Bestand
Kieserling & Albrecht, Maschinenbaufabrik, Birkenweiher 66 (Bestand)
Vorwort
Der gelernte Schlosser und Ingenieur Theodor Kieserling war kaum 30 Jahre alt, als er 1873 mit dem Schlosser Otto Albrecht (geb. 1841), den er aus seiner Zeit als technischer Angestellter beim J.A. Henckels Zwillingswerk her kannte, den Grundstein zu einer der bedeutendsten Solinger Maschinenfabriken legte. Hierzu erwarben sie die an der heutigen Graf-Engelbert-Straße gelegene Maschinenwerkstatt Klee. Ein Jahr später, 1874, errichteten die beiden ein neues Werkstattgebäude an der Eisenstraße, , um dann von 1880 ab bis zur Jahrhundertwende ihren Betrieb beträchtlich zu erweitern.
Zwischen 1870 und 1900 fand in der Solinger Schneidwarenindustrie eine vom Schmiedeprozess ausgelöste Mechanisierungswelle statt, die zur Entstehung zahlreicher neuer Fabriken führte. Die Rolle der Fa. Kieserling beschränkte sich dabei nicht allein auf die Planung und Herstellung von Transmissions- und Dampfkraftanlagen, Guss-Säulen oder Maschinen. Kieserling trat wiederholt als Financier von Fabrikneugründungen auf - so auch im Falle der Gesenkschmiede Hendrichs.
Der Tod der Firmengründer Theodor Kieserling und Otto Albrecht innerhalb von 16 Monaten (1901/02) machte die Firma führungslos. Bevor die Söhne die Geschicke des Unternehmens vollständig nach ihren Vorstellungen gestalten konnten, vergingen einige Jahre der Stagnation. Ab 1905 gewann Robert Kieserling (1884-1944) den dominierenden Einfluss auf die Geschäftsentwicklung. Ein Jahr später wurde die Beteiligung an der Gesenkschmiede Hendrichs aufgelöst. Das Kapital wurde genutzt, um sich von der Teilhaberfamilie Albrecht zu trennen.
Das Produktionsprogramm der Maschinenfabrik blieb weiterhin primär auf den Bedarf der bergischen Kleineisenindustrie zugeschnitten. Im Ersten Weltkrieg ermöglichte die umfangreiche Granatenproduktion die beträchtliche, zunächst provisorische, Erweiterung der Fabrikationsanlagen. Die anschließende Inflationszeit nutzte das Unternehmen, seine Werkshallen bis zur Flurstraße auszudehnen. Höhepunkt dieses Baubooms bei Kieserling war 1921 die Errichtung des neuen repräsentativen Verwaltungsgebäudes gegenüber dem Hauptbahnhof - eine angemessene Adresse für ein Unternehmen, das sich anschickte, eine Firma mit Weltruf zu werden.
Denn unter der technischen Leitung von Carl Hölzer (1882-1961) wurde nach dem Ersten Weltkrieg das Produktionsprogramm stärker auf den Weltmarkt ausgerichtet, wobei Stangen- und Rohrbearbeitungsmaschinen eine besondere Rolle spielten. Mit diesen Produkten sowie mit Schmiedemaschinen gelang es Robert Kieserling, Ende der1920er Jahren intensive Handelsbeziehungen mit der Sowjetunion aufzubauen. Diese halfen dabei, die Weltwirtschaftskrise besser als andere Unternehmen zu überstehen.
Indirekt profitierte auch Kieserling von den Kriegsvorbereitungen des NS-Regimes, aber erst Ende 1943 wurde das Hauptwerk am Birkenweiher mit der Herstellung von Kettenantrieben für Panzer in die direkte Rüstungsproduktion eingebunden. Bei den Bombenangriffen im November 1944 wurde das Werk schwer beschädigt, die beiden Firmenchefs Robert und Franz Kieserling (geb. 1891) sowie viele Beschäftige kamen dabei ums Leben.
Carl Hölzer übernahm nun die Geschäftsleitung und den Wiederaufbau. In den 1950er und 1960er Jahren partizipierte das Unternehmen mit seinen schweren Pressen für Karosserieteile und Felgenanlagen im Zuge der Massenmotorisierung am Boom der Automobilindustrie. 1962 waren bei Kieserling mehr als 1.000 überwiegend hoch qualifizierte Mitarbeiter beschäftigt.
Seit den achtziger Jahren durchlebte das Unternehmen schwere wirtschaftliche Zeiten und musste kontinuierlich seine Belegschaft reduzieren. 1994 schließlich wurde die Firma Kieserling von dem Mitkonkurrenten Aachener Schumag AG übernommen, die den Solinger Betrieb Mitte 1998 stilllegte, kurz vor dem 125jährigen Bestehen.
Beschäftigte Kieserling
Gesamt davon
Arbeiter Angestellte
1929 498
1938 702 585 117
1955 748 600 148
1970 777
Eingrenzung und Inhalt: Bestand enthält u.a.: Beirat und Gesellschafter; Kommanditisten; Bilanzen, Jahresabschlüsse; Betriebsabrechnungen; Baumaßnahmen; Malmedie & Co.; Werk Ohligs, Presseausschnitte, Fotoalben, Werbematerial
- Bestandssignatur
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Fi 04
- Umfang
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Kartei: 64 AE; insgesamt erschlossen: 712 AE; unbearbeitet: 0,6 lfm (Bilder auf Holz)
- Kontext
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Stadtarchiv Solingen (Archivtektonik) >> Bestände nichtstädtischer Provenienz >> Firmenarchive
- Bestandslaufzeit
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1873 - 1996, 2005
- Weitere Objektseiten
- Geliefert über
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Letzte Aktualisierung
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06.03.2025, 18:28 MEZ
Datenpartner
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Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 1873 - 1996, 2005