlicher Straf von 10 ß - fürohin die Sulzen und Voressen allwegen (= immer) wie das Fleisch zu bestimmter Zeit im Sommer um 6 Uhr und im Winter um 7 Uhr unter die Lauben tragen, auch nicht wie bisher ungesäubert feil haben.
10) Die Metzger sollen fürohin gar keine Blutwurst von den Rindern machen, auch nicht in die Schweinewürst tun zu keiner Zeit bei jedesmaliger unnachlässlicher Straf von 10 ß.
11) Sie sollen fürohin keine Schaf- oder Lammwürst höher als um 3 Pfennig geben, gleichergestalt (= ebenso) auch niemand dringen oder zwingen, die Würst von ihnen zu nehmen, sondern denselben nichtsdestoweniger Fleisch geben und nicht, wie bisher geschehen, auf ihrem Fürnehmen (= Absicht) beharren, bei jedesmaliger Straf von 10 ß, die bei den Überfahrern (= Übertretern) unnachlässlich einzuziehen ist.
12) Sonst sollen die andern in der Metzger-Ordnung begriffenen (= enthaltenen) Artikel in allweg (= stets) bei Vermeidung der gebührenden und angehängten Strafen allerdings (= ganz und gar) ohne Mangel gehalten und vollzogen werden.
Damit diesen Artikeln nicht wie bisher fahrlässig und ungehorsam nachgelebt werde, wird mit Ernst und Fleiss darauf Achtung gegeben und welcher strafwürdig erfunden wird, mit oben genannter Straf unnachlässlich belohnt. Möchte sich aber einer oder mehr so verächtlich und ungehorsam erzeigen und halten, so wird andere Straf, die ihm zu schwer sein möchte, auferlegt. Des (= darnach) sollen sie sich endlich zu richten wissen.
Auf den Palmabend (= Tag vor Palmsonntag), den 14. März 1573 sind den Metzgern die Fleischbänke abermals geliehen, die obige Ordnung und Punkte ihnen vorgehalten und besonders dieser (= folgender) Artikel verrer (= weiter) daran gehängt worden:
Ferndigs Jahrs (= im vorigen Jahr) ist den Metzgern mit allem Ernst auferlegt worden dass jeder von ihnen, der einen ganzen Bank bestanden (= gepachtet) hat, wöchentlich von Ostern bis auf Jacobi (= 25. Juli) zum wenigsten 1 Rind bei Straf von 5 Batzen und der, der 1/2 Bank gepachtet hat, in bestimmter (= in der angegebenen) Zeit wöchentlich 1/2 Rind metzgen und aushauen sollen bei Verwirkung von 10 Kreuzern. Nun haben etliche unter ihnen dies Gebot ungereumbdt (= ungereimt = unpassend, falsch) zu ihrem Vorteil so verstanden und vermeint, wenn sie die bestimmten Strafen wöchentlich bezahlen, dass sie dadurch des Metzgens frei sein sollten. Um dem zu begegnen, haben die Herren Vögte, Bürgermeister und Gericht diesen Artikel so erläutert, dass, wenn einer künftig 2 Wochen nach einander sein ganz oder halb Rind nicht metzget oder aushaut und die dritte Woche abermals ohne Fleisch sein würde, so sollen ihm, obgleich er die gesetzten Strafen erlegt, die bestandene Bank demnächst aufgekündigt und das Metzgen bis wieder auf den Palmtag verboten und abgestrickt (= abgeschnitten) sein.
Als auf den Palmabend, den 3. April 1574 Ober- und Untervogt, Bürgermeister und Gericht zu Tüwingen ihren Metzgern die Fleischbänke und Metzig verleihen wollten, haben die Metzger sich beschwert, dass ihnen unmöglich sei von wegen des allgemeinen Fleisch- und Viehmangels, die Metzig nach notdürftiger Gebühr zu versehen, noch könne jeder von ihnen wöchentlich ein Rind bekommen und auf seinem Bank aushauen. Darauf haben ihnen die Herren zugelassen, dass jeder von ihnen von Ostern bis Pfingsten und nicht länger von 14 Tagen zu 14 Tagen gewisslich ohne alles Fehl 1 Rind auf seinem Bestandbank aushauen solle, wie es bisher von 8 Tagen zu 8 Tagen gewesen. Wenn aber einer oder mehr solches nicht halten, so stellen die Herren gegen solche Überfahrer die bisher gesetzte Straf auf 1 Ort (= 1/4 fl) und behalten sich nach Gestalt der Sache und des Übertretens die höhere Strafe an Geld oder mit Gefängnis vor.
Das heimliche Metzgen und Fleischaushauen ohne Schätzung, auch Umherschicken in die Häuser,
ferner das Säubern der Sulzen und wie unlustig (= ekelhaft) es bisher damit zugegangen, das ist ihnen mehr als ernstlich abzustellen und künftig bei den Strafen, wie bei dem Fleisch oben vermerkt, zu verhalten auferlegt.
Auf diese Punkte und die alte Ordnung haben sie alle an den Gerichtsstab gelobt, denselben gehorsam nachzuleben.
Was der Metzger Begehren um Erhöhung der Tax bei Voressen, Sulz und Füssen betrifft, so wollen die Herren hiezwischen (= während) Pfingsten zusehen, wie sie sich mit Säuberung der Sulzen verhalten, inzwischen sich erkundigen, ob der Aufschlag in ihrer Vollmacht stehe oder nicht, alsdann ihnen weiteren gebührenden Bescheid geben.

Archivaliensignatur
Stadtarchiv Reutlingen, A 2 c (Zünfte) Nr. A 2 c (Zünfte) Nr. 7069
Umfang
10 S. Text
Formalbeschreibung
Beschreibstoff: Pap.
Sonstige Erschließungsangaben
Genetisches Stadium: Or.

Kontext
Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 8-11 u. 18) >> Bd. 18 Zünfte Metzger Nachträge
Bestand
A 2 c (Zünfte) Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 8-11 u. 18)

Laufzeit
1570 August 26

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Letzte Aktualisierung
22.02.2023, 09:17 MEZ

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Entstanden

  • 1570 August 26

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