Bestand

170/65 - Nachlassunterlagen Möllinger/Finger (Pfeddersheim) (Dep.) (Bestand)

Vorwort: Abt. 170/65 Nachlassunterlagen Möllinger/Finger (Pfeddersheim)
Umfang: 9 Archivkartons, zwei Überformate = 50 Verzeichnungseiheiten = 1,5 lfm
Laufzeit: 1716 - 1965, Schwerpunkt 1791 - 1900
Übernahme:
Übernahme und Abschluss eines Depositalvertrag am 19.07.2023 bwi bzw. mit Herrn Matthias Müller, Paternusstr. 57, 67551 Worms-Pfeddersheim, die Unterlagen stammen aus dem von Herrn Müller gekauften Anwesen Paternusstr. 57, vormals Besitz/Anwesen Weinbaubetrieb Wilfried Finger (1928-2018, bestand bis 1992, Verkauf an Eigentümer 2020).
Für den Bestand wichtige Personen (vgl. die bei VE Nr. 40 hinterlegte, neu erarbeitete Möllinger-Genealogie)
David Möllinger (* 09.02.1771 Monsheim, + 23.12.1817 Pfeddersheim, mennonitisch), Enkel des als "Vater des pfälzischen Ackerbaus" bekannten David Möllinger, zuletzt in Monsheim (* 24.01.1709 Dühren, + 24.05.1787 Monsheim); 1791 Aufbau eines Mustergutshofs in Pfeddersheim (Möllingerhof), den er von 32 Morgen auf 240 Morgen erweiterte; Verwaltungspräsident des Kantons Pfeddersheim (weitere Tätigkeiten unter franz. Verwaltung vgl. StadtA Wo Abt. 202 Nr. 389, u.a. Société royale et centrale d'agriculture); verh. mit Barbara Schumacher von Mannheim (*1769 Monsheim, + 1809 Pfeddersheim)
- sein Sohn:
Johannes (Jean) Möllinger (* 28.09.1791 Pfeddersheim, + 10.06.1836 Pfeddersheim, mennonitisch), Gutsbesitzer, Ökonom, langjähriger Bürgermeister in Pfeddersheim; Abgeordneter (liberal) der 2. Kammer der Landstände im Großherzogtum Hessen von 1826 - 1830 für den Wahlbezirk Rheinhessen 7 Pfeddersheim [Quelle: https://www.lagis-hessen.de/pnd/1163786004 und https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_M%C3%B6llinger_(Politiker) ; beide Stand: 06.10.2023]; verh. in 1. Ehe mit Elisabetha M. geb. Möllinger (* 1795 Monsheim, + 1817 Pfeddersheim), in 2. Ehe mit ihrer Schwester Barbara M. geb. Möllinger (* 1798 Monsheim, + 1861 Pfeddersheim)
- Johannes Möllingers (1791-1836) Sohn aus 1. Ehe mit Elisabetha geb. Möllinger:
David Möllinger (* 08.01.1813 Pfeddersheim, + 31.05.1868 im Landeshospital Hofheim), Gutsbesitzer, langjähriger Bürgermeister in Pfeddersheim (sein Nachfolger im Amt wird 1845 Simon Hartmeier); verh. mit Catharina Elisabetha M. geb. Vogel (* 1814 Darmstadt, + XXXX) bei ihr müsste ich dann noch versuchen das Sterbedatum zu ermitteln
- Johannes Möllingers (1791-1836) ältester Sohn aus 2. Ehe mit Barbara geb. Möllinger:
Johann Albert Möllinger (* 16.09.1823 Pfeddersheim; + 30.04.1906 Pfeddersheim, mennonitisch); Ökonom, Gutsbesitzer, Bürgermeister in Pfeddersheim; Mitglied der 2. Kammer des Landtags des Großherzogtums Hessen (1862-1872 für die Deutsche Fortschrittspartei im Wahlbezirk Rheinhessen 8 Pfeddersheim, 1872-1906 für die Nationalliberale Partei im Wahlbezirk Rheinhessen 1 Pfeddersheim), 18 Jahre Präsident der Landwirtschaftskammer Rheinhessen [Quelle: https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/bio/id/3414 ]; verh. mit Barbara Elisabetha Catharina Angelica M. geb. Möllinger (*1839 Pfeddersheim, + 1939 Pfeddersheim)
- Cousin der beiden Stiefbrüder:
Christian Ernst Finger (* 28.01.1857 Monsheim, + 06.05.1945 Pfeddersheim, mennonitisch), Enkel der Maria Möllinger [Großcousine des David Möllinger 1813-1868], die in zweiter Ehe mit dem Obermüller Daniel Finger verheiratet war; Landwirt und Mühlenbesitzer in Pfeddersheim, (erstmals) 1906 Bürgermeister in Pfeddersheim [als Nachfolger für Johann Albert Möllinger], Mitglied des Kreisausschusses Worms, 1906-1918 Mitglied (nationalliberal) der 2. Kammer des Landtages des Großherzogtums Hessen für den Wahlbezirk Rheinhessen 1 Pfeddersheim [als Nachfolger für Johann Albert Möllinger]; [Quelle: https://parlamente.hessen.de/abgeordnete/117985845x-finger-ernst-chris, Stand: 06.10.2023]; verh. mit Katharina Hartmeier (ev.); [Hinweis: sein Onkel war Staatsminister Jakob Finger (1825-1904), Staatsminister des Großherzogtums Hessen https://de.wikipedia.org/wiki/Jakob_Finger; Stand: 07.10.2023]
- sein Schwiegervater
Philipp Ludwig Hartmeier (* 11.12.1825 Pfeddersheim, + 26.02.1893 Pfeddersheim), Gutsbesitzer und Bürgermeister in Pfeddersheim, So. des Gutsbesitzers und Bürgermeisters Simon Hartmeier und der Philippina Elisabetha H. geb. Kehr; verh. mit Maria Susanna geb. Schneider, To. des Joh. Christoph Schneider, Müller der Gerstenmühle in Neuhausen, und der Susanna Maria Sch. geb. Gieser
Zur Verzeichnung
Im September 2023 wurde die Verzeichnung des Bestandes Abt. 170/65 aufgenommen und konnte nach allen hiermit verbundenen Arbeiten im Oktober 2023 abgeschlossen werden. Die Titelaufnahmen erfolgten zunächst in einer Word-Datei, aus der sie anschließend in das Archivprogramm Augias eingepflegt wurden. Es liegen insgesamt 50 VE vor, von denen jetzt 48 in neun säurefreien Archivkartons aufbewahrt werden und zusammen mit den zwei Quellen im Überformat im Archivmagazin 1,5 lfm einnehmen. Die Laufzeit des Schriftgutes reicht insgesamt von 1719 bis 1965, weist jedoch einen zeitlichen Schwerpunkt von 1791 bis 1900 auf.
Zur besseren Orientierung bei oftmals vorherrschender Namensgleichheit innerhalb der Möllinger-Familien in Monsheim und Pfeddersheim wurde im Vorfeld eine genealogische Übersicht erstellt, die während der Verzeichnung fortlaufender Ergänzung bedurfte. Hierbei griff die Bearbeiterin sowohl auf einschlägige Web-Sites zurück, als auch auf im Stadtarchiv Worms schon vorhandene Bestände mit Quellen zur Familie. Nicht zuletzt konnte besonders für das 19. Jh. Einsicht in Zivilstands- bzw. nach 1875 Personenstandsregister von Pfeddersheim (StadtA Wo Abt. 12/1 und Abt. 12/2) und Monsheim (StadtA Wo Abt. 239) genommen werden. Diese Gesamtaufstellung, für deren absolute Korrektheit keine Gewähr geleistet werden kann, da sie nur als Hilfsmittel angelegt wurde und letztendlich eine Überprüfung im Detail nicht erfolgte, wurde zum Abschluss als pdf-Datei in die Verzeichnungseinheit Nr. 40 integriert (und in der Datenbank hinterlegt), die zuletzt auf Elisabeth (Else) Möllinger in Pfeddersheim (1880-1973) zurückgeht und vor allem gesammeltes Material und Korrespondenz zur Familiengeschichte enthält.
Das Schriftgut, bestehend aus Heften, Registerbänden und lose in Bögen zusammengefassten Unterlagen, lässt sich aufgrund der Inhalte und Personennennungen auf die in Pfeddersheim ansässigen Familien Möllinger, Finger und Hartmeier zurückführen. Die Familien sind durch Heiraten verwandtschaftlich miteinander verbunden (Näheres s. oben zu den Vertretern der Familien). Bei der Verzeichnung wurden die Erst- und Folgeprovenienzen, sofern sie aus Titeln, Inhalten und Laufzeit ersichtlich waren, vermerkt. Ein großes Konvolut mit notariellen Urkunden musste unter Beibehaltung der vorgefundenen Ordnung in sieben kleinere handliche Einheiten aufgelöst werden (Abt. 170/65 Nr. 41-47), dabei wurde die Verknüpfung im Rahmen der Titelaufnahme dokumentiert. Sechs der neu gebildeten Einheiten gehen auf die Familien Finger und Hartmeier zurück. Allein Nr. 46 umfasst notarielle Akte, die die Familie Möllinger betreffen (1844-1884).
Erst nach Abschluss der Verzeichnungsarbeiten konnte eine Klassifikation auf der Grundlage von Provenienzen und Inhalten erstellt werden, d.h. schwerpunktmäßig einerseits die Ökonomieführung und andererseits Angelegenheiten der verschiedenen Familien betreffend:
1. Ökonomie Möllinger in Pfeddersheim
1.1 Journale, Rechnungen, Register
1.2 Aufzeichnungen, vorw. zu Ackerbau, Wirtschaftsführung, Grundbesitz
2. Nachlass- und Teilungsangelegenheiten: Möllinger in Pfeddersheim und Monsheim
3. Diverse Familienunterlagen u. sonstiges Schriftgut sowie Familienforschung Möllinger
4. Familien Hartmeier u. Finger, Vermögensverhältnisse und sonstige Unterlagen
Zum Inhalt
Mit der ersten Klassifikationsgruppe wird ein Schwerpunkt des Bestandes abgebildet. Die Aufzeichnungen zur Ökonomie in Pfeddersheim beginnen mit dem Zuzug des in Monsheim gebürtigen David Möllinger, Enkel des als "Vater des pfälzischen Ackerbaus" bekannten gleichnamigen David Möllinger (* 24.01.1709 Dühren, + 24.05.1787 Monsheim) in Pfeddersheim im Jahr 1791 (vgl. StadtA Wo Abt. 49 Nr. 600 und StadtA Wo Abt. 170/65 Nr. 40), wo er einen landwirtschaftlichen Musterbetrieb aufbaute. Frank Konersmann, ausgewiesener Kenner der mennonitischen Agrarwirtschaft in Rheinhessen und in der Pfalz und der hier beispielhaft wirkenden Familie Möllinger mit dem o. g. David Möllinger sen. als Vorreiter einer neuen Ära, hat sich in der Vergangenheit intensiv mit Quellen aus der Familie, die nach und nach aus Privatbesitz in der Öffentlichkeit auftauchten, befasst. In der Hoffnung, dass Konersmann in seinem Beitrag "Neue Quellenfunde über die mennonitischen Bauernfamilie Möllinger in den Rheinhessischen Dörfern Monsheim und Pfeddersheim (1746-1835)" (in: Mennonitische Geschichtsblätter, 61. Jg., 2004, S. 188-122) zufällig die jetzt im Bestand Abt. 170/65 vorliegenden Unterlagen schon gesehen und hierauf Bezug genommen hat, erfüllten sich leider nicht. Jedoch lassen seine Ausführungen, die zum einen die seit 2003 im Stadtarchiv Worms schon vorhandenen Stücke, darunter ein "Journal für David Möllinger in Pfeddersheim" (StadtA Wo Abt. 49 Nr. 2172) behandeln und darüber hinaus 19 Bücher, die E. [Elisabeth / Else] Möllinger schon 1959 an das rheinland-pfälzische Ministerium für Landwirtschaft, Weinbau und Forsten als Dauerleihgabe übergeben hat und später in die Handschriftenabteilung der Stadtbibliothek Mainz (nach Konersmann [Stand: 2004] Signatur Ms 122) gelangten, den Schluss zu, dass gerade die genannten Bücher aus dem landwirtschaftlichen Betrieb der Familie Möllinger in Pfeddersheim eng mit den kürzlich dem Stadtarchiv als Depositum anvertrauten Unterlagen in Verbindung stehen. Die 19 Bücher in Mainz, die insgesamt den Zeitraum 1801 bis 1835 umfassen, schreibt Konersmann allein David Möllinger jun. zu, der jedoch schon am 23.12.1817 in Pfeddersheim verstarb. Die Bücher wurden demnach von seinem Sohn Johann(es), auch Jean, Möllinger (1791-1836) fortgeführt, wie es auch bei verschiedenen Registern im vorliegenden Bestand zu beobachten ist. Grundlegende Einblicke gewährt in diesem Zusammenhang ein Heft "Einleitung zu den Productions Tabellen" (Abt. 170/65 Nr. 25), in dem David Möllinger jun. in "Ich"-Form detailliert die Grundlagen seiner daraufhin über Jahre geführten Produktionstabellen erläutert. Er stellt zu Beginn fest: "Es ist höchstintressant bey den verschiedenen Producten Getreyd Futter und Industriegewächsen - zu sehen, in welchem Verhältniß das Product - Körner und Stroh - stehn mit den verschiedenen dazu nöthigen Ausgaben". Hierbei berücksichtigt der Ökonom elf Ausgabeposten (u. a. auch Administrationskosten und Assekuranzprämien gegen Feld- und Hausschäden) und zwei Einnahmeposten. Die beispielhafte Ökonomieführung des Pfeddersheimers fand sogar Niederschlag im 1816 gedruckten Reisebericht des Agrarschriftstellers Johann Nepomuk (von) Schwerz "Beobachtungen über den Ackerbau der Pfälzer". Dieser publiziert Auszüge aus den Schreibebüchern mit täglichen Eintragungen des David Möllinger über seinen Agrarbetrieb, seine Branntweinbrennerei und seine Essigsiederei sowie von dem Ökonom geführte verschiedene Tabellen (vgl. Konersmann, Neue Quellen, 2004, S.118), wie sie auch in den beiden Tagbücher des Ackerbaus mit jährlichen Tabellen (von Herbst zu Herbst) in Abt. 170/65 vorhanden sind (Nr. 14, Nr. 18; insges. 1791 - 1818). Mit dem Stichjahr 1791 liegen ferner ein Hauptbuch (Nr. 4), eine Weinbau-Rechnung (Nr. 6), ein Lager-Buch (Nr. 11; untergliedert in 1. Wohnhäuser und Nebengebäude und 2. Güter in [gen.] Gemarkungen) vor. In letzterem wird gleichzeitig ein Überblick über das Pfeddersheimer Gut in seiner Entwicklung von 1791-1831 gegeben. Ab 1791 werden auch die Nahrungszettel über die Besitzungen und Güter für David Möllinger registriert, beginnend mit einem Hausplatz in der "mittleren Marcktleze". Die Branntweinbrennerei und Essigsiederei-Rechnung (Nr. 01) hingegen setzt erst 1795 (-1817) ein. Ab 14.08.1802 änderte David Möllinger hier die Rechnungsführung, nachdem er die bisherige kritisch als "durchaus nichts sagend" betrachtete, da gewisse Kosten nicht berücksichtigt worden waren.
Auch nach Übernahme des agrarwirtschaftlichen Betriebes durch seinen Sohn Johann(es) Möllinger wurden Register und Tabellen fortgeführt und Ausstände protokolliert. Eine Sammlung von Unterlagen zum Ackerbau, zur Ökonomie, zur Kartoffel-Brennerei und zu weiteren fachlichen Aspekten birgt Nr. 22 (1802-1839). Ferner finden sich darin noch aus der Provenienz von David Möllinger zahlreiche Schreiben aus dessen Verwaltungstätigkeit unter der französischen Regierung, insbesondere auch zum Thema Brennerei und der Gesetzgebung zu ihrer Besteuerung, verschiedene Ausführungen Möllingers zur Kartoffel-Brennerei (z. B. "Welchen Nutzen leisten die Kartoffel Brennereyen der Landwirtschaft?") sowie Korrespondenzen, u. a. in Verbindung mit einer Petition an den Präfekten vom 23.12.1812 wegen Modifizierung des Verbots. Hier gibt es auch ergänzende/überschneidende Quellen im Wormser Stadtarchiv in Abt. 202 Nr. 389 [mit Unternummern; ebenfalls Schriftgut aus der Provenienz der Familie Möllinger]. Gleichzeitig umfasst die VE zahlreiche Aufzeichnungen von Johann Möllinger entsprechend den väterlichen Journalen zum Ackerbau, über Pflanzensorten, Erträge, Planungen und reflektierende Überlegungen für verschiedene Maßnahmen, experimentelles Vorgehen in diversen Bereichen der Ökonomie. Das ebenfalls in Nr. 22 enthaltene "11. Brouillon-Heft vom 1. Januar 1829 bis 1833" über Viehstand, Ackerbau usw. weist auf eine Serie ähnlicher Hefte hin und deckt mit vergleichbaren Aufzeichnungen in dieser VE für die Zeiträume 1823-1825, 1825-1828 und 1827-1829 die Dokumentation zur Wirtschaftsführung von 1823-1833 ab. Von Interesse dürfte auch ein 1839 gefertigtes Verzeichnis der Bücher sein, die die Bandbreite der vorhandenen Werke aus den unterschiedlichsten Wissensgebieten (jeweils alph. nach Autoren) aufgeführt, beginnend mit Fachliteratur über Ökonomie, Botanik und Gartenbücher, über Technologie, Naturwissenschaften und Astronomie, Metereologie, über Gesetzgebung. Geschichte, Theologie usw. bis Belletristik. Bei dem Ersteller Jean Möllinger handelt es sich in diesem Fall schon um Johann Albert Möllinger in Pfeddersheim. Überraschend findet sich in der VE ein [nicht unterzeichnetes] Schreiben vom 29.06.1819 an den Verleger [Heinrich] Wilhelm Hahn in Hannover. Demnach beabsichtigte J. Möllinger mit seinem Vetter D. Schumacher, der offensichtlich viel auf Reisen war, zusätzlich gestützt auf Aufzeichnungen seines Vaters, von denen einzelne der Akte beiliegen, eine Publikation zu einer landwirtschaftlichen Beschreibung des Rheintales von Landau bis Mainz zu publizieren [bei D. Schumacher könnte es sich um David Schumacher handeln (* 28.07.1781; Branntweinbrenner und Weinhändler aus Mannheim, Schwiegersohn von Martin Möllinger); vgl. Frank Konersmann, Das Gästebuch der mennonitischen Bauernfamilie David Möllinger senior 1781-1817. Eine historisch-kritische Edition, Alzey 2009, S. 108].
Das von Konersmann Johannes Albrecht Möllinger in Monsheim zugeschriebene Buch im Stadtarchiv (StadtA Wo Abt. 200 Nr. 271; vgl. Konersmann, Neue Quellen, 2004, S. 120) dürfte ebenfalls auf vorgenannten Pfeddersheimer Johann Möllinger zurückgehen, zumal in dem Buch ein Besitzstempel "Jean Möllinger in Pfeddersheim" darauf hinweist.
Zwei besonders aussagekräftige Quellen (gebundene Überformate, Nr. 49, Nr. 50) ergänzen das Akten- und Registerschriftgut zur Ökonomie. In Nr. 49 mit dem Titel "Pläne von den Aeckern des Bürgers David Moellinger in Pfeddersheim. Mai 1813" werden die einzelnen Parzellen, im Kreuzfeld und im Georgenfeld gelegen, (kol.) in ihrem Verlauf und mit Größenangabe abgebildet. Als erste Zeichnung erscheint eine Darstellung des Gebietes zwischen Herdweg im Norden und Kriegsheimerweg im Süden (Pfrimmverlauf, Gewannbegrenzungen Schaafsperch, im Schlopp, auf dem Wiesenrech, auf Biegen). Die zweite Mappe(Nr. 50) enthält Bildtafeln (durchnummeriert, fast lückenlos) mit Abbildungen zur Agrarwirtschaft mit der Ökonomie (Gebäude, landwirtschaftliches Gerät und Arbeitsprozesse wie Schnitt und Veredelung, Verarbeitung von Kartoffeln usw.).
Die zweite Klassifikationsgruppe umfasst eine reichhaltige Überlieferung über Nachlass- und Teilungsangelegenheiten der Familien Möllinger in Pfeddersheim und Monsheim. Einige Akten haben ihren Ursprung in der Aufteilung der Vermögensgemeinschaft der Gebrüder Christian Möllinger (1750-1806) und Martin Möllinger (1747-1794) in Monsheim. Letzterer war der Vater des 1791 nach Pfeddersheim übergesiedelten David Möllinger (1771-1817). Als Curator der Vermögensmasse fungierte Johann Möllinger (1789-1864), Sohn des Christian Möllinger. In Pfeddersheim mussten dann wegen der zweimaligen Eheschließung des Pfeddersheimer Johann Möllinger (1791-1836), mit Töchtern des Christian Möllinger und der Agnes M. geb. Würtz, Elisabetha (err. 1793-1817) und Barbara [verw.] (1798-1861) und den daraus hervorgehenden Nachkommen das Erbe abgewickelt werden unter Berücksichtigung weiterer Begünstigter in der Verwandtschaft. Die Aufteilungen erfolgten nach den gerichtlich festgelegten Loszetteln vom 27. August 1820 (Abt. 170/65 Nr. 12, 24, 27, 30, 31). Die VE Nr. 46 mit einem Bündel notarieller Urkunden zur Familie Möllinger in Pfeddersheim setzt mit der Vermögensaufteilung nach dem Tod des Johann Möllinger (+ 10.06.1836) nach gerichtlichen Entscheidungen (zunächst 1837, 1839 vgl. Nr. 9) mit der definitiven Teilung 1841 bzw. 1844 ein, da auch hier die Abkömmlinge aus beiden Ehen berücksichtigt werden mussten. Ferner enthält sie Verträge der Brüder Johann Albert (1823-1906) und Heinrich Jacob Möllinger (1831-1884), die nach dem Tod ihres Vaters (David Möllinger, 1813-1868) gemeinschaftlich die Landwirtschaft in Pfeddersheim führten. Niederschläge über Grundstücksgeschäfte der beiden Brüder mit der hessischen Ludwigsbahn in Mainz für den Bahnstrang Worms-Alzey liegen aus den 1870er Jahren der VE bei. Vermutlich bewogen gesundheitliche Gründe den ledigen Heinrich Jacob dazu, zum 1. Januar 1880 aus dieser Sozietät auszutreten, und er überließ seinem Bruder seinen Anteil an Wirtschaftsgeräten und Einrichtungen, Viehstand, an Hausmobilien und Vorräten zum Alleineigentum. Wenige Monate vor seinem Tod (+ 11.12.1884) übertrug der Jüngere dann am 21.09.1884 noch seine sämtlichen Fahrnis (unter dem Titel des Kaufs/Verkaufs, unter Vorbehalt des Nießbrauchs) an seinen Bruder.
In die dritte Klassifikationsgruppe wurden Unterlagen von und zur Familie Möllinger eingebunden, auch zur Familiengeschichte gesammeltes Material. Darüber hinaus wurde hier Schriftgut zugeordnet, von dem angenommen werden kann, dass es aus dem Haushalt Möllinger stammen könnte, z. B. Handarbeitsanleitungen, die eventuell Barbara Elisabetha Catharina Angelica Möllinger, Ehefrau des Johann Albert Möllinger oder Else Möllinger zugeschrieben werden könnten (Abt. 170/65 Nr. 03, Nr. 08) und einzelne Druckschriften, darunter auch solche mit Bezug zu familiären Ereignissen (Nr. 35, Nr. 23). Eine bunte Mischung an gesammelten Papieren zur Familiengeschichte Originale und Abschriften sowie Korrespondenzen, die auf Kontakte der Else Möllinger zurückgehen und Auskunft u. a. zu Namensträger Möllinger in der Schweiz und Amerika und angeheiratete Familien geben, befinden sich in Nr. 40. Urkundenabschriften betreffen die von Georg Ernst Ludwig Graf von Leiningen-Westerburg erteilte Genehmigung zur Niederlassung des David Möllinger 1743 in Monsheim, andere Schriftstücke den Zuzug seines gleichnamigen Enkels 1791 in Pfeddersheim. In einem Brief (Abschrift) schildert Marquis St. Arnault ausführlich seine Beobachtungen während seines Besuchs im Gut des David Möllinger in Monsheim und tags darauf in Worms (03./04.09.1777). Erwähnenswert sind aus dieser VE auch Schriftstücke, die sich mit der Verwendungsmöglichkeit der Wiedertäufer bzw. deren Verbot des Waffentragens befassen (Nationalkonvent, 1793; Brudergemeinde in Amsterdam, 1803). Auch einzelne notarielle Urkunden liegen in dieser Sammlung vor, die eine Zeitspanne von 1743 bis 1965 (mit Lücken) aufweist. Aus den Jahren 1814/15 werden lose kolorierte Zeichnungen verschiedener Pflanzen von Johann / Jean Möllinger in Nr. 37 vorgehalten. Die Zeichnungen sind mit Jean Möllinger signiert, einige Zeichnungen mit Fr. Jung.
Dieser Klassifikationsgruppe wurden außerdem verschiedene außergewöhnliche Stücke zugeordnet, die wohl auch aus Möllinger-Provenienz stammen. Das älteste Stück (Nr. 39), eine Original-Pergamenturkunde aus dem Jahr 1716, wurde von Johann Friedrich Graf zu Leiningen-Dagsburg [-Hartenburg] ausgestellt über ein Kapitalgeschäft der Gemeinde Groß-Bockenheim mit dem Domstift Speyer. Über welchen Weg diese Quelle in den Besitz der Familie Möllinger gelangt ist, darüber kann nur spekuliert werden, z. B. über David Möllinger sen. als Leininger Untertan oder über den Pfeddersheimer David Möllinger aus seiner franz. Verwaltungstätigkeit, da sich ein Registrierungsvermerk von 1799 auf der Urkunde befindet. Zweifellos stammt in Zusammenhang mit dieser Tätigkeit ein Blatt (Nr. 48) mit 26 Siegellackstempeln der Gemeinden des Kantons Pfeddersheim und dem Abdruck des Kantonsstempels. Eine außergewöhnliche VE (Nr. 38) enthält 23 Stiche von dem Kupferstecher Wilhelm Christian Rücker (1720-1774). Abgebildet werden Denkmäler, Inschriften, Grabmäler u. Ä., außerdem gehören eine Landschaftsdarstellung zu dieser Sammlung, ein Blatt "Hoechster Bogen der Wasserleitung zu Mainz" und ein Blatt "Der EichelBerg" [online sind einige Stiche des Eichelbergs zu finden, die jedoch nicht dem hier vorliegenden entsprechen; Stand: 09.10.2023]. Die Stiche scheinen zu einem Gesamtwerk zu gehören, sie weisen eine nahezu komplette Serie an Abbildungstafeln (Tab. I bis Tab XXVI) auf mit jeweiliger Seitenzahl des Gesamtwerkes.
Allein die vierte Klassifikationsgruppe betrifft die Familien Finger und Hartmeier. Die Verzeichnungseinheiten, von denen sechs aus einem großen Konvolut während der Verzeichnung gebildet wurden, enthalten fast ausschließlich notarielle Urkunden, die vorwiegend auf Philipp Ludwig Hartmeier zurückgehen, einige auf Ernst Christian Finger. Eine große Anzahl an Urkunden über unterschiedlichste Rechtsgeschäfte betreffen Bürger in benachbarten Gemeinden. Von Interesse ist vor allem die VE Nr. 47, da hierin Kaufakte und nachbarschaftliche Absprachen zu dem Anwesen des Philipp Ludwig Hartmeier enthalten sind mit zugehörigen früheren Urkunden der Vorbesitzer. Am 4. Dezember 1852 erwarb Hartmeier das Haus (später Ernst-Ludwig-Str. 27, ab 1972 Paternusstraße 27) von Maria Pauli, Witwe des Notars Friedrich Wilhelm Pauli, der zwei nebeneinanderliegende Hofraiten 1830 und 1838 gekauft und zu einem großen Besitz verbunden hatte. Daneben sind weitere private Urkunden in Nr. 47 enthalten, so der Ehevertrag Hartmeiers vom 07. Juni 1854 und Loszettel aus verschiedenen Nachlässen der Familie zu seinen Gunsten. Ergänzend hierzu ist VE Nr. 21 zu sehen mit dem Nachlassinventar (Okt. 1849) des in Worms verstorbenen Rentners Johann Adam Schneider (+ 10.07.1849 Worms), vermutlich Großvater der Hartmeierschen Ehefrau Susanna Maria Schneider, Tochter des Johann Christoph Schneider, Müller der Gerstenmühle in Neuhausen.
Ein Haushaltsbuch (Nr. 33) enthält als Journal über Kapital und Zinseinnahmen und -ausgaben angelegt, wohl aus späterer Zeit zusätzlich Koch- und Backrezepte.
Bedeutung des Bestandes
Vorliegender Bestand bietet wertvolle Ergänzungen zu früheren erhaltenen Überlieferungen der auf den Agrarreformer David Möllinger in Monsheim zurückgehenden Familien Möllinger, in diesem Fall vor allem auf dessen Enkel David Möllinger, der ab 1791 in Pfeddersheim ein Mustergut aufgebaut hat, und dessen Nachkommen. Register und Tabellen zur Ökonomie, die in der Stammlinie über Johann Möllinger (1791-1836), David Möllinger (1813-1868) und dessen Sohn Johann Albert Möllinger - zeitweise in Sozietät mit seinem Bruder Heinrich Jacob - geführt wurde, lassen sich hier nachvollziehen, wobei der Schwerpunkt des schriftlichen Niederschlags die Ökonomie betreffend im Zeitraum 1791-1836. Der Aufbau und die Wirtschaftsführung im Möllingerhof in Pfeddersheim lassen sich anhand der jetzt vorliegenden neuen Quellen in Verbindung mit den oben erwähnten in der Stadtbibliothek Mainz aufbewahrten Schreibebücher nun über Jahrzehnte verfolgen. Über das Gut unter Führung der Brüder Johann Albert und Heinrich Jacob Möllinger gibt darüber hinaus Wilhelm Ziegler in seiner Schrift "Landwirtschaftliche Reise durch Deutschland im Sommer 1861" Auskunft, die sich in der Handschriftenabteilung des Wormser Stadtarchivs (Abt. 200 Nr. 271) befindet. Ziegler berichtet hier quasi "aus erster Hand", da er zwei Jahre als Praktikant im Gut Möllinger beschäftigt war (vgl. Konersmann, Neue Quellen, 2004, S. 120).
Das übernommene Schriftgut zur Familie Hartmeier, die durch Eheschließung über Christian Ernst Finger als Enkel der Maria Finger geb. Möllinger, in den Familienverband Möllinger in Pfeddersheim hinzukam, hingegen umfasst nahezu ausschließlich notarielle Urkunden, die Vermögens- und Besitzverhältnisse dokumentieren.
Worms, im Oktober 2023
Margit Rinker-Olbrisch
Ergänzende Bestände im Stadtarchiv Worms
Abt. 49 Gemeindearchiv Pfeddersheim
Abt. 200 Handschriften (mit Einzelstücken aus der Provenienz Möllinger)
Abt. 202 Kleine Erwerbungen (mit Einzelstücken aus der Provenienz Möllinger)
Literaturauswahl:
Frank Konersmann, Neue Quellenfunde über die mennonitischen Bauernfamilie Möllinger in den Rheinhessischen Dörfern Monsheim und Pfeddersheim (1746-1835), in: Mennonitische Geschichtsblätter, 61. Jg., 2004, S. 188-122)
Frank Konersmann, Das Gästebuch der mennonitischen Bauernfamilie David Möllinger senior 1781-1817. Eine historisch-kritische Edition, Alzey 2009,
Frank Konersmann, Das Journal von David Möllinger senior und seinem Sohn Christian in Monsheim (1746-1809), in: Der Wormsgau 27/2009, S. 87-91
Frank Konersmann, Beitrag im Mennonitischen Lexikon http://www.mennlex.de/doku.php?id=art:moellinger_sr._david [Stand: 10.10.2023], hier auch zahlreiche weiterführende Quellen- und Literaturangaben
Johann Nepomuk (von) Schwerz, Beobachtungen über den Ackerbau der Pfälzer, Berlin, 1816

Zitierhinweis: Abt. 170/65

Bestandssignatur
Stadtarchiv Worms, 170/65

Kontext
Stadtarchiv Worms (Archivtektonik) >> Nachlässe/Nachlass-Splitter

Bestandslaufzeit
ca. 1780 - 1920

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Letzte Aktualisierung
15.12.2023, 14:57 MEZ

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Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • ca. 1780 - 1920

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