Bestand
Generalkommando des Marinekorps der Kaiserlichen Marine (Marinekorps Flandern) (Bestand)
Geschichte des
Bestandsbildners: Das Marinekorps Flandern ging aus der Mobilen
Marine-Division hervor, die am 29.8.1914 durch Allerhöchste
Kabinettsordre gegründet wurde. Die Formation, die der
Heeresleitung unterstand, sollte Teile des mobilen Feldheeres
ablösen, die Belgien besetzt hielten. Das Divisionskommando
übernahm Admiral Ludwig von Schröder (1854-1933). Die Formation
setzte sich zunächst zusammen aus:
· der
Matrosenbrigade mit drei Abteilungen,
· der
Matrosenartilleriebrigade mit der XV., XVI. und XVII.
Matrosenartillerieabteilung,
· der
Marineinfanteriebrigade, die aus dem 1. Marineinfanterieregiment
mit dem I., V. und VIII. Seebataillon und dem 2.
Marineinfanterieregiment mit dem II., IV., VI. und VII.
Seebataillon bestand.
Ergänzt wurden diese
Einheiten durch eine Flottenstammdivision, die sich aus zwei
Kompanien zusammensetzte. Die Flottenstammdivision wurde allerdings
bereits im September 1914 wieder aufgelöst. Der Mobilen
Marine-Division gehörten außerdem die Marinefeldlazarette I bis IV
und einige Armee-Einheiten an.
Die ersten
Einheiten der Marine-Division trafen Anfang September 1914 in
Belgien ein, bis Mitte des Monats war die Division vollständig
ausgerückt. Der Stab trat unter Admiral von Schröder in Brüssel
zusammen. Am 7. September wurde die Division dem Armeeoberkommando
VII zugeteilt und beteiligte sich an den Kämpfen um Antwerpen. Nach
der Einnahme Antwerpens hielt die Marine-Division die Stadt bis zum
21.10.1914 besetzt; Admiral von Schröder nahm in dieser Zeit auch
die Funktion des Gouverneurs von Antwerpen wahr. Anschließend wurde
die Marine-Division an die flandrische Küste verlegt und dem
Armeeoberkommando IV unterstellt.
Die
flandrische Küste hatte für Deutschland einen hohen strategischen
Wert und sollte unbedingt gehalten werden:
„Hiermit war eine Basis am Kanal für die
Offensivunternehmungen zur See gegen die nahe englische Küste
gewonnen; es war aber klar, daß England versuchen würde, sie uns
mit allen Mitteln wieder zu entreißen. Es wurde deshalb notwendig,
sofort eine starke Verteidigung nach See und Land einzurichten. Es
galt ferner das Gebiet als wirkliche Basis mit den erforderlichen
Mitteln baldigst einzurichten. Dazu war eine starke
Personalvermehrung nötig."
Mitte Oktober
1914 wurde beschlossen, zusätzlich 20.000 Mann aus den deutschen
Marinefestungen nach Flandern zu verlegen. Durch Allerhöchste
Kabinettsordre vom 8.11.1914 wurde die Mobile Marine-Division zum
Marinekorps Flandern erweitert. Ludwig von Schröder avancierte zum
kommandierenden Admiral des Marinekorps, der unmittelbar dem Kaiser
unterstellt war. Das Stabsquartier des Generalkommandos hatte
seinen Sitz in Brügge, wo es bis zum Beginn des Rückzugs am
16.10.1918 verblieb.
Dem Marinekorps
unterstanden anfangs zwei Marinedivisionen. Die I. Marinedivision
setzte sich zusammen aus:
· der 1.
Marinebrigade mit dem 1. Matrosenregiment und dem 1.
Matrosenartillerieregiment sowie
· der 2.
Marinebrigade mit dem 2. Matrosenregiment und dem 2.
Matrosenartillerieregiment.
Vorübergehend
waren der I. Marinedivision auch unterstellt:
· die 1. und 2. Landwehr-Feldartillerieabteilung des X.
Armeekorps,
· das
Marine-Feldartillerieregiment,
· das 1.
Küstenbataillon,
· das 1.
Marinepionierbataillon,
· die
Marine-Fernsprechabteilung und
· das
Landsturm-Infanteriebataillon „Marburg".
Die
II. Marinedivision bestand anfangs aus:
·
der 3. Marinebrigade mit dem 3. Marineinfanterieregiment und dem 3.
Matrosenregiment,
· der 4. Marinebrigade mit
dem 4. und 5. Matrosenregiment sowie der
·
Marineinfanteriebrigade mit dem 1. und 2.
Marineinfanterieregiment.
Zeitweise waren
der II. Marinedivision auch unterstellt:
·
das Küstenbataillon,
· die Kampfgruppe
Schweres Flachfeuer,
· das
Landwehr-Feldartillerieregiment 258,
· das
2. Marinepionierbataillon und
· die
Divisionsfernsprechabteilung 292.
Neben den
beiden Divisionen gehörten dem Marinekorps verschiedene
Nebenformationen ein, mit denen es eine Kopfstärke von 60.000 bis
70.000 Mann erreichte.
Dem Marinekorps kamen
zusammengefasst folgende Aufgaben zu:
„Das
‚Marinekorps' hält die mit einer Reihe von Batterien armierte
belgische Küste besetzt, beteiligt sich am Kampfe der Landfront
inmitten der Truppen des Heeres, stellt den Grenzschutz gegen
Holland, Bewachungs- und Ordnungsmannschaften in dem ganzen dem
Marinekorps zugewiesenen Gebiet sowie notwendiges seemännisches
Personal für andere Orte in Belgien; schließlich arbeitet es an dem
Ausbau der in seinem Gebiet vorhandenen für die offensive
Seekriegführung wichtigen Anlagen."
Die
beiden Divisionen des Marinekorps teilten sich die Aufgaben. Die I.
Marinedivision hatte die belgische Küste bis hin zur
niederländischen Grenze zu sichern. In ihrem Bereich lagen die
Hafenkommandantur Antwerpen sowie die Kommandanturen in Ostende,
Zeebrügge, De Haan, Blankenberghe, Knocke, Heyst, Westkapelle,
Stalhille, Wenduine und zeitweise Raversyde. Der II. Marinedivision
fiel die Aufgabe zu, den rechten Flügel des Landheeres von
Schoorbake bis zur Küste zu decken. Ihr unterstanden die
Kommandanturen Gistelles, Leffingen, Middelkerke, Slype, Oudenburg,
Zaadvoorde, Zevekote, St. Pietres-Kapelle und Snaakskerke.
Im Juni 1917 wurden die Landstreitkräfte des
Marinekorps umformiert und um eine dritte Division ergänzt. Die
III. Marinedivision setzte sich zusammen aus:
· der bisher zur II. Marinedivision gehörenden
Marineinfanteriebrigade mit den Marineinfanterieregimentern 1, 2
und 3 zu je drei Bataillonen,
· dem
Feldartillerieregiment 9,
· dem
Pionierbataillon 115,
· der
Divisionsfernsprechabteilung sowie
· den
Kommandanturen Oudenburg, Zandvoorde, Middelkerke, Raversyde und
Steene.
Die Verwendung der III.
Marinedivision blieb der Obersten Heeresleitung vorbehalten. Die
Aufstellung der III. Marinedivision ging mit folgenden
Umgliederungen in der II. Marinedivision einher:
· die 3. Marinebrigade gab das 3. Marineinfanterieregiment an
die Marineinfanteriebrigade ab;
· die 3.
Marinebrigade wurde durch das 4. und 5. Matrosenregiment der 4.
Marine-Brigade ergänzt;
· die 4.
Marineinfanteriebrigade wurde aufgelöst;
·
die Marineinfanteriebrigade, bestehend aus dem 1., 2. und 3.
Marineinfanterieregiment schied aus der II. Division aus und trat
zur III. Division.
Charakteristisch für das
Marinekorps war die Bündelung verschiedener Truppengattungen, die
von Infanterie und Artillerie über Seestreitkräfte - einschließlich
U-Boote - bis hin zu einer eigenen Marinefliegerabteilung reichten.
Die Seestreitkräfte des Marinekorps bestanden Ende 1917 aus:
· drei Torpedobootflottillen,
· einer Motorbootdivision, die dem Führer der
Torpedobootflottille unterstand,
· zwei
U-Boot-Flottillen sowie
· dem Kommando des
Minen- und Sperrwesens, dem eine Minensuch-Halbflottille, eine
Motorbootabwehrtruppe, eine Bootsabteilung und eine
Wassertransportabteilung unterstanden.
Dem
Kommando des Minen- und Sperrwesens unterstanden außerdem eine
Minenwerkstatt und eine Minenkompanie in Brügge, eine Hafenkompanie
in Ostende sowie die Hafenkapitäne in Brügge, Zeebrügge und
Ostende.
Die Luftstreitkräfte setzten sich
unter dem Kommando des Luftfahrwesens aus den Seefliegern, den
Küstenfliegern, den Artilleriefliegern und der
Fesselballonabteilung zusammen. Zur Luftabwehr unterhielt das
Marinekorps ein Flak-Regiment.
Während der
Stationierung in Flandern errichtete das Marinekorps 25
Küstenbatterien schweren und mittleren Kalibers, die die
Matrosenartillerieregimenter 1 und 2 der I. Marinedivision
besetzten. Vervollständigt wurde der Küstenschutz durch
Strandbestreichungsbatterien und Leuchtkanonen. In Brügge,
Antwerpen, Ostende und Gent baute das Marinekorps bestehende
Werkstätten zu Kriegswerften aus und unterstellte sie einem
Oberwerftdirektor in Brügge. In Brügge errichtete das
Generalkommando auch ein zentrales Artillerie- und Munitionsdepot
und siedelte dort das Kommando für Torpedo- und Minenwesen an.
Ostende und Zeebrügge entwickelten sich zu Stützpunkten für
Torpedo- und U-Boote.
Einheiten des
Marinekorps nahmen an den Kämpfen an der Westfront teil. Sie wurden
in der Schlacht an der Somme, in den Schlachten bei Arras sowie in
den Endkämpfen an den Siegfried-, Hermann- und Hindenburgstellungen
eingesetzt. Zur See unternahm das Marinekorps - neben der Aufgabe
der Küstenverteidigung - Operationen gegen englische Streitkräfte,
legte eigene und räumte feindliche Minen- und Netzsperren und
führte Handelskrieg.
Auf Befehl der Obersten
Heeresleitung leitete das Marinekorps am 15.10.1918 den Rückzug aus
Flandern ein. Die Formation wurde am 31.1.1919 aufgelöst und bis
zum 4.3.1919 abgewickelt. Das letzte Hauptquartier vor der
Demobilisierung bezog das Korps im westfälischen Ahaus. Die III.
Division, die bei den Truppen an der Somme stand, führte den
Rückmarsch selbstständig durch und löste sich in Kiel bzw.
Wilhelmshaven auf.
Bearbeitungshinweis: Zum
Generalkommando des Marinekorps der Kaiserlichen Marine sind nur
wenige Organisationsunterlagen vorhanden. Die Akte RM 120/261
enthält die Geschäftsordnung des Generalkommandos des Marinekorps
vom Juli 1918. Zwar gliedert sie die einzelnen Abteilungen des
Generalkommandos auf, doch gibt sie keinen, für die Anlage der
Klassifikation ausreichenden Aufschluss über die Prinzipien, nach
denen die Aktenablage funktionierte. Aus den Akten selbst ließ sich
die Zuordnung zu einer aktenführenden Organisationseinheit - etwa
einer der in der Geschäftsordnung genannten Abteilungen - meist
nicht eindeutig rekonstruieren. Je Akte finden sich häufig
„z.d.A."-Verfügungen verschiedener Abteilungen. Teilweise finden
sich auf den Aktendeckeln alte Aktenzeichen, die darauf hindeuten,
dass Akten zu verschiedenen Sachbezügen angelegt wurden. Das
Prinzip der „Sachaktenzeichen" wurde jedoch nicht konsequent
durchgeführt. Ein Großteil der Akten weist kein ursprüngliches
Aktenzeichen auf, weshalb auch diese Aktenzeichen nicht als
Anhaltspunkte für die archivische Klassifikation dienen können.
Letztlich ist beim derzeitigen Bearbeitungsstand unklar, wie das
Generalkommando des Marinekorps seine Akten ablegte. Deshalb
erfolgte eine Klassifikation nach Sachbezug mit elf
Klassifikationspunkten, wobei sich ein Klassifikationspunkt
„Sonstiges" für einen unteilbaren Rest nicht vermeiden ließ. Auf
eine weitere Untergliederung der Klassifikation wurde verzichtet.
Unterhalb der Klassifikationspunkte erfolgte die Anordnung der
einzelnen Akten und Bandfolgen in der Regel in der Reihung vom
Allgemeinen zum Besonderen. Die Bandfolgen und Bandfolgenummern
wurden teilweise archivisch gebildet. Deshalb weichen die
vergebenen Bandfolgenummern mitunter von den Angaben auf den
Aktendeckeln ab. Es wurden keine Serien gebildet.
Zum Bestand lag bereits ein retrokonvertiertes
Abgabeverzeichnis vor. Allerdings vermerkte dieses lediglich die
Aktentitel, die (differenzierte) Laufzeit sowie - als Altsignaturen
- die nach dem Zweiten Weltkrieg von der Admiralität in London
vergebenen PG- und F-Nummern. Eine weitergehende Erschließung und
Klassifizierung des Bestandes war bisher nicht erfolgt.
Im Archivnummernbereich RM 120/1 bis RM 120/335
wurden 337 Akten mit einem Umfang von rund 20 lfm nach den
Richtlinien für die Erschließung von Schriftgut in der Neufassung
vom November 2011 erschlossen. Die Aktentitel wurden geprüft und
überarbeitet; Titel ohne inhaltlichen Bezug wie „Ganz geheim"
wurden grundsätzlich verworfen. Insbesondere die Akten, für die
sich der unspezifische Titel „Verschiedenes" aufgrund ihres
heterogenen Inhalts nicht vermeiden ließ, wurden mit ausführlichen
Enthält-Vermerken versehen. Insgesamt verfolgte die Bearbeitung
eine tiefe Erschließung, weil die meisten Akten sehr umfangreich
waren und häufig zahlreiche Unterlagen enthielten, die aufgrund des
Titels nicht ohne Weiteres zu erwarten waren. Redundanzen zwischen
Klassifikations- und Aktenebene wurden nach Möglichkeit vermieden,
doch wurde im Zweifelsfall der Übersichtlichkeit für den Benutzer
und dem Grundsatz, den einzelnen Datensatz selbsterklärend zu
gestalten, der Vorzug gegeben.
Die Laufzeit
der Akten wurde überprüft und in zahlreichen Fällen korrigiert.
Soweit vorhanden, wurden Aktenzeichen in BASYS 2 (S) aufgenommen.
In dem gleichen Feld wurden auch die „MK XV"-Nummern vermerkt, die
sich auf den meisten Akten befinden, obwohl es sich bei diesen
allem Anschein nach um Altsignaturen handelt. Hier folgte die
Bearbeitung den benachbarten Beständen RM 110 und RM 112, die die
MK-Nummern als Aktenzeichen behandeln. Als aktenführende
Organisationseinheit wurde grundsätzlich „Marinekorps" eingetragen.
Diese Angabe wurde ergänzt durch die Kürzel der einzelnen
Abteilungen, deren z.d.A.-Verfügungen die jeweilige Akte
dominierten. Die Kürzel lassen sich nach der Geschäftsordnung des
Marinekorps auflösen. Eine eindeutige Zuordnung der Akten zu den
verschiedenen Abteilungen war in der Regel allerdings dennoch nicht
möglich.
Der Bestand als Ganzes wurde als
archivwürdig bewertet. Deshalb wurden lediglich Dubletten von
Kriegstagebüchern in einem Umfang von ca. 0,10 lfm kassiert.
Die überwiegende Mehrheit der Akten liegt
fadengeheftet vor. Deshalb wurde darauf verzichtet, Akten auf
mehrere Aufbewahrungseinheiten aufzuteilen, auch wenn das aufgrund
ihres Umfangs in vielen Fällen anzuraten wäre. Akten, die in
Schnellheftern vorlagen, wurden diesen entnommen und unter Beigabe
des Aktendeckels in eine Archivmappe gelegt.
Die Akten des Archivnummernbereiches 404 bis 514 wurden zum
Bestand RM 3 umsigniert. Sie laufen dort unter den Signaturen 5614
bis 5724; die früheren RM 120-Signaturen wurden in RM 3 als
Altsignaturen nachgetragen.
Ein Sach-, Orts-
und Personenindex wurde nicht erstellt.
Bestandsbeschreibung: Das
Marinekorps Flandern ging aus der Mobilen Marine-Division hervor,
die am 29.8.1914 durch Allerhöchste Kabinettsordre gegründet wurde.
Die Formation, die der Heeresleitung unterstand, sollte Teile des
mobilen Feldheeres ablösen, die Belgien besetzt hielten. Das
Divisionskommando übernahm Admiral Ludwig von Schröder (1854-1933).
Die Formation setzte sich zunächst zusammen aus:
· der Matrosenbrigade mit drei Abteilungen,
· der Matrosenartilleriebrigade mit der XV., XVI. und XVII.
Matrosenartillerieabteilung,
· der
Marineinfanteriebrigade, die aus dem 1. Marineinfanterieregiment
mit dem I., V. und VIII. Seebataillon und dem 2.
Marineinfanterieregiment mit dem II., IV., VI. und VII.
Seebataillon bestand.
Ergänzt wurden diese
Einheiten durch eine Flottenstammdivision, die sich aus zwei
Kompanien zusammensetzte. Die Flottenstammdivision wurde allerdings
bereits im September 1914 wieder aufgelöst. Der Mobilen
Marine-Division gehörten außerdem die Marinefeldlazarette I bis IV
und einige Armee-Einheiten an.
Die ersten
Einheiten der Marine-Division trafen Anfang September 1914 in
Belgien ein, bis Mitte des Monats war die Division vollständig
ausgerückt. Der Stab trat unter Admiral von Schröder in Brüssel
zusammen. Am 7. September wurde die Division dem Armeeoberkommando
VII zugeteilt und beteiligte sich an den Kämpfen um Antwerpen. Nach
der Einnahme Antwerpens hielt die Marine-Division die Stadt bis zum
21.10.1914 besetzt; Admiral von Schröder nahm in dieser Zeit auch
die Funktion des Gouverneurs von Antwerpen wahr. Anschließend wurde
die Marine-Division an die flandrische Küste verlegt und dem
Armeeoberkommando IV unterstellt.
Die
flandrische Küste hatte für Deutschland einen hohen strategischen
Wert und sollte unbedingt gehalten werden:
„Hiermit war eine Basis am Kanal für die
Offensivunternehmungen zur See gegen die nahe englische Küste
gewonnen; es war aber klar, daß England versuchen würde, sie uns
mit allen Mitteln wieder zu entreißen. Es wurde deshalb notwendig,
sofort eine starke Verteidigung nach See und Land einzurichten. Es
galt ferner das Gebiet als wirkliche Basis mit den erforderlichen
Mitteln baldigst einzurichten. Dazu war eine starke
Personalvermehrung nötig."
Mitte Oktober
1914 wurde beschlossen, zusätzlich 20.000 Mann aus den deutschen
Marinefestungen nach Flandern zu verlegen. Durch Allerhöchste
Kabinettsordre vom 8.11.1914 wurde die Mobile Marine-Division zum
Marinekorps Flandern erweitert. Ludwig von Schröder avancierte zum
kommandierenden Admiral des Marinekorps, der unmittelbar dem Kaiser
unterstellt war. Das Stabsquartier des Generalkommandos hatte
seinen Sitz in Brügge, wo es bis zum Beginn des Rückzugs am
16.10.1918 verblieb.
Dem Marinekorps
unterstanden anfangs zwei Marinedivisionen. Die I. Marinedivision
setzte sich zusammen aus:
· der 1.
Marinebrigade mit dem 1. Matrosenregiment und dem 1.
Matrosenartillerieregiment sowie
· der 2.
Marinebrigade mit dem 2. Matrosenregiment und dem 2.
Matrosenartillerieregiment.
Vorübergehend
waren der I. Marinedivision auch unterstellt:
· die 1. und 2. Landwehr-Feldartillerieabteilung des X.
Armeekorps,
· das
Marine-Feldartillerieregiment,
· das 1.
Küstenbataillon,
· das 1.
Marinepionierbataillon,
· die
Marine-Fernsprechabteilung und
· das
Landsturm-Infanteriebataillon „Marburg".
Die
II. Marinedivision bestand anfangs aus:
·
der 3. Marinebrigade mit dem 3. Marineinfanterieregiment und dem 3.
Matrosenregiment,
· der 4. Marinebrigade mit
dem 4. und 5. Matrosenregiment sowie der
·
Marineinfanteriebrigade mit dem 1. und 2.
Marineinfanterieregiment.
Zeitweise waren
der II. Marinedivision auch unterstellt:
·
das Küstenbataillon,
· die Kampfgruppe
Schweres Flachfeuer,
· das
Landwehr-Feldartillerieregiment 258,
· das
2. Marinepionierbataillon und
· die
Divisionsfernsprechabteilung 292.
Neben den
beiden Divisionen gehörten dem Marinekorps verschiedene
Nebenformationen ein, mit denen es eine Kopfstärke von 60.000 bis
70.000 Mann erreichte.
Dem Marinekorps kamen
zusammengefasst folgende Aufgaben zu:
„Das
‚Marinekorps' hält die mit einer Reihe von Batterien armierte
belgische Küste besetzt, beteiligt sich am Kampfe der Landfront
inmitten der Truppen des Heeres, stellt den Grenzschutz gegen
Holland, Bewachungs- und Ordnungsmannschaften in dem ganzen dem
Marinekorps zugewiesenen Gebiet sowie notwendiges seemännisches
Personal für andere Orte in Belgien; schließlich arbeitet es an dem
Ausbau der in seinem Gebiet vorhandenen für die offensive
Seekriegführung wichtigen Anlagen."
Die
beiden Divisionen des Marinekorps teilten sich die Aufgaben. Die I.
Marinedivision hatte die belgische Küste bis hin zur
niederländischen Grenze zu sichern. In ihrem Bereich lagen die
Hafenkommandantur Antwerpen sowie die Kommandanturen in Ostende,
Zeebrügge, De Haan, Blankenberghe, Knocke, Heyst, Westkapelle,
Stalhille, Wenduine und zeitweise Raversyde. Der II. Marinedivision
fiel die Aufgabe zu, den rechten Flügel des Landheeres von
Schoorbake bis zur Küste zu decken. Ihr unterstanden die
Kommandanturen Gistelles, Leffingen, Middelkerke, Slype, Oudenburg,
Zaadvoorde, Zevekote, St. Pietres-Kapelle und Snaakskerke.
Im Juni 1917 wurden die Landstreitkräfte des
Marinekorps umformiert und um eine dritte Division ergänzt. Die
III. Marinedivision setzte sich zusammen aus:
· der bisher zur II. Marinedivision gehörenden
Marineinfanteriebrigade mit den Marineinfanterieregimentern 1, 2
und 3 zu je drei Bataillonen,
· dem
Feldartillerieregiment 9,
· dem
Pionierbataillon 115,
· der
Divisionsfernsprechabteilung sowie
· den
Kommandanturen Oudenburg, Zandvoorde, Middelkerke, Raversyde und
Steene.
Die Verwendung der III.
Marinedivision blieb der Obersten Heeresleitung vorbehalten. Die
Aufstellung der III. Marinedivision ging mit folgenden
Umgliederungen in der II. Marinedivision einher:
· die 3. Marinebrigade gab das 3. Marineinfanterieregiment an
die Marineinfanteriebrigade ab;
· die 3.
Marinebrigade wurde durch das 4. und 5. Matrosenregiment der 4.
Marine-Brigade ergänzt;
· die 4.
Marineinfanteriebrigade wurde aufgelöst;
·
die Marineinfanteriebrigade, bestehend aus dem 1., 2. und 3.
Marineinfanterieregiment schied aus der II. Division aus und trat
zur III. Division.
Charakteristisch für das
Marinekorps war die Bündelung verschiedener Truppengattungen, die
von Infanterie und Artillerie über Seestreitkräfte - einschließlich
U-Boote - bis hin zu einer eigenen Marinefliegerabteilung reichten.
Die Seestreitkräfte des Marinekorps bestanden Ende 1917 aus:
· drei Torpedobootflottillen,
· einer Motorbootdivision, die dem Führer der
Torpedobootflottille unterstand,
· zwei
U-Boot-Flottillen sowie
· dem Kommando des
Minen- und Sperrwesens, dem eine Minensuch-Halbflottille, eine
Motorbootabwehrtruppe, eine Bootsabteilung und eine
Wassertransportabteilung unterstanden.
Dem
Kommando des Minen- und Sperrwesens unterstanden außerdem eine
Minenwerkstatt und eine Minenkompanie in Brügge, eine Hafenkompanie
in Ostende sowie die Hafenkapitäne in Brügge, Zeebrügge und
Ostende.
Die Luftstreitkräfte setzten sich
unter dem Kommando des Luftfahrwesens aus den Seefliegern, den
Küstenfliegern, den Artilleriefliegern und der
Fesselballonabteilung zusammen. Zur Luftabwehr unterhielt das
Marinekorps ein Flak-Regiment.
Während der
Stationierung in Flandern errichtete das Marinekorps 25
Küstenbatterien schweren und mittleren Kalibers, die die
Matrosenartillerieregimenter 1 und 2 der I. Marinedivision
besetzten. Vervollständigt wurde der Küstenschutz durch
Strandbestreichungsbatterien und Leuchtkanonen. In Brügge,
Antwerpen, Ostende und Gent baute das Marinekorps bestehende
Werkstätten zu Kriegswerften aus und unterstellte sie einem
Oberwerftdirektor in Brügge. In Brügge errichtete das
Generalkommando auch ein zentrales Artillerie- und Munitionsdepot
und siedelte dort das Kommando für Torpedo- und Minenwesen an.
Ostende und Zeebrügge entwickelten sich zu Stützpunkten für
Torpedo- und U-Boote.
Einheiten des
Marinekorps nahmen an den Kämpfen an der Westfront teil. Sie wurden
in der Schlacht an der Somme, in den Schlachten bei Arras sowie in
den Endkämpfen an den Siegfried-, Hermann- und Hindenburgstellungen
eingesetzt. Zur See unternahm das Marinekorps - neben der Aufgabe
der Küstenverteidigung - Operationen gegen englische Streitkräfte,
legte eigene und räumte feindliche Minen- und Netzsperren und
führte Handelskrieg.
Auf Befehl der Obersten
Heeresleitung leitete das Marinekorps am 15.10.1918 den Rückzug aus
Flandern ein. Die Formation wurde am 31.1.1919 aufgelöst und bis
zum 4.3.1919 abgewickelt. Das letzte Hauptquartier vor der
Demobilisierung bezog das Korps im westfälischen Ahaus. Die III.
Division, die bei den Truppen an der Somme stand, führte den
Rückmarsch selbstständig durch und löste sich in Kiel bzw.
Wilhelmshaven auf.
Inhaltliche
Charakterisierung: Der Bestand enthält Unterlagen zu sämtlichen
Belangen des Marinekorps Flandern. Es sind Akten überliefert, die
Auskunft über die Aufstellung und Entsendung der Mobilen
Marine-Division und ihre Erweiterung zum Marinekorps geben. In
etlichen Akten (vor allem unter den Klassifikationspunkten
„Organisation" und „Personal") finden sich Kriegsgliederungen des
Marinekorps und der zugehörigen Einheiten, aus denen sich
Unterstellungsverhältnisse erschließen und strukturelle
Veränderungen im Laufe des Kriegs nachvollziehen lassen. Die Akte
RM 120/261 enthält die Geschäftsordnung des Generalkommandos des
Marinekorps vom Juli 1918. Nicht enthalten sind jedoch
Organisationsunterlagen wie Registratur- und Aktenpläne. Auch die
Geschäftsordnung gibt keinen Aufschluss auf etwaige Prinzipien,
nach denen die Aktenablage funktionierte.
Die Akten „Gerichts- und Disziplinarwesen", die sich ebenfalls
unter dem Klassifikationspunkt „Personal" befinden, enthalten neben
den Verfahren gegen Soldaten des Marinekorps auch Verfahren gegen
Belgier. Hervorzuheben sind mehrere Todesurteile gegen belgische
Einwohner, die der Bevölkerung durch Plakate bekannt gemacht
wurden. Besonders hingewiesen sei auch auf die Akte RM 120/205
(Seelsorge), die Aufschluss über das Wesen und die Bedeutung der
seelsorgerischen Tätigkeit im Krieg gibt.
Des weiteren enthält der bearbeitete Abschnitt des Bestandes
die gesammelten Korpstagesbefehle sowie eine Sammlung Allerhöchster
Kabinettsordres zwischen 1915 und 1918. Die - in der bearbeiteten
Bestandsportion nur lückenhaft vorliegenden - Kriegstagebücher und
Tätigkeitsberichte verschiedener Verbände und Einheiten des
Marinekorps vermitteln gemeinsam mit den unter „Operationen"
klassifizierten Akten ein umfassendes Bild von der kriegerischen
Tätigkeit des Großverbandes, die sich durch die Koordination
verschiedener Truppengattungen von Land- und Seestreitkräften bis
hin zu Fliegerverbänden kennzeichnete. Zu den operativen
Tätigkeiten des Marinekorps gehörten der Küstenschutz, das Legen
eigener und das Räumen feindlicher Minen und Netzsperren,
Unternehmungen gegen feindliche Streitkräfte,
Aufklärungstätigkeiten sowie die Beteiligung am Handelskrieg. Die
meisten der operativen Akten beziehen sich auf die Kriegführung zur
See, insbesondere die Beteiligung am U-Boot-Krieg ist gut
belegt.
Der Bestand enthält auch Akten zu
den nachrichtendienstlichen Aktivitäten des Marinekorps,
einschließlich der Spionagetätigkeit. In diesen finden sich sowohl
Agentenmeldungen als auch Maßnahmen zur Abwehr feindlicher
Spionage. Hinzu kommen grundlegende Einschätzungen der
wirtschaftlichen, politischen und militärischen Lage in den
Feindstaaten. Mehrere Akteneinheiten widmen sich der Beobachtung
der neutralen Niederlande.
Weitere Teile des
Bestandes beziehen sich auf Fragen der Kommunikation (Telegrafie-,
Feldpost und Fernsprechwesen) und des Signalwesens sowie auf das
Sanitäts- und Veterinärwesen des Marinekorps. Im Bestand sind auch
Akten zu Fragen der Bekleidung, der Ausrüstung und des Materials
überliefert, sowie zu den Büchern und Karten, die dem Marinekorps
zur Verfügung standen. Aus den Akten des Klassifikationspunktes
„Sonstiges" sind diejenigen hervorzuheben, die Besuche von Fürsten
und deutschen sowie ausländischen Offizieren zum Gegenstand haben.
Sie geben Hinweise auf das Selbstverständnis des Marinekorps und
seine Darstellung gegenüber anderen Stellen und in der
Öffentlichkeit.
Erschließungszustand:
Findbuch für die Verzeichnungsportion RM 120/1-335 liegt vor.
Retrokonvertiertes Abgabeverzeichnis für den gesamten Bestand liegt
vor.
Umfang, Erläuterung: Bestand
ohne Zuwachs
23,1 lfm 615 AE
Zitierweise: BArch RM
120/...
- Bestandssignatur
-
Bundesarchiv, BArch RM 120
- Umfang
-
548 Aufbewahrungseinheiten; 26,0 laufende Meter
- Sprache der Unterlagen
-
deutsch
- Kontext
-
Bundesarchiv (Archivtektonik) >> Norddeutscher Bund und Deutsches Reich (1867/1871-1945) >> Militär >> Preußische und Kaiserliche Marine 1849 bis 1918/1919 >> Landstreitkräfte
- Bestandslaufzeit
-
1914-1918
- Provenienz
-
Generalkommando des Marinekorps der Kaiserlichen Marine, 1914-1918
- Weitere Objektseiten
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Letzte Aktualisierung
-
16.01.2024, 08:43 MEZ
Datenpartner
Bundesarchiv. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Bestand
Beteiligte
- Generalkommando des Marinekorps der Kaiserlichen Marine, 1914-1918
Entstanden
- 1914-1918