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Landesarchiv Thüringen – Hauptstaatsarchiv Weimar#Kunst und Wissenschaft - Hofwesen
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146
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NZfM 61 (Nr. 24, 16.6.1865), S. 207 sowie 61 (Nr. 25, 16.6.1865), S. 216f.: "Auch in diesem Werke, dessen Autor unbedingter Anhänger der Wagner'schen Theorien, tritt uns ein reichbegabter Künstler entgegen, dessen musikalisches Können und Wollen ein vorzügliches genannt werden kann. Schon die Ouvertüre bietet in ihrer geistreichen Form manches Anziehende und Ungewöhnliche, dürfte aber im Concertsaale wegen ihrer engen Beziehung zum Drama ohne genauere Kenntniß des Stoffes weniger verstanden werden. Die erste Scene des ersten Aufzugs beginnt mit einem kräftigen Chor: „Des Glaubens Schild, des Ruhmes Hort", worin das Volk von Castilien die trefflichen Eigenschaften seines Königs Fernando preist. Daran reiht sich ein Chor der Edlen: „Fest und streng am heim'schen Heerde". Nach der Anklage Ximenes ertönt abermals ein Volkschor: „Campeador, kampfbereit", woran sich ein sehr gelungenes Quartett zwischen Diaz, Amene, Fernando und Alvar Fanez schließt. Ueberhaupt bilden die Ensemblestücke einen Höhepunct der Oper; der Componist ist Meister des polyphonen Styls. Nur hätten wir ihm gern einen viel stärker besetzten Chor gewünscht, damit seine Intentionen noch deutlicher und wirkungsvoller hervortreten konnten. Andererseits müssen wir hervorheben, daß unser Chor das Möglichste leistete — ein Streben, das alle Mitwirkende [...], namentlich auch die Capelle, die unter Musikdir. Stör's tüchtiger Leitung bedeutend ins Feuer ging, sichtlich beseelte. Der vom Volke angestimmte Preisgesang seines Helden verdient in der That den reichen Beifall, der ihm zu Theil wurde. Eine sehr dankbare und schön ausgeführte Partie ist die des Bischofs; vorzüglich gelungen ist die ergreifende Stelle der Ximene: „Scbweb' über mir, oh zürnender Geist!" Die orchestrale Begleitung ist hier sehr charakteristisch und hochbedeutend. Frau v. Milde wußte diese Stelle schön zur Geltung zu bringen. Auch die darauf folgende Scene, worin Ximene das Heldenschwert des Cid auf den Altar des Vaterlandes legt, machte einen ungewöhnlich ergreifenden Eindruck. Der erste Aufzug wird durch die Aufforderung des Volkes an Diaz, den verderblichen Einfalle der Mauren siegreich zu begegnen, während der Held das Wunderschwert übernimmt und sein Möglichstes im Kampfe zu leisten verspricht, effektvoll abgeschlossen. Mit diesem Acte war der Erfolg des Werkes so gut wie entschieden; das Publicum war in eine weit über das gewöhnliche Niveau steigende Stimmung erhoben. Der Autor sowol als Frau v. Milde wurden unter stürmischem Beifall gerufen. […] Indem wir nunmehr in den vorstehenden Zeilen diese neue Oper von Cornelius als einen ausgezeichnet glücklichen Wurf bezeichnet haben, wollen wir andrerseits schließlich auch Einiges berühren, was sich uns bei kühlerer Betrachtung des Welkes herausgestellt hat. Wenn auch die Instrumentation überall das Streben durchblicken läßt, stets charaktervoll und selbstständig zu sein, so wirkt sie doch öfters, namentlich beim Einzelgesang zu massenhaft und erdrückend. Auch will uns bedünken, daß die gesanglichen Anforderungen mitunter etwas zu stark sind. Schon während der Proben mußte der Componist Vieles sanglicher gestalten. Der dramatische Fortgang des zweiten und dritten Actes scheint uns ferner nicht auf gleicher Höhe mit dem ersten zu stehen; hier macht sich ein Stillstand fühlbar, den auch die lebendigste und dramatisch wirksamste Musik nicht gänzlich vergessen machen kann. Den Conflict hören wir nur, aber wir sehen ihn nicht. Vielleicht wäre durch eine weitere Ausspinung des im zweiten Acte nur angedeuteten Moments, den Haß der Ximene durch Alvar, die Liebe durch Luyn Calvo nähren zu lassen, eine äußere Darlegung des Conflictes möglich und damit eine schärfere Charakteristik der einzelnen Personen geboten gewesen. In der jetzigen Fassung erfährt man leider nicht, ob Alvar die Ximene liebt oder in ihrer Vertheidigung nur seine Ritterpflicht erfüllt; ob Luyn Calvo nur als Priester zum Frieren räth oder als Oheim die Liebe seines Neffen begünstigen will. Der Held des Dramas wird zwar laut besungen, kämpft und handelt aber stets hinter der Scene. Die bedeutendste, mit sichtlicher Liebe ausgestaltete Hauptpartie ist die der Ximene. Abgesehen von diesen individuellen Ausstellungen halten wir das fragliche Werk für ein aus höchsten Kunststreben geborenes, lief ernstes und deshalb hochachtungswerthes und wünschen ihm überall gleich günstigen Erfolg wie in Weimar. [A. W. G.] Neue Berliner Musikzeitung 19 (Nr. 22, 31.5.1865), S. 173f.: "Endlich hörten wir gestern die schon längst erwartete Oper „Der Cid" von Peter Cornelius aus München. Ein Werk dieses Künstlers bot gerade für Weimar ungewöhnliches Interesse, einmal schon, weil der Componist längere Zeit hier gelebt, sodann, weil das Werk im Style Wagner's, dem hier mit besonderer Vorliebe von Franz Liszt cultivirten Opernregenerator, gehalten ist, und endlich, weil das Erstlingswerk des betreffenden Künstlers: „Der Barbier von Bagdad", obwohl kein Meisterwerk, dennoch aber ein hochachtbares Streben bekundend, hier ein unverdient hartes Schicksal erlebte, das der als Mensch liebenswürdige und bescheidene „Lisztianer" am allerwenigsten verdient hätte. Obgleich dem Componisten ziemlich fern stehend und von absprechenden Urtheilen, die sich freilich auch bei Wagner's und Liszt's Werken geltend zu machen suchten, anfänglich mehrfach berührt, können wir dennoch nicht leugnen, dass wir bei dem uns bekannten ernsten Streben des genannten Künstlers Bedeutendes erwarteten. Und wir müssen gestehen, dass unsere Hoffnung bei weitem übertroffen worden ist; Peter Cornelius hat ein lyrisches Drama geschaffen, das „Gluth und Seele hat", von dem wir glauben, „dass es bleibt". Gegen den „Barbier von Bagdad" gehalten, müssen wir in der neuen dramatischen Leistung des Münchener Künstlers, sowohl in textlicher als musikalischer Hinsicht, einen entschiedenen Fortschritt zugestehen, und es war demgemäss kein Wunder, dass das talentvolle Werk, trotz des ernsten Charakters, einen aussergewöhnlichen reichen Beifall erzielte. Der talentvolle Dichter-Componist wurde sammt den Hauptdarstellern […] nach jedem Acte unter stürmischem Beifalle gerufen, und es ist gewiss für den jungen Meister eine süsse Genugthuung gewesen, an der Stelle, wo ihm früher von einer übelwollenden Clique eine tiefe Wunde geschlagen wurde, begeisterungsvolles Verständniss zu finden. Zwar glauben wir nicht, dass sein Werk von allen Hörern nach einmaliger Vorführung gebührend gewürdigt worden ist, dazu ist es zu complicirt, zu ernst, keusch und tief. Von dem alten Opernkrimskrams ist keine Spur zu finden, überall herrscht das ernste Streben nach psychologischer Wahrheit vor, prächtige Declamation, entschiedene meisterhafte charakteristische polyphone Behandlung des Orchesters […] und der chorischen Stimme (die Chöre bilden einen Höhepunkt der Oper und sind bisweilen von vergnüglichem Werthe). Obwohl ein stetes Anlehnen an Wagner's Schöpfungen sicht- und hörbar ist, so bemerkt man doch Überall das lobenswertbe Streben, auf eigenen Füssen zu stehen und zu geben, freilich wird manchem Philister das, was wir als Originalität kennzeichnen wollen, als geschraubtes und barockes Wesen erscheinen; doch dem sei, wie ihm wolle, auch in dieser Hinsicht zeigt die Cornelius'sche Leistung ein hochachtbares Streben. Einige entferntere Anklänge, namentlich im 3. Acte („Lohengrin") würden im Interesse des Werkes mit nicht grosser Mühe zu entfernen sein." Weimarische Zeitung Nr. 123, 27. Mai 1865, S. 1f. [über DER CID]: Die Vorstellung fand in Anwesenheit des Dichters statt. Weimarische Zeitung Nr. 124, 28. Mai 1865, S. 1 [über DER CID]: „Die musikalische Leitung des Herrn Musikdirektor STÖR war eben so präzis als künstlerisch durchdacht, die szenische Anordnung eben so lebendig als plastisch.“
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urn:nbn:de:urmel-6458db50-eb62-46f9-a512-7f276e6f36504-00031979-18
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21.04.2023, 10:51 AM CEST
Data provider
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Object type
- Theaterzettel ; Text
Associated
Time of origin
- 1865-05-21