Bestand
Treuhandverwaltung von Kulturgut bei der Oberfinanzdirektion München (Bestand)
Geschichte des Bestandsbildners:
Die Überlieferung im Bestand B 323 ist aus der Tätigkeit der
Treuhandverwaltung von Kulturgut und ihrer Funktionsvorgänger
erwachsen bzw. zur
Wahrnehmung ihrer Aufgaben
zusammengestellt worden. Die letzte aktenführende Stelle war das
Kulturreferat der Oberfinanzdirektion München.
Die Unterlagen sind von unterschiedlicher Provenienz:
Reichskanzlei, Reichsleiter Martin Bormann, Beauftragter und Referent
für den "Sonderauf-
trag Linz", Einsatzstab
Reichsleiter Rosenberg, MFA&A Section der amerikanischen
Militärregierung sowie Geschäftsunterlagen von Kunstliebha-
bern u.a. Die in den CCPs entstandenen
Dokumentationen, Fotosammlungen und Karteien sind nicht einheitlich
strukturiert: 1. Es liegt vor eine
vom CCP
München angelegte Unterlagensammlung über den Erwerb, Verbleib sowie
die kriegsbedingte Verlagerung der Kunst- und Kulturgüter aus der
Tätigkeit von Behörden, NS-Dienststellen und eines beauftragten
Personenkreises aus dem Zeitraum 1937-1945. Belegt sind darin die sog.
Sammlung Göring, der "Sonderauftrag Linz", die sog. Sammlung Bormann
sowie die durch den Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg in Frank-
reich, Belgien und Russland beschlagnahmten
Privatsammlungen. 2. Akten, Karteien sowie ca. 5000 Fotos der
Monuments, Fine Arts and Archi-
ves Restitution
Branch (MFA&A, OMGUS) zum Aufbau des CCP München und zur Arbeit
des alliierten Kunstschutzes 1945-1949. 3. Schriftgut
und Karteien der Treuhandverwaltungen über ihre
Restitutionsbemühungen von 1950-1972. Die Verknüpfung der
verschiedenen Karteien mit den
CCP-Materialsammlungen und den überlieferten Akten der
Treuhandverwaltung ist nicht immer herstellbar. Die Bestände dienten
dem Zweck der Identifizierung von Kunstwerken und ihren rechtmässigen
Eigentümern und bildet nur zum kleineren Teil die Tätigkeit der
Treuhandverwal-tung von Kulturgut ab. Der Sammlungscharakter wird auch
dadurch verstärkt, dass grösstenteils kein originäres, sondern
reproduziertes Schrift-
gut vorliegt. Viele der
Unterlagen zum "Sonderauftrag Linz" standen den amerikanischen
Besatzungsbehörden selbst nicht im Original zur Ver-
fügung. Diese befanden sich in den Händen der sowjetischen
Militäradministration, die allerdings die Verfilmung gestattete. Zudem
hatten die
amerikanischen Besatzungsbehörden
ihre Unterlagen nach Übergabe der Zuständigkeit den deutschen Stellen
nur in mikroverfilmter Form über-
lassen. Laut
Tätigkeitsbericht des Deutschen Ausschusses für die Restitution von
Kunstgut vom 25. Febr. 1952 entstand der Film 1950/51.
Gemäss Schreiben der OFD an das Bundesarchiv vom 15.
Apr. 1964 wurden die Akten bei Auflösung des CCP München verfilmt und
Kontakt-
abzüge der deutschen
Nachfolgeeinrichtung, der TVK in München, übergeben. Die Originale
gingen vom CCP München über den CCP Wiesba-
den
und von dort über die US-HICOG um 1952 in das State Department nach
Washington.
Eine andere Geschichte hat der sog.
Linz-Film: Der Film enthält Material zur Beschaffung, Herkunft und
Verwaltung der Kunstwerke für das von
Hitler
geplante Museum in Linz ("Sonderauftrag Linz"). Die Akten darüber
befanden sich im Schloss Weesenstein bei Dresden. Nach einigen
Verhandlungen erklärte sich die sowjetische
Besatzungsmacht bereit, die Herstellung von Reproduktionen zu
gestatten. Die Akten behielt sie.
Vom sog.
Linz-Film waren Abzüge erstellt worden. Der Film selbst wurde
versehentlich vernichtet. Rekonstruiert wurde der "Linz-Film" auch aus
den in München vorhandenen Positiven. Die Mikrofilm-Rekonstruktion
wurde der US-Besatzungsmacht übergeben, während der Positivab-
zug in München verblieb. Leider differiert die
Qualität der Mikrofilmabzüge im Bestand B 323 und die Lesbarkeit ist
häufig nicht so günstig.
Korrespondierende
Aktenbestände:
Reichskanzlei (R 43)
Reichskommissar für die Behandlung reichsfeindlichen
Vermögens (R 87)
Partei-Kanzlei der NSDAP (NS
6)
Kanzlei Rosenberg (NS 8)
Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg (NS 30)
Bearbeitungshinweis: Findbuch
von Frau B. Limberg liegt vor
Bestandsbeschreibung:
Archivische Bewertung und Bearbeitung:
Die Überlieferung im Bestand B 323 ist aus der
Tätigkeit der Treuhandverwaltung von Kulturgut und ihrer
Funktionsvorgänger erwachsen bzw. zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben
zusammengestellt worden. Die letzte aktenführende Stelle war das
Kulturreferat der Oberfinanzdirektion München. Tatsächlich finden sich
aber nur wenige Unterlagen in dem Bestand, die nach 1962 entstanden
sind. Die Unterlagen sind unterschiedlicher Provenienz (Reichskanzlei,
Reichsleiter Martin Bormann, Beauftragter und Referent für den
"Sonderauftrag Linz", Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg, MFA&A
Section der amerikanischen Militärregierung, Geschäftsunterlagen von
Kunsthändlern u.a.). Die Archivnummern 1201 bis 1224 wurden nicht von
der OFD München abgegeben. Sie enthalten Schriftgut zum "Sonderauftrag
Linz", das vom Archiv der staatlichen Kunstsammlungen Dresden unter
der Bezeichnung "Führerauftrag Linz" übernommen worden war. Von dort
gelangte es ins Zentralarchiv nach Potsdam (Bestand 50.01
Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda) und wurde dann
nach Vereinigung von Bundesarchiv und Zentralarchiv zunächst in den
Bestand NS 6 (825 bis 848) übernommen. Aufgrund des sachlichen
Zusammenhangs wurden die Unterlagen 2008 in den Bestand B 323
übernommen.
Der Bestand trägt wesentlich die
Züge einer Materialsammlung - nämlich zum Erwerb bzw. Entzug von
Kunstgegenständen im weiteren Sinne - zum Zwecke der Identifizierung
von Kunstwerken und ihren rechtmäßigen Eigentümern und bildet nur zum
kleineren Teil die Tätigkeit der Treuhandverwaltung von Kulturgut ab.
Der Charakter einer Sammlung wird dadurch verstärkt, dass größtenteils
kein originäres, sondern reproduziertes Schriftgut vorliegt. Viele der
Unterlagen zum "Sonderauftrag Linz" standen den amerikanischen
Besatzungsbehörden selbst nicht im Original zur Verfügung. Diese
befanden sich in den Händen der sowjetischen Militäradministration,
die allerdings die Verfilmung gestattete. Außerdem hatten die
amerikanischen Behörden ihre Unterlagen nach Übergabe der
Zuständigkeit den deutschen Stellen nur in mikroverfilmter Form
überlassen. Laut Tätigkeitsbericht des Deutschen Ausschusses für die
Restitution von Kunstgut vom 25. Febr. 1952 [B 323/326] entstand der
Film 1951/1952. Gemäß Schreiben der OFD an das Bundesarchiv vom 15.
Apr. 1964 [Abschrift In: B 126/47203] wurden die Akten bei Auflösung
des CCP München verfilmt und Kontaktauszüge der deutschen
Nachfolgeein-richtung, der TVK in München, übergeben. Die Originale
gingen vom CCP München über das CCP Wiesbaden und von dort über die
US-HICOG um 1952 ins State Departement nach Washington. Der sog.
"Linz-Film" hat eine andere Quelle. Der Film enthält Material zur
Beschaffung, Herkunft und Verwaltung der Kunstwerke für das von Hitler
geplante Museum in Linz ("Sonderauftrag Linz"). Die Akten darüber
befanden sich in Schloss Weesenstein bei Dresden zur Bergung. Nach
Verhandlungen erklärte sich die sowjetische Besatzungsmacht bereit,
die Herstellung von Reproduktionen zu gestatten. Die Akten behielt
sie. Vom sogenannten "Linz-Film" waren Abzüge erstellt worden. Der
Film selbst wurde versehentlich vernichtet. Aus den in München
vorhandenen Positiven wurde der "Linz-Film" rekonstruiert. Die
Mikrofilm-Rekonstruktion wurde der US-Besatzungsmacht übergeben,
während die Positivabzüge in München blieben [Vermerk vom März 1952 in
B 323/326].
Die Qualität der Mikrofilmabzüge
differiert, ist insgesamt aber als schlecht zu bezeichnen. Die
Lesbarkeit ist nicht immer gesichert. Es ist auch darauf hinzuweisen,
dass den jeweiligen Bearbeitern Fehler unterliefen bzw. gerade Namen
nicht geläufig waren. Die Schreibweise von Namen weicht in den
Unterlagen ab. Bei der Erschließung wurde versucht, die Schreibweise
zu vereinheitlichen.
Achtung:
In der Abteilung Bundesrepublik Deutschland kann es wegen der
Digitalisierungsmaßnahmen von Akten des Bestandes B 323
Treuhandverwaltung für Kulturgut bei der Oberfinanzdirektion München
bis voraussichtlich April 2018 bei der Zugänglichkeit einzelner Akten
und Aktengruppen zu Einschränkungen kommen. Es wird dringend
empfohlen, sich vor einer Benutzung nach deren Verfügbarkeit zu
erkundigen.
Inhaltliche Charakterisierung:
Die in den CCPs entstandenen Dokumentationen, Fotosammlungen und
Karteien verfügen nicht über eine einheitliche Ordnung. Drei z.T. in
ihren Strukturen gestörte und unvollständige Überlieferungskomplexe
liegen vor: 1. Eine vom CCP München angelegte Unterlagensammlung zum
Erwerb, Verbleib und zur kriegsbedingten Verlagerung der Kunst- und
Kulturgüter aus der Tätigkeit von Behörden, NS-Dienststellen und eines
beauftragten Personenkreises aus dem Zeitraum 1937-1945. Belegt sind
darin, z.T. durch Kataloge, die -Sammlung Göring-(1933-1945, 30), der
-Sonderauftrag Linz-(1938-1945, 84), die -Sammlung Bormann-(1936-1961,
4) und durch den Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg in Frankreich,
Belgien und Rußland beschlagnahmte Privatsammlungen (1935-1945, 77).
2. Akten, Karteien und eine Fotodokumentation (5000 Bilder) der
Monuments, Fine Arts and Archives Restitution Branch (MFA&A,
OMGUS) zum Aufbau des CCP München und zur Arbeit des alliierten
Kunstschutzes (1945-1949, 50). 3. Schriftgut und Karteien der
Treuhandverwaltungen über ihre Restitutionsbemühungen (1950-1972,
400). Die Verknüpfung der verschiedenen Karteien mit den
CCP-Materialsammlungen und den Akten der Treuhandverwaltung ist nicht
immer herstellbar.
Inhalt:
Korrespondenzen mit Behörden, Kunsthändlern, Privateigentümern,
Museen zum Erwerb von Kunstwerken. Rechnungsunterlagen,
Zahlungsanweisungen etc.
Inventare
beschlagnahmter, sichergestellter oder anders erworbener
Sammlungen
Unterlagen betreffend die
Beschlagnahme und Sicherstellung sowie die Verteilung von
Sammlungen
Unterlagen zum "Archiv-, Bibliothek-
und Kunstschutz" in den besetzten Gebieten, vor allem den besetzten
Westgebieten; "Rückführung" vormals deutschen Kunstbesitzes
Unterlagen betreffend die Bergung von Kunstwerken und
andere Schutzmaßnahmen während des Krieges (Transport-, Lade- und
Kistenlisten u.a.)
Unterlagen betreffend die
Ausstattung von Museen und Behörden sowie Gebäuden der NSDAP mit
beschlagnahmten Kunstsammlungen und Mobiliar
Unterlagen betreffend die Sicherstellung von Kunstwerken nach
1945 (vor allem Karteien, Formulare, Listen)
Anmeldungen von Restitutionsansprüchen, Bearbeitung/Erledigung
von Restitutionsanträgen
Ermittlungen zur
Herkunft und zum Verbleib von Kunstwerken
Anträge auf Freigabe von Kunstwerken
Anfragen zum Verbleib von Kunstwerken
Entschädigung von Restitutionsgeschädigten
Allgemeine, rechtliche und Verfahrensfragen der Restitution, vor
allem aber auch hinsichtlich der Rückgabe von Kunstgut an Österreich
und an Italien (s. hier auch die Überlieferung des
Bundeskanzleramtes)
Verzeichnis der der TVK
bekanntgewordenen Restitutionen
Historischer
Hintergrund:
In der NS-Zeit waren massenhaft
Kunstwerke erworben bzw. entzogen worden.
Der
Erwerb diente zum einen schlicht der repräsentativen Ausstattung von
Behörden, aber auch von Gebäuden der NSDAP und ihrer verschiedenen
Unterorganisationen. Zum anderen dienten die Kunstwerke dem
persönlichen Repräsentationsbedürfnis einzelner, hier sind in erster
Linie Hitler selbst, etwa mit dem von ihm geplanten Museum in Linz,
und Hermann Göring zu nennen.
Die
Erwerbungsarten unterschieden sich und gehen wohl überwiegend mit den
unterschiedlichsten Bezugs- und Entziehungsformen einher. Zum einen
erhielten NS-Größen, allen voran Hitler und Göring Kunstwerke von den
verschieden Personen und Institutionen, etwa von Städten, Geschenke.
Zum anderen wurden Kunstwerke systematisch durch bzw. für sie über den
Kunsthandel erworben. Die Erwerbungen erfolgten nicht zuletzt im
Rahmen der Verwertung des sichergestellten und eingezogenen bzw.
gepfändeten Vermögens der "Volks- und Reichsfeinde". Darunter fiel der
sogenannte "jüdische Besitz", aber auch Kloster- und Stiftsbesitz
[Rechtsgrundlage bildete das Reichsbürgergesetz von 1941 samt
Durchführungsver-ordnungen]. Die Enteignung der Klöster- und Stifte
beruhte auf der Feststellung, dass die "Bestrebungen des Stiftes
volks- und staatsfeindlich gewesen sind" und "daß das Vermögen volks-
und staatsfeindlichen Zwecken gedient hat".
Die
Beschlagnahmen im Reichsgebiet erfolgten durch die örtlichen
Gestapo-Stellen. Zuständig für die Verwaltung und Verwertung des
Vermögens jüdischer Eigentümer im Reichsgebiet war zunächst die
Vermögensverwertungsstelle beim Oberfinanzpräsidenten
Berlin-Brandenburg, dann die jeweiligen Oberfinanzpräsidenten. Durch
die Sicherstellungen und Beschlagnahmen gelangten viele Kunstwerke und
Bücher auf den Kunstmarkt - oder auch nicht, wenn der "Vorbehalt des
Führers" über die Verwendung sichergestellter bzw. eingezogener
Kunstgegenstände geltend gemacht wurde. Bilder, die für die oben
genannten Zwecke nicht in Frage kamen, aber dennoch wertvoll waren,
wie etwa Bilder des Berliner Malers Max Liebermann, wurden für
Tauschgeschäfte oder zur Devisenbeschaffung genutzt. Einige
Kunsthändler schienen sich auf den Verkauf von Kunstwerken jüdischer
Eigentümer spezialisiert zu haben. Museen bewarben sich regelrecht um
die beschlagnahmten und sichergestellten Kunstwerke - insbesondere die
der wertvollen Sammlungen aus dem beschlagnahmten Wiener
Kunstbesitz.
Während des Krieges wurden in den
besetzten Gebieten im Rahmen des "Kunstschutzes" massenhaft Kunstwerke
konfisziert. Es gab einen Sonderauftrag "Rückführung von in Frankreich
befindlichen Kunstwerken und Kriegstrophäen", der sog. Beutekunst
deutscher Provenienz aus der Zeit der Freiheitskriege bis zur jüngsten
Zeit zurückführen solle. Darunter wurden auch solche Kunstwerke
subsumiert, die gemäß Versailler Vertrag vom Deutschen Reich übergeben
worden waren. Sonderbeauftragter war der Direktor des Berliner
Zeughauses, Admiral a.D. Lorey.
Am 30. Juni
1940 wies das Oberkommando der Wehrmacht den Militärbefehlshaber für
Frankreich an, neben den im französischen Staatsbesitz befindlichen
Kunstschätzen auch die privaten Kunst- und Altertumswerte vor
Verschleppung bzw. gegen Verbergung einstweilen in Verwahrung
sicherzustellen. Am 15. Juli 1940 erging eine Verordnung zur Erhaltung
von Kunstschätzen im besetzen Frankreich. Vor allem ging es hierbei um
die Habhaftwerdung bedeutender Kunstsammlungen, letztlich aber auch um
die Verwertung von Mobiliar und Hausrat - auch ohne besonderen
künstlerischen Wert. Das Devisenschutzkommando Frankreich bzw. Belgien
beschlagnahmte Kunstwerke aus Bankdepots und Schließfächern, aber auch
bei Speditionen. Die Speditionen mussten die bei ihnen verwahrten
"Emigrantenlifts" melden und abgeben.
Bereits
nach der Besetzung von Paris im Jahre 1940 war der Kunstbesitz der
Familie de Rothschild, von Maurice Dreyfus, Raymond Lazare, Rosenberg
und Bernstein, Jacques, Arnold und André Seligmann, M.M.
Bernheim-Jeune, Levalocourt, Paul Rosenberg sowie Emile und Fernand
Halphen von der Geheimen Feldpolizei sichergestellt und in die
Deutsche Botschaft, rue de Lille, verbracht worden. Ein Teil der
Gegenstände wurde in das Inventar der Botschaft übernommen, 26 Bilder
wurden in deren Depot gebracht, andere Gemälde wurden dem Haus Berlin,
Wilhelmstr. 73 übersandt. Kunstwerke der Firmen Georges Wildenstein,
Bacri frères und Paul Graupe sowie aus dem Besitz von Edouard Jonas
wurden auf Veranlassung Görings im Juli/August 1940
"übernommen".
Im August/September 1940 nahm der
Einsatzleiterstab Reichsleiter Rosenberg seine Tätigkeit auf, der sich
dabei der Geheimen Feldpolizei oder der Gestapo, später der
"Dienststelle Westen" bediente. Die Kunstgegenstände wurden zunächst
im Jeu de Paume gesammelt und inventarisiert. Bei der Inventarisierung
ließ sich ein Teil der Eigentümer bereits nicht mehr ermitteln.
Mit Führererlass vom 1. März 1942 wurde Alfred
Rosenberg beauftragt, im Einvernehmen mit dem Chef des Oberkommandos
der Wehrmacht, die Aufgabe der "planmässige[n] geistige[n] Bekämpfung"
der "Juden, Freimaurer und [den] mit ihnen verbündeten
weltanschaulichen Gegner[n] des Nationalsozialismus" als den
"Urheber[n] des jetzigen gegen das Reich gerichteten Krieges"
durchzuführen. "Sein Einsatzstab für die besetzten Gebiete hat das
Recht, Bibliotheken, Archive, Logen und sonstige weltanschauliche und
kulturelle Einrichtungen aller Art nach entsprechendem Material zu
durchforschen und dieses für die weltanschaulichen Aufgaben der NSDAP
und die späteren wissenschaftlichen Forschungsarbeiten der Hohen
Schule beschlagnahmen zu lassen. Der gleichen Regelung unterliegen
Kulturgüter, die in Besitz oder Eigentum von Juden, herrenlos oder
nicht einwandfrei zu klärender Herkunft sind". [Abschrift in B
323/257.] Die Tätigkeit des Einsatzstabes selbst wurde seitens des
Kunstschutzes durchaus kritisch gesehen.
1942
übernahm der Einsatzleiterstab Reichsleiter Rosenberg Objekte von
künstlerischem und kulturellem Wert der "Dienststelle Westen" des
Reichsministeriums für die besetzten Ostgebiete, die diese im Rahmen
der sogenannten Möbelaktion ("M-Aktion") beschlagnahmt hatte. Die
"M-Aktion" der Dienststelle Westen des Reichsministeriums für die
besetzten Ostgebiete zielte auf die Beschlagnahme von Mobiliar und
sonstigen Hausrat aus "jüdischem Besitz" zum Zwecke der Ausstattung
von Gebäuden der NSDAP und ihrer Organisationen und Institutionen,
etwa das Institut der NSDAP für die Erforschung der Judenfrage oder
Hohe Schule der NSDAP, sowie der Einrichtung von Dienststellen und
Verwaltungen in den besetzten Ostgebieten. Hier steht an erster Stelle
Schloss Posen, das für Hitler als Residenz angekauft worden war, und
für dessen Ausstattung gezielt Kunstwerke (178 Bilder und ein Gobelin)
gesammelt wurden. Folgende Dinge, die im Rah-men der Aktion
sichergestellt wurden, sollten an den Einsatzstab abgeführt werden:
Bücher, Manuskripte, Akten und Korrespondenzen sowie Kunstgegenstände
wie Gemälde, Skulpturen, Gobelins etc. von besonderem Wert.
Auch in Belgien wurde der Einsatzleiterstab
Reichsleiter Rosenberg in einigen Fällen tätig. Grundsätzlich erfolgte
die Verwertung des Eigentums deportierter belgischer Juden durch die
"Brüsseler Treuhandgesellschaft" im Rahmen der sog. Mö-belaktion. 1943
wurde der Kunstbesitz von der "Brüsseler Treuhandgesellschaft" durch
den Einsatzleiterstab übernommen (ERR-Signatur Brüssel).
Der Einsatzleiterstab Reichsleiter Rosenberg hatte in
Amsterdam eine Dienststelle, allerdings sind Beschlagnahmen durch die
Dienststelle in den Niederlanden nicht erfolgt. Durch Verordnung waren
alle Juden verpflichtet worden, ihre Kunstgegenstände oder sonstige
Wertobjekte beim Bankhaus Lippmann & Rosenthal abzuliefern.
Sonderbeauftragter für die Sicherung der Kunstschätze
in den besetzten niederländischen Gebieten war Kajetan (Kai) Mühlmann,
der bzw. dessen Dienststelle ("Dienststelle Mühlmann") eine Vielzahl
von Kunstgegenständen erwarb und auch die bedeutende Sammlung
Mannheimer aus der Konkursmasse ankaufte.
Erhard Göpel, vom Referat Sonderfragen beim Reichskommissar für
die besetzten niederländischen Gebiete - Generalkommissar zur
besonderen Verwendung, war ebenfalls in den westlichen besetzten
Gebiete mit Ankäufen betraut. Er erwarb die Sammlung Alphonse Schloss
von der französischen (Vichy-)Regierung, die durch Verhaftung von
Henri Schloss in den Besitz gekommen war. Eine Auswahl ging allerdings
vorab an den Louvre.
Benutzung des
Bestandes:
Die gezielte Recherche nach
bestimmten Bildern bzw. Künstlern ist nur in beschränkten Umfang
möglich. Die Ordnung der Überlieferung erfolgt ganz überwiegend nach
Sammlungen (dabei auch vormalige Besitzer), Inventarnummern (bzw.
Eingangsdatum), Antragstellern bzw. Restitutionsberechtigten und
Korrespondenzpartnern (hier vor allem Händler). Relativ wenige
Archivnummern weisen eine Ordnung nach Gegenständen bzw. Künstlern
auf. Hier sind vor allem folgende Akten zu nennen:
Verwaltung Obersalzberg.- Fotografien der von Bormann erworbenen
Bilder (B 323/14 bis 15).
Verzeichnis der
Gemälde aus dem Münchner Führerbau ("Neufassung").- Nachtrag nach
Künstlernamen (B 323/86-88).
Plünderung der
Kunstbestände im Führerbau in München (B 323/184 bis 185).
Katalog der "Sammlung Göring" (B 323/316-320).
Alphabetische Aufstellung aller zwischen 1945 und
1962 restituierten Gemälde, Zeichnungen und Miniaturen (B
323/505-507).
Verwaltung der Bestände für das
"Deutsche Schloss Posen" durch die Treuhandverwaltung (B 323/517
enthält u.a. Inventar nach Künstlern mit Angaben zur Herkunft und
Restitution).
Erwerbungen des Reichsleiters
Martin Bormann für den "Sonderauftrag Linz" und das "Schloss Posen".-
Beglaubigung von Rechnungskopien und -abschriften aus den Jahren
1940-1944 (B 323/583).
Eine Autorenliste der
Bilder der "M-Aktion" (ohne anonyme Bilder) liegt vor in B
323/298a.
Alphabetisch nach Kunstgenre geordnet
sind die Abgaben an die Jewish Restitution Successor Organization
(JRSO) in B 323/732.
Einige Archivnummern sind
auch nach Verwahrorten geordnet: Eingänge im Central Collecting Point
nach Auslagerungsorten und Depots (B 323/738 bis 752).
Limberg 2008
Umfang, Erläuterung: 1190 AE
(einschl. Karteien); ca. 70 lfm Schriftgut und 20 lfm Karteien; 5000
Negative von Aufnahmen der Kunstobjekte (Mikrofiches).
Zitierweise: BArch B
323/...
- Bestandssignatur
-
Bundesarchiv, BArch B 323
- Umfang
-
1168 Aufbewahrungseinheiten; 86,8 laufende Meter
- Sprache der Unterlagen
-
deutsch
- Kontext
-
Bundesarchiv (Archivtektonik) >> Bundesrepublik Deutschland mit westalliierten Besatzungszonen (1945 ff) >> Bundesrepublik Deutschland (1949 ff) >> Finanzen, Wirtschaft
- Verwandte Bestände und Literatur
-
Verwandtes Archivgut im Bundesarchiv: Bundesministerium des Innern (B 106)
Partei-Kanzlei der NSDAP (NS 6)
Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg (NS 30)
Reichskanzlei (R 43)
Office of Military Government United States (OMGUS; Z 45 F)
Literatur: Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen: Property Cards Art, Claims und Shipments auf CD-ROM. Amerikanische Rückführung sowjetischer Kulturgüter an die UdSSR nach dem Zweiten Weltkrieg, Bremen 1997.- Anja Heuß: Kunst- und Kulturgutraub. Eine vergleichende Studie zur Besatzungspolitik der Nationalsozialisten in Frankreich und der Sowjetunion. Heidelberg 2000.- Craig Hugh Smyth: Repatriation of Art from the Collecting Point of Munich after WWII. Backgrounds and Beginnings with reference especially to the Netherlands. The Haag 1988.
- Provenienz
-
Oberfinanzdirektion München, Kulturreferat (OFD München), 1945-1972
- Bestandslaufzeit
-
(1937-1944) 1945-1962
- Weitere Objektseiten
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Letzte Aktualisierung
-
16.01.2024, 08:43 MEZ
Datenpartner
Bundesarchiv. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Bestand
Beteiligte
- Oberfinanzdirektion München, Kulturreferat (OFD München), 1945-1972
Entstanden
- (1937-1944) 1945-1962