Bestand

Historischer Verein für Heimatkunde Frankfurt (O) (Bestand)

Verwaltungsgeschichte/biografische Angaben: Bestandsnummer: StAFF 1-502

Bestandsbezeichnung: Historischer Verein für Heimatkunde Frankfurt (O)

Bestandslaufzeit: 1860-1939

Bestandsumfang: Schriftgut 0,4 lfd. Meter = 28 VZE

Zitierweise: Bestandsnummer zzgl. Archivaliensignatur, bspw.: StAFF 1-502 BA I Tit. 29 Nr. 1

Bestandsbeschreibung:
Der Historisch-Statistische Verein gründete sich am 04.12.1860 mit dem Ziel, die Geschichte der Stadt und des Regierungsbezirkes Frankfurt (Oder) zu erforschen, eine archivische, museologische und bibliothekarische Sammlung anzulegen und den Denkmalschutz in der Region zu befördern. Nachdem die Gründung im Patriotischen Wochenblatt bekannt gemacht worden war, stieg die Mitgliederzahl schon im ersten Jahr auf 91, ein Jahr darauf waren es bereits 145 Mitglieder. Der erste Vorstand bestand aus Regierungsrat Zitelmann, Geheimer Appellationsgerichtsrat Langerhans, Oberlehrer Schwarze und Hofapotheker Ludwig. Schatzmeister war Stadtrat Hermann und Bibliothekar Oberlehrer Dr. Reinhardt. Die Aufnahme neuer Mitglieder erfolgte durch den Vorstand. Jährlich fanden bis zu 7 Sitzungen in wechselnden Räumlichkeiten statt, darunter im Stadtarchiv oder im Junkerhaus. Ab dem Jahr 1905 erhielt der Verein feste Räumlichkeiten in dem zum Museum umgestalteten Lienauhaus in der Oderstraße 15. Das Vereinsjahr endete mit einer Hauptversammlung und der Vorstellung und Abnahme des Jahresberichts. Nach 1880 erfolgte die Umbenennung in Historischer Verein für Heimatkunde. Während der NS-Zeit war der Verein durch den Landeskulturwart gleichgeschaltet. Die Tätigkeit des Vereins endete nach der Evakuierung und Zerstörung der Stadt im Jahr 1945.

Dem Verein gehörten bedeutende Persönlichkeiten an, darunter der spätere Präsident des Reichsgerichts Eduard von Simson, der spätere preußische Landwirtschaftsminister Werner von Selchow, Oberregierungsrat Eduard Philippi oder der spätere Geheime Archivrat im Preußischen Geheimen Staatsarchiv Dr. Louis Gollmert. Das Amt des Vorstandsvorsitzenden wurde längere Zeit von Professor Rudolf Schwarze bekleidet, zwischen 1899 und 1903 oblag Stadtarchivar Prof. Dr. Adolf Gurnik der Vorsitz. Nach dessen Tod übernahm Verwaltungsgerichtsdirektor Dr. Max Pollack das Amt. Letzter Vorsitzender war im Jahr 1939 der Oberschullehrer Karl Seilkopf.

Der Verein korrespondierte mit namhaften Historikern, pflegte Beziehungen zum Preußischen Geheimen Staatsarchiv in Berlin und zu anderen in- und ausländischen Geschichtsvereinen, förderte die Errichtung des Kleist-Denkmals, des Prinz-Leopold-Denkmals und einer Gedenkstätte zur Schlacht bei Kunersdorf während des Siebenjähriges Krieges, zu dessen Enthüllung am 22.08.1909 Kaiser Wilhelm II. eingeladen worden war. Beim Kaiser bemühte man sich darüber hinaus auch um die Erhaltung der Garnisonschule aus dem 18. Jahrhundert. Auch für die Anbringung von Gedenktafeln an historisch bedeutenden Gebäuden Frankfurts setzte sich der Verein ein, darunter an Wohnorten oder Wirkstätten von Heinrich von Kleist, Wilhelm von Gaudy, Leopold von Ranke oder auch Wilhelm und Alexander von Humboldt. Anlässlich des 50jährigen Bestehens des Vereins im Jahr 1910, erhielt er vom Touristenclub der Mark Brandenburg, der heutigen Landesgeschichtlichen Vereinigung für die Mark Brandenburg e. V., eine Ehrenplakette verliehen.

In den zwischen 1861 und 1939 erschienenen 36 Mitteilungsheften sind stadt- und regionalhistorische Vorträge und Abhandlungen publiziert worden, die in Teilen als Standardwerke zu betrachten sind. Hierzu zählen die Abhandlung des Mediziners Dr. Loewenstein "Zur Geschichte der Epidemien in Frankfurt an der Oder" aus dem Jahr 1863, die Darstellung von Eduard Philippi "Geschichte der Stadt Frankfurt an der Oder" aus dem Jahr 1865 oder die Dissertation von Dr. Hans Joachim Jahn "Das Zeitungswesen in Frankfurt (Oder) bis 1850" aus dem Jahr 1933 sowie zahlreiche Untersuchungen zur Universitätsgeschichte, die einen Forschungsschwerpunkt des Historischen Vereins darstellte. Die Mitteilungshefte enthalten auch Namensverzeichnisse der Mitglieder, die jeweils gültige Satzung und die Tätigkeitsberichte. Sie sind in der Archivbibliothek vollständig überliefert.

Einen Überblick über die Vereinsgeschichte bietet der Beitrag "Der Historische Verein für Heimatkunde" von Hermann Bieder, in: "Bilder aus der Geschichte der Stadt Frankfurt an der Oder", Bd. 2, Frankfurt an der Oder, 1908, S. 218-223. Die Studierende Kristina Geisler hatte im Jahr 1993 ihre Diplomarbeit über das Profil und die Tätigkeit des Vereins von der Gründung bis zum Ende der preußischen Monarchie verfasst. Im Jahr 1990 wurde der Historische Verein Frankfurt (Oder) neu begründet und die Mitteilungshefte erscheinen seitdem halbjährlich im Selbstverlag, darin enthalten sind Untersuchungen zum Wirken der damaligen Vereinsmitglieder.

Das Stadtarchiv übernahm große Teile der Sammlungen des Vereins, darunter Nachlässe, Porträts, Stammbücher, Druck- und Handschriften von Universitätsprofessoren. Die museologische Sammlung gilt als verschollen. Wann die Unterlagen des Vereins an das Stadtarchiv abgegeben wurden ist unklar, da im Zweiten Weltkrieg die Bestandsakten mit der Übernahmedokumentation vernichtet wurden. Stadtarchivarin Elfriede Schirrmacher verzeichnete den Bestand im Jahr 1966 Jahren auf Karteikarten. In den 1990er Jahren sind die Karteikarten durch ABM-Kräfte in die Datenbank übertragen worden. Dabei sind Eingabefehler gemacht worden. Im Jahr 2021 sind Titel und Enthältvermerke von Dr. Denny Becker überarbeitet bzw. neu erstellt worden.

Frankfurt (Oder), im August 2021



Dr. Denny Becker
(Wissenschaftlicher Archivar)

Reference number of holding
StAFF 1-502

Context
Stadtarchiv Frankfurt (Oder) (Archivtektonik) >> Organisationen, Vereine und Verbände >> Soziokulturelle Organisationen

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01.04.2025, 1:49 PM CEST

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