Bestand
Marinestation der Ostsee der Reichsmarine und Kriegsmarine (Bestand)
Geschichte des
Bestandsbildners: Nach dem Übergang von der Kaiserlichen Marine
zur Reichsmarine mit den Beschränkungen des Versailler Vertrages
erhielten 1919 die Chefs der Marinestationen zunächst die
Stellung von Befehlshabern der Land- und Seestreitkräfte ihrer
Stationsbereiche. Nach den organisatorischen Bestimmungen von
1925 unterstanden den Stationskommandos unmittelbar nur die
Schiffsstammdivisionen, die Kommandanturen und Streitkräfte zur
Küstenverteidigung, die zugeteilten Schiffsverbände und das
Küstennachrichtenwesen im Bereich der jeweiligen Station. Die
Unterstellung unter die Station betraf truppendienstliche und
administrative Angelegenheiten. Dies betraf die Intendantur, die
Seelsorge, das Sanitätsamt mit den unterstellten Lazaretten, die
Marinenachrichten- und Marinefunkstellen, die Fachschulen, die
Marinedepots und -Versorgungseinrichtungen und alle sonstigen
Marineanlagen im Bereich der Station.
Der
Stationschef der Marinestation hatte Befehlsbefugnisse über alle
sich in seinem Bereich dauernd oder vorübergehend aufhaltenden
Marinebehörden und Marineteile einschließlich zugeteilter
Schiffe, die keinem anderen Befehlsverband angehörten und
leitete die Mobilmachungsvorbereitungen und die Durchführung der
Mobilisierung für seinen Stationsbereich.
Der Chef der Marinestation der Ostsee erhielt im Juni 1935
die Bezeichnung Kommandierender Admiral der Marinestation der
Ostsee. Am 1.2.1943 wurde das Stationskommando in
Marineoberkommando umbenannt und damit der Kommandierende
Admiral Oberbefehlshaber.
Im Laufe des
Krieges erweiterte sich der ursprüngliche Befehlsbereich, die
deutsche Ostseeküste. Mit dem Polenfeldzug traten auch
Gotenhafen und das Gebiet des Korridors um Danzig zum
Befehlsbereich, Mit dem Unternehmen "Weserübung" dann auch noch
die dänische Ost- und Nordküste einschl. der dänischen Inseln
und Bornholms. Mit dem Russlandfeldzug kamen weiterhin das
Baltikum und Nordrussland, soweit von deutschen Truppen besetzt,
hinzu.
Ab Februar 1943 mit der
Umgliederung zum M.O.K. Ostsee traten verschiedene
Organisationsänderungen in Kraft: Zunächst wurde die
Marineoberbaudirektion als Teil des M.O.K. Ost aufgestellt; sie
umfasste die bisher zur Kriegsmarinewerft Kiel gehörenden
Ressorts V (Hochbau) und VII (Strombau) und die bisher zur
Marine-Intendantur Kiel gehörende Gruppe 4 (Hochbau). Der
Oberbaudirektion waren die Marineoberbauämter Kiel und
Gotenhafen mit den Marinebauämtern in Kopenhagen,
Flensburg-Mürwik, Eckernförde, Plön, Stralsund, Swinemünde,
Pillau, Memel, Libau und Reval unterstellt. Das Bauamt
Kopenhagen wurde im Laufe des Krieges dem Kommandierenden
Admiral Skagerrak zugeteilt. Mit der Übernahme des
Marinebauwesens durch die Organisation Todt ab Oktober 1944
wickelte die Marineoberbaudirektion nur noch die Geschäfte ab.
Die Admiralstabsabteilung wurde durch die Umgliederung in
Führungsstab und Oberquartiermeisterstab geteilt und die
Marine-Intendantur Kiel wurde am 1.7.1943 als
Oberverwaltungsstab Teil des M.O.K. Ost.
Der dienstälteste Richter beim Marinestationskommando in
Kiel führte seit 1935 die Dienstbezeichnung und den Dienstgrad
Marineoberstkriegsgerichtsrat. 1940 wurde die Dienstbezeichnung
in Marinechefrichter geändert. Ab 1942 entsprach die
Dienststellung Marinechefrichter dem Rang eines Konteradmirals
mit dem Dienstgrad Marinechefrichter. Mit der Bildung des
Truppensonderdienstes ab dem 1.5.1944 erhielt der Dienstgrad
Marinechefrichter die Bezeichnung Admiralrichter; die
Dienststellung Chefrichter blieb weiterhin bestehen.
Die verschiedenen Justiz-Referenten wurden
schließlich 1943 zur Rechtsabteilung zusammengefasst, und der
Marinechefrichter Ostsee wurde zum Chef der
Rechtsabteilung.
Aufgaben der
Marinestationen:
- Verantwortliche
Leitung und Überwachung aller auf die Mobilmachung der
Streitkräfte und Streitmittel ihres Bereiches abzielenden
Aufgaben.
- Leitung des aktiven und des
passiven Küstenschutzes ihres Bereiches.
- Leitung der Ausbildung und des Dienstbetriebes der
unterstellten Marineteile und Behörden an Bord und an
Land.
- Regelung des Mannschaftsersatzes
und Leitung der Personalwirtschaft und -verwendung der
Marineteile des Stationsbereiches nach Maßgabe der vom Ob.d.M.
festgesetzten Personalstärken und Grundsätze.
- Leitung des militärischen Nachrichtendienstes,
Ausgestaltung und Erhaltung des Nachrichtennetzes nach Planungen
des O.K.M..
- Verwaltung und Verwendung
des zugeteilten Haushaltsfonds.
-
Bereitstellung und Belegung von Kasernen und Unterkünften in
Zusammenarbeit mit der Marineintendantur des
Stationsbereichs.
- Regelung des
Hafenpolizeidienstes im jeweiligen Reichskriegshafen.
- Überwachung der Abwicklung außer Dienst
gestellter Schiffe und Schiffsverbände der Marine.
- Regelung und Leitung des Verkehrs zwischen
den militärischen Dienststellen und den Organen der Regierung,
Zivilverwaltung, kommunalen Behörden, der NSDAP und deren
Gliederungen; Vertretung der militärischen Belange.
- Pflege der Beziehungen zur örtlichen
Schiffahrt und Fischerei über die
Kriegsmarinedienststellen.
Im Kriege
traten als wichtigste Aufgaben hinzu:
-
Leitung des engeren Küstenschutzes und der Küstenverteidigung
innerhalb des Befehlsbereiches.
- Leitung
des militärischen Überwachungs- und Nachrichtendienstes
innerhalb des Stationsbereiches, in den Strom- und Flussläufen
und Küstengewässern.
- Leitung und
Überwachung der Bereitstellung der zur Verteidigung
erforderlichen Kampfmittel und Streitkräfte.
Der Kommandierende Admiral leitete die Bearbeitung der
Personalangelegenheiten aller zur Station gehörigen Offiziere
und war verantwortlich für deren zweckmäßige Verwendung und
Bildung. Ihm waren besondere Disziplinar-, Straf- und
Urlaubsbefugnisse übertragen. Er war Gerichtsherr II. Instanz.
Er hatte das Besichtigungsrecht auch bei den nur
administrativ/truppendienstlich unterstellten Behörden und deren
Schiffen. Er besaß besondere territoriale Befehlsbefugnisse bei
öffentlichen Notständen oder bei Seenotfällen und gegenüber
Kommandanten und Seebefehlshabern und er konnte unterstellte
Marineteile, Schiffe und Marinebehörden zu gemeinsamen Festungs-
und Küstenübungen befehlen.
Bearbeitungshinweis: Der
Bestand RM 131 ist aus der Teilung des Bestandes RM 31
hervorgegangen.
Bestandsbeschreibung: Im
Bestand RM 131 sind die Archivalien der Marinestation der Ostsee
als Territorialkommando und Basisbehörde der deutschen Marine
für Personalersatz, Personalsteuerung, Grundausbildung,
materielle Versorgung der Flotte, Küstenverteidigung und
Überwachung der Küstengewässer aufgeführt.
Die Marinestationen der Ost- und Nordsee sind die einzigen
Dienststellen der Marine, die den Umbruch 1918/19 ohne
Umbenennung überstanden haben. Der Bestand beginnt mit der
Schaffung der "vorläufigen Reichsmarine" im April 1919; die
Reichsmarine und spätere Kriegsmarine entstand erst durch das
Wehrgesetz vom März 1921.
Da aber einige
Akten der Marinestation aus der Zeit der kaiserlichen Marine und
der "vorläufigen Reichsmarine" fortgeführt wurden, beginnen
einige Archivalien in diesem Bestand schon vor 1919 und
teilweise sogar im oder vor dem Ersten Weltkrieg.
Zum Befehlsbereich der Ostseestation gehörte
die Ostsee. Grenzlinie zwischen den beiden Stationsbereichen war
die Linie Skagen - Göteborg bzw. die Kilometertafel 9 am
Kaiser-Wilhelm-Kanal.
Die der
Marinestation der Ostsee direkt nachgeordneten bzw. zum
Befehlsbereich gehörenden Dienststellen sind in andere Bestände
eingegangen.
Die verschiedenen
Inspektionen sind im Bestand RM 27, die Akademien und Schulen
der Marine im Bestand RM 29, die Sanitätsämter und
Marinelazarette im Bestand RM 30, die Dienststellen zur
Küstenverteidigung im Bestand RM 45 I, die Marinewerften und
-arsenale im Bestand RM 104; die Kriegsmarinedienststellen im
Bestand RM 108, die Schiffsstammdivisionen, die
Marineartillerie- und Marineflak-Abteilungen und sonstigen
Landdienststellen im Bestand RM 122 zu finden.
Die Sicherung der Küstenvorfelds im Bereich der Ostsee
oblag dem Befehlshaber der Sicherung der Ostsee (B.S.O.)
(Bestand RM 61 I) und seinen Sicherungsdivisionen (RM 67).
Die Archivalien der Marinestation der Ostsee
sind für die Zwischenkriegszeit recht ausführlich überliefert.
Es sind relativ komplette Aktenserien vorhanden. Nur die
Tagesbefehle sind lückenhaft.
Für die
Kriegszeit sind das Kriegstagebuch und die Tagesbefehle fast
komplett überliefert, während Aktenserien sind nur spärlich
vorhanden sind.
Besonders ausführlich -
sowohl für die Vorkriegs- wie für die Kriegszeit - sind die
Akten der Marineintendantur Kiel bzw. des Oberverwaltungsstabes
überliefert. Sie enthalten vor allem Grundstücks- und
Havarieangelegenheiten. Die Akten des Marinechefrichters Ostsee
sind nur Generalakten, die keine Einzelfälle enthalten.
Der Bestand ist aus der Teilung des Bestandes
RM 31 hervorgegangen.
Inhaltliche
Charakterisierung: Für die Zwischenkriegszeit sind relativ
komplette Aktenserien vorhanden, nur die Tagebefehle sind
lückenhaft. Außerdem sind neben Akten über den inneren
Dienstbetrieb sowie Verwaltungs- und
Liegenschaftsangelegenheiten Unterlagen zur Demobilmachung ab
1919 und zum Kapp- Putsch 1920 vorhanden. Für den Zweiten
Weltkrieg sind das Kriegstagebuch und die Tagesbefehle fast
komplett überliefert. Besonders ausführlich- sowohl für die
Vorkriegs- wie für die Kriegszeit- sind die Akten der
Marineintendantur Kiel bzw. des Oberverwaltungsstabes
überliefert. Ergänzt wird der Bestand durch
Kriegsspielunterlagen und durch Schriftgut zur Dienststellen-,
insbesondere Personalverwaltung des Admiralrichters beim MOK Ost
und seiner Funktionsvorgänger, beides ab 1934. Die ebenfalls
erhaltenen Akten des Marinechefrichters Ostsee sind nur
Generalakten, die keine Einzelfälle enthalten.
Zitierweise: BArch RM
131/...
- Reference number of holding
-
Bundesarchiv, BArch RM 131
- Extent
-
1570 Aufbewahrungseinheiten
- Language of the material
-
deutsch
- Context
-
Bundesarchiv (Archivtektonik) >> Norddeutscher Bund und Deutsches Reich (1867/1871-1945) >> Militär >> Reichswehr und Wehrmacht 1919 bis 1945/1946 >> Reichsmarine und Kriegsmarine >> Befehlshaber
- Related materials
-
Verwandtes Archivgut im Bundesarchiv: RM 31 Marinestation der Ostsee der Preußischen Marine und Kaiserlichen Marine
Amtliche Druckschriften: RMD 21 Marineoberkommandos/ Marinestationskommandos
Literatur: Dülffer, Jost: Weimar, Hitler und die Marine. Reichspolitik und Flottenbau 1920 - 1939, Düsseldorf 1973
Güth, Rolf: Die Marine des deutschen Reiches 1919 - 1939, Frankfurt 1972
Hubatsch, Walther: Der Admiralstab und die obersten Marinebehörden in Deutschland 1848 - 1945, Frankfurt 1958
Lohmann, Walter / Hans H. Hildebrand: Die deutsche Kriegsmarine 1939 - 1945. Gliederung - Einsatz - Stellenbesetzung, Bad Nauheim 1956 - 1964
Meister, Jürg: Der Seekrieg in den osteuropäischen Gewässern 1941 - 1945, München 1958
Gersdorff, Ursula von: Operationsgebiet östliche Ostsee und der finnisch - baltische Raum 1944, Stuttgart 1961
Rahn, Werner: Reichsmarine und Landesverteidigung 1919 - 1928. Konzeption und Führung der Marine in der Weimarer Republik, München 1976
Salewski, Michael: Die Verteidigung der Ostsee 1918 bis 1939. Politische und strategische Konzeption; in: MR 69 (1972), 385-401
- Provenance
-
Marinestation der Ostsee der Reichsmarine und Kriegsmarine, 1919-1945
- Date of creation of holding
-
1906 - 1956
- Other object pages
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Last update
-
16.01.2024, 8:43 AM CET
Data provider
Bundesarchiv. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Bestand
Associated
- Marinestation der Ostsee der Reichsmarine und Kriegsmarine, 1919-1945
Time of origin
- 1906 - 1956