Bestand

Nachlass Branse, Franz (Bestand)

Laufzeit: 1925 - 1998 Umfang: 226 Verzeichnungseinheiten (1,9 lfm.) Zitierung: StdAMs, Nachlass Branse, Nr. ... Inhalt: Franz Branse (26.9.1897 - 3.7.1983) war ein Vermögens- und Nachlassverwalter, wohnhaft in Münster, Kerkerinckstraße 2. Sein Nachlass umfasst bis auf eine einzelne Verzeichniseinheit seine Tätigkeit als Bevollmächtigter der Firma des jüdischen Kaufmanns Hugo Hertz aus Münster, der Angehörigen der Familie Hugo Hertz sowie von weiteren Personen aus deren familiären und privaten Umfeld resp. deren Nachfahren. Franz Branse war seit 1922 Prokurist in der Firma des jüdischen Kaufmanns Hugo Hertz in Münster, seine Frau Aenne arbeitete dort als Sekretärin. Mit Beginn der NS-Zeit tätigte er als solcher in Folge der zunehmenden wirtschaftlichen Ausgrenzung und finanziellen Ausplünderung jüdischer Geschäftsleute die Abwicklung zahlreicher Grundstücks- und Wertpapierverkäufe. Sie dienten zur Beschaffung der notwendigen Mittel für die Auswanderung des Sohnes Arthur Hertz, nach dem Selbstmord von Hugo Hertz 1937 auch für dessen Witwe Rosa Hertz. Auch nach der Flucht der Familie in die USA und der Einziehung des Hertzschen Vermögens blieb er gegenüber den Finanzbehörden als Verwalter auskunftspflichtig (nachweislich bis 1943). Nach dem 2. Weltkrieg setzt die Aktenführung 1946 mit der Wiederaufnahme der Korrespondenz mit den Erben von Hugo Hertz wieder ein. Im Auftrag der Angehörigen der Familie Hertz wickelte er die Ansprüche auf die ihnen durch den NS-Staat entzogenen Vermögenswerte ab (1949ff). Fortan vertrat er ihre Interessen vor Privatpersonen und Behörden in Deutschland in sämtlichen Entschädigungs- und Rückerstattungsverfahren, die sich zum Teil bis weit in die 1960er Jahre (bei Adolf Rosenberg sogar bis in den frühen 1970er Jahre) hinziehen. Ferner war er mit daraus resultierenden Verwaltungsaufgaben und Nachlassregelungen betraut. Auch für Freunde der Familie Hertz bzw. deren Nachfahren war Franz Branse in all diesen Angelegenheiten als Generalbevollmächtigter bis zu seinem Tod 1983 tätig. Die Korrespondenz wurde von seiner Tochter Maria Niester, geb. Branse, ab 1987 weitergeführt. Sie endet 1998 mit dem Tod von Erna Rosenberg, geb. Hertz. Im Jahr 2019 ging dem Stadtarchiv im Rahmen einer Schenkung der private Nachlass von Franz Branse zu. Franz Branse war Buchhalter und Prokurist der Pferdehandlung Hugo Hertz und nach 1945 Vermögensverwalter der Familie Hertz. Die Abgabe erfolgte durch zwei Enkelinnen von Franz Branse, der das Vermögen der jüdischen Familie Hertz verwaltete und die Interessen der Familie Hertz nach 1945 im Rahmen von Rückerstattungsverfahren vertrat. Zu den Personen: Hugo Hertz war Pferdehändler und ansässig im Südviertel. Er besaß eine Privat-Villa an der Geiststraße 98 und zahlreiche Grundstücke an der Kerckerinck-, Stevenink- und Prinz-Eugen-Straße, die nach und nach ab 1930 verkauft werden mussten. 1937 beging er wohl auch aufgrund der Schikanen durch das NS-Regime Selbstmord. Zur Familie gehörten seine Ehefrau Rosa und die Kinder Lotte, Erne und Arthur. Ein Sohn Harry starb schon in den 1930er Jahren. Der Familie gelangt getrennt von einander die Flucht über die Niederlande bis in die USA. Sie siedelte sich in New York und Miami in Florida an Franz Branse arbeitete zunächst als Geschäftsführer und Buchhalter in der Pferdehandlung Hugo Hertz. Er regelte vor dem Krieg alle Geschäfte und Grundstücksverkäufe, unterstützte die Familie bei der Flucht und wickelte nach 1945 alle Wiedergutmachungsansprüche und Zahlungen ab und verwaltete die deutschen Konten der Familie. Zu seiner Familie gehörte die Ehefrau Aenne, früher Sekretärin bei Hertz. Der persönliche Kontakt zwischen den Familien Hertz (und verheiratete Rosenberg) sowie Branse (und Nachkommen Niester) brach nie ab. Erna Rosenberg, geb. Hertz, besuchte die Familie Branse regelmäßig in Deutschland. Die Tochter Maria von Franz Branse und verheiratete Niester pflegte den Kontakt nach dem Tod der Eltern Branse und die Korrespondenz zu Erna Rosenberg weiter. Im Besitz der Nachkommen (Enkelinnen) des Franz Branse befanden sich die Originalunterlagen der wirtschaftlichen Transaktionen. Diese wurden dem Stadtarchiv in der Hoffnung überlassen, dass die Unterlagen die Forschungen über jüdische Familien in Münster weiterführen. Die Erschließung des Nachlasses erfolgte durch Heike Scharbaum im Jahr 2020. Literatur: - Gisela Möllenhoff, Rita Schlautmann-Overmeyer, Jüdische Familien in Münster 1918 bis 1945. Teil 1: Biographisches Lexikon. Münster 1995, S. 190ff. - Anja Gussek, Neue Quellen zur jüdischen Geschichte. Ein Erschließungsprojekt des Stadtarchivs Münster. In: Archivpflege in Westfalen-Lippe 95 (2021), S. 72-74. - Heike Scharbaum, Franz Branse und die Familie Hertz. Eine jüdische Familie zwischen Zwangsenteignung und Rückerstattung (Themenabend vom 29.7.2021) https://youtu.be/h2C8gSmzhq4

Vorwort: Zitierung: StdAMs, Nachlass Branse, Nr. ...

Inhalt:
Franz Branse (26.9.1897 - 3.7.1983) war ein Vermögens- und Nachlassverwalter, wohnhaft in Münster, Kerkerinckstraße 2. Sein Nachlass umfasst bis auf eine einzelne Verzeichniseinheit seine Tätigkeit als Bevollmächtigter der Firma des jüdischen Kaufmanns Hugo Hertz aus Münster, der Angehörigen der Familie Hugo Hertz sowie von weiteren Personen aus deren familiären und privaten Umfeld resp. deren Nachfahren.
Franz Branse war seit 1922 Prokurist in der Firma des jüdischen Kaufmanns Hugo Hertz in Münster, seine Frau Aenne arbeitete dort als Sekretärin. Mit Beginn der NS-Zeit tätigte er als solcher in Folge der zunehmenden wirtschaftlichen Ausgrenzung und finanziellen Ausplünderung jüdischer Geschäftsleute die Abwicklung zahlreicher Grundstücks- und Wertpapierverkäufe. Sie dienten zur Beschaffung der notwendigen Mittel für die Auswanderung des Sohnes Arthur Hertz, nach dem Selbstmord von Hugo Hertz 1937 auch für dessen Witwe Rosa Hertz. Auch nach der Flucht der Familie in die USA und der Einziehung des Hertzschen Vermögens blieb er gegenüber den Finanzbehörden als Verwalter auskunftspflichtig (nachweislich bis 1943). Nach dem 2. Weltkrieg setzt die Aktenführung 1946 mit der Wiederaufnahme der Korrespondenz mit den Erben von Hugo Hertz wieder ein. Im Auftrag der Angehörigen der Familie Hertz wickelte er die Ansprüche auf die ihnen durch den NS-Staat entzogenen Vermögenswerte ab (1949ff). Fortan vertrat er ihre Interessen vor Privatpersonen und Behörden in Deutschland in sämtlichen Entschädigungs- und Rückerstattungsverfahren, die sich zum Teil bis weit in die 1960er Jahre (bei Adolf Rosenberg sogar bis in den frühen 1970er Jahre) hinziehen. Ferner war er mit daraus resultierenden Verwaltungsaufgaben und Nachlassregelungen betraut. Auch für Freunde der Familie Hertz bzw. deren Nachfahren war Franz Branse in all diesen Angelegenheiten als Generalbevollmächtigter bis zu seinem Tod 1983 tätig. Die Korrespondenz wurde von seiner Tochter Maria Niester, geb. Branse, ab 1987 weitergeführt. Sie endet 1998 mit dem Tod von Erna Rosenberg, geb. Hertz.

Im Jahr 2019 ging dem Stadtarchiv im Rahmen einer Schenkung der private Nachlass von Franz Branse zu. Franz Branse war Buchhalter und Prokurist der Pferdehandlung Hugo Hertz und nach 1945 Vermögensverwalter der Familie Hertz. Die Abgabe erfolgte durch zwei Enkelinnen von Franz Branse, der das Vermögen der jüdischen Familie Hertz verwaltete und die Interessen der Familie Hertz nach 1945 im Rahmen von Rückerstattungsverfahren vertrat.
Zu den Personen:
Hugo Hertz war Pferdehändler und ansässig im Südviertel. Er besaß eine Privat-Villa an der Geiststraße 98 und zahlreiche Grundstücke an der Kerckerinck-, Stevenink- und Prinz-Eugen-Straße, die nach und nach ab 1930 verkauft werden mussten. 1937 beging er wohl auch aufgrund der Schikanen durch das NS-Regime Selbstmord. Zur Familie gehörten seine Ehefrau Rosa und die Kinder Lotte, Erne und Arthur. Ein Sohn Harry starb schon in den 1930er Jahren. Der Familie gelangt getrennt von einander die Flucht über die Niederlande bis in die USA. Sie siedelte sich in New York und Miami in Florida an
Franz Branse arbeitete zunächst als Geschäftsführer und Buchhalter in der Pferdehandlung Hugo Hertz. Er regelte vor dem Krieg alle Geschäfte und Grundstücksverkäufe, unterstützte die Familie bei der Flucht und wickelte nach 1945 alle Wiedergutmachungsansprüche und Zahlungen ab und verwaltete die deutschen Konten der Familie. Zu seiner Familie gehörte die Ehefrau Aenne, früher Sekretärin bei Hertz.
Der persönliche Kontakt zwischen den Familien Hertz (und verheiratete Rosenberg) sowie Branse (und Nachkommen Niester) brach nie ab. Erna Rosenberg, geb. Hertz, besuchte die Familie Branse regelmäßig in Deutschland. Die Tochter Maria von Franz Branse und verheiratete Niester pflegte den Kontakt nach dem Tod der Eltern Branse und die Korrespondenz zu Erna Rosenberg weiter.
Im Besitz der Nachkommen (Enkelinnen) des Franz Branse befanden sich die Originalunterlagen der wirtschaftlichen Transaktionen. Diese wurden dem Stadtarchiv in der Hoffnung überlassen, dass die Unterlagen die Forschungen über jüdische Familien in Münster weiterführen.

Die Erschließung des Nachlasses erfolgte durch Heike Scharbaum im Jahr 2020.

Literatur:
- Gisela Möllenhoff, Rita Schlautmann-Overmeyer, Jüdische Familien in Münster 1918 bis 1945. Teil 1: Biographisches Lexikon. Münster 1995, S. 190ff.
- Anja Gussek, Neue Quellen zur jüdischen Geschichte. Ein Erschließungsprojekt des Stadtarchivs Münster. In: Archivpflege in Westfalen-Lippe 95 (2021), S. 72-74.
- Heike Scharbaum, Franz Branse und die Familie Hertz. Eine jüdische Familie zwischen Zwangsenteignung und Rückerstattung (Themenabend vom 29.7.2021) https://youtu.be/h2C8gSmzhq4

Bestandssignatur
Stadtarchiv Münster, NL Branse/Hertz

Kontext
Stadtarchiv Münster (Archivtektonik) >> Nichtamtliches Archivgut >> Nachlässe natürlicher Personen, Familien- und Hofarchive >> Nachnamen A - C

Bestandslaufzeit
[1925-01-01/1998-12-31]

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Letzte Aktualisierung
16.02.2024, 07:56 MEZ

Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • [1925-01-01/1998-12-31]

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