Bestand
170/65 - Nachlassunterlagen Möllinger/Finger (Pfeddersheim) (Dep.) (Bestand)
Vorwort: Abt.
170/65 Nachlassunterlagen Möllinger/Finger
(Pfeddersheim)
Umfang: 9 Archivkartons,
zwei Überformate = 50 Verzeichnungseiheiten = 1,5
lfm
Laufzeit: 1716 - 1965, Schwerpunkt
1791 - 1900
Übernahme:
Übernahme und Abschluss eines Depositalvertrag
am 19.07.2023 bwi bzw. mit Herrn Matthias Müller,
Paternusstr. 57, 67551 Worms-Pfeddersheim, die
Unterlagen stammen aus dem von Herrn Müller
gekauften Anwesen Paternusstr. 57, vormals
Besitz/Anwesen Weinbaubetrieb Wilfried Finger
(1928-2018, bestand bis 1992, Verkauf an Eigentümer
2020).
Für den Bestand wichtige Personen
(vgl. die bei VE Nr. 40 hinterlegte, neu erarbeitete
Möllinger-Genealogie)
David Möllinger (*
09.02.1771 Monsheim, + 23.12.1817 Pfeddersheim,
mennonitisch), Enkel des als "Vater des pfälzischen
Ackerbaus" bekannten David Möllinger, zuletzt in
Monsheim (* 24.01.1709 Dühren, + 24.05.1787
Monsheim); 1791 Aufbau eines Mustergutshofs in
Pfeddersheim (Möllingerhof), den er von 32 Morgen
auf 240 Morgen erweiterte; Verwaltungspräsident des
Kantons Pfeddersheim (weitere Tätigkeiten unter
franz. Verwaltung vgl. StadtA Wo Abt. 202 Nr. 389,
u.a. Société royale et centrale d'agriculture);
verh. mit Barbara Schumacher von Mannheim (*1769
Monsheim, + 1809 Pfeddersheim)
- sein
Sohn:
Johannes (Jean) Möllinger (*
28.09.1791 Pfeddersheim, + 10.06.1836 Pfeddersheim,
mennonitisch), Gutsbesitzer, Ökonom, langjähriger
Bürgermeister in Pfeddersheim; Abgeordneter
(liberal) der 2. Kammer der Landstände im
Großherzogtum Hessen von 1826 - 1830 für den
Wahlbezirk Rheinhessen 7 Pfeddersheim [Quelle:
https://www.lagis-hessen.de/pnd/1163786004 und
https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_M%C3%B6llinger_(Politiker)
; beide Stand: 06.10.2023]; verh. in 1. Ehe mit
Elisabetha M. geb. Möllinger (* 1795 Monsheim, +
1817 Pfeddersheim), in 2. Ehe mit ihrer Schwester
Barbara M. geb. Möllinger (* 1798 Monsheim, + 1861
Pfeddersheim)
- Johannes Möllingers
(1791-1836) Sohn aus 1. Ehe mit Elisabetha geb.
Möllinger:
David Möllinger (* 08.01.1813
Pfeddersheim, + 31.05.1868 im Landeshospital
Hofheim), Gutsbesitzer, langjähriger Bürgermeister
in Pfeddersheim (sein Nachfolger im Amt wird 1845
Simon Hartmeier); verh. mit Catharina Elisabetha M.
geb. Vogel (* 1814 Darmstadt, + XXXX) bei ihr müsste
ich dann noch versuchen das Sterbedatum zu
ermitteln
- Johannes Möllingers
(1791-1836) ältester Sohn aus 2. Ehe mit Barbara
geb. Möllinger:
Johann Albert Möllinger
(* 16.09.1823 Pfeddersheim; + 30.04.1906
Pfeddersheim, mennonitisch); Ökonom, Gutsbesitzer,
Bürgermeister in Pfeddersheim; Mitglied der 2.
Kammer des Landtags des Großherzogtums Hessen
(1862-1872 für die Deutsche Fortschrittspartei im
Wahlbezirk Rheinhessen 8 Pfeddersheim, 1872-1906 für
die Nationalliberale Partei im Wahlbezirk
Rheinhessen 1 Pfeddersheim), 18 Jahre Präsident der
Landwirtschaftskammer Rheinhessen [Quelle:
https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/bio/id/3414
]; verh. mit Barbara Elisabetha Catharina Angelica
M. geb. Möllinger (*1839 Pfeddersheim, + 1939
Pfeddersheim)
- Cousin der beiden
Stiefbrüder:
Christian Ernst Finger (*
28.01.1857 Monsheim, + 06.05.1945 Pfeddersheim,
mennonitisch), Enkel der Maria Möllinger
[Großcousine des David Möllinger 1813-1868], die in
zweiter Ehe mit dem Obermüller Daniel Finger
verheiratet war; Landwirt und Mühlenbesitzer in
Pfeddersheim, (erstmals) 1906 Bürgermeister in
Pfeddersheim [als Nachfolger für Johann Albert
Möllinger], Mitglied des Kreisausschusses Worms,
1906-1918 Mitglied (nationalliberal) der 2. Kammer
des Landtages des Großherzogtums Hessen für den
Wahlbezirk Rheinhessen 1 Pfeddersheim [als
Nachfolger für Johann Albert Möllinger]; [Quelle:
https://parlamente.hessen.de/abgeordnete/117985845x-finger-ernst-chris,
Stand: 06.10.2023]; verh. mit Katharina Hartmeier
(ev.); [Hinweis: sein Onkel war Staatsminister Jakob
Finger (1825-1904), Staatsminister des
Großherzogtums Hessen
https://de.wikipedia.org/wiki/Jakob_Finger; Stand:
07.10.2023]
- sein Schwiegervater
Philipp Ludwig Hartmeier (* 11.12.1825
Pfeddersheim, + 26.02.1893 Pfeddersheim),
Gutsbesitzer und Bürgermeister in Pfeddersheim, So.
des Gutsbesitzers und Bürgermeisters Simon Hartmeier
und der Philippina Elisabetha H. geb. Kehr; verh.
mit Maria Susanna geb. Schneider, To. des Joh.
Christoph Schneider, Müller der Gerstenmühle in
Neuhausen, und der Susanna Maria Sch. geb.
Gieser
Zur Verzeichnung
Im
September 2023 wurde die Verzeichnung des Bestandes
Abt. 170/65 aufgenommen und konnte nach allen
hiermit verbundenen Arbeiten im Oktober 2023
abgeschlossen werden. Die Titelaufnahmen erfolgten
zunächst in einer Word-Datei, aus der sie
anschließend in das Archivprogramm Augias
eingepflegt wurden. Es liegen insgesamt 50 VE vor,
von denen jetzt 48 in neun säurefreien Archivkartons
aufbewahrt werden und zusammen mit den zwei Quellen
im Überformat im Archivmagazin 1,5 lfm einnehmen.
Die Laufzeit des Schriftgutes reicht insgesamt von
1719 bis 1965, weist jedoch einen zeitlichen
Schwerpunkt von 1791 bis 1900 auf.
Zur
besseren Orientierung bei oftmals vorherrschender
Namensgleichheit innerhalb der Möllinger-Familien in
Monsheim und Pfeddersheim wurde im Vorfeld eine
genealogische Übersicht erstellt, die während der
Verzeichnung fortlaufender Ergänzung bedurfte.
Hierbei griff die Bearbeiterin sowohl auf
einschlägige Web-Sites zurück, als auch auf im
Stadtarchiv Worms schon vorhandene Bestände mit
Quellen zur Familie. Nicht zuletzt konnte besonders
für das 19. Jh. Einsicht in Zivilstands- bzw. nach
1875 Personenstandsregister von Pfeddersheim (StadtA
Wo Abt. 12/1 und Abt. 12/2) und Monsheim (StadtA Wo
Abt. 239) genommen werden. Diese Gesamtaufstellung,
für deren absolute Korrektheit keine Gewähr
geleistet werden kann, da sie nur als Hilfsmittel
angelegt wurde und letztendlich eine Überprüfung im
Detail nicht erfolgte, wurde zum Abschluss als
pdf-Datei in die Verzeichnungseinheit Nr. 40
integriert (und in der Datenbank hinterlegt), die
zuletzt auf Elisabeth (Else) Möllinger in
Pfeddersheim (1880-1973) zurückgeht und vor allem
gesammeltes Material und Korrespondenz zur
Familiengeschichte enthält.
Das
Schriftgut, bestehend aus Heften, Registerbänden und
lose in Bögen zusammengefassten Unterlagen, lässt
sich aufgrund der Inhalte und Personennennungen auf
die in Pfeddersheim ansässigen Familien Möllinger,
Finger und Hartmeier zurückführen. Die Familien sind
durch Heiraten verwandtschaftlich miteinander
verbunden (Näheres s. oben zu den Vertretern der
Familien). Bei der Verzeichnung wurden die Erst- und
Folgeprovenienzen, sofern sie aus Titeln, Inhalten
und Laufzeit ersichtlich waren, vermerkt. Ein großes
Konvolut mit notariellen Urkunden musste unter
Beibehaltung der vorgefundenen Ordnung in sieben
kleinere handliche Einheiten aufgelöst werden (Abt.
170/65 Nr. 41-47), dabei wurde die Verknüpfung im
Rahmen der Titelaufnahme dokumentiert. Sechs der neu
gebildeten Einheiten gehen auf die Familien Finger
und Hartmeier zurück. Allein Nr. 46 umfasst
notarielle Akte, die die Familie Möllinger betreffen
(1844-1884).
Erst nach Abschluss der
Verzeichnungsarbeiten konnte eine Klassifikation auf
der Grundlage von Provenienzen und Inhalten erstellt
werden, d.h. schwerpunktmäßig einerseits die
Ökonomieführung und andererseits Angelegenheiten der
verschiedenen Familien betreffend:
1.
Ökonomie Möllinger in Pfeddersheim
1.1
Journale, Rechnungen, Register
1.2
Aufzeichnungen, vorw. zu Ackerbau,
Wirtschaftsführung, Grundbesitz
2.
Nachlass- und Teilungsangelegenheiten: Möllinger in
Pfeddersheim und Monsheim
3. Diverse
Familienunterlagen u. sonstiges Schriftgut sowie
Familienforschung Möllinger
4. Familien
Hartmeier u. Finger, Vermögensverhältnisse und
sonstige Unterlagen
Zum Inhalt
Mit der ersten Klassifikationsgruppe wird ein
Schwerpunkt des Bestandes abgebildet. Die
Aufzeichnungen zur Ökonomie in Pfeddersheim beginnen
mit dem Zuzug des in Monsheim gebürtigen David
Möllinger, Enkel des als "Vater des pfälzischen
Ackerbaus" bekannten gleichnamigen David Möllinger
(* 24.01.1709 Dühren, + 24.05.1787 Monsheim) in
Pfeddersheim im Jahr 1791 (vgl. StadtA Wo Abt. 49
Nr. 600 und StadtA Wo Abt. 170/65 Nr. 40), wo er
einen landwirtschaftlichen Musterbetrieb aufbaute.
Frank Konersmann, ausgewiesener Kenner der
mennonitischen Agrarwirtschaft in Rheinhessen und in
der Pfalz und der hier beispielhaft wirkenden
Familie Möllinger mit dem o. g. David Möllinger sen.
als Vorreiter einer neuen Ära, hat sich in der
Vergangenheit intensiv mit Quellen aus der Familie,
die nach und nach aus Privatbesitz in der
Öffentlichkeit auftauchten, befasst. In der
Hoffnung, dass Konersmann in seinem Beitrag "Neue
Quellenfunde über die mennonitischen Bauernfamilie
Möllinger in den Rheinhessischen Dörfern Monsheim
und Pfeddersheim (1746-1835)" (in: Mennonitische
Geschichtsblätter, 61. Jg., 2004, S. 188-122)
zufällig die jetzt im Bestand Abt. 170/65
vorliegenden Unterlagen schon gesehen und hierauf
Bezug genommen hat, erfüllten sich leider nicht.
Jedoch lassen seine Ausführungen, die zum einen die
seit 2003 im Stadtarchiv Worms schon vorhandenen
Stücke, darunter ein "Journal für David Möllinger in
Pfeddersheim" (StadtA Wo Abt. 49 Nr. 2172) behandeln
und darüber hinaus 19 Bücher, die E. [Elisabeth /
Else] Möllinger schon 1959 an das
rheinland-pfälzische Ministerium für Landwirtschaft,
Weinbau und Forsten als Dauerleihgabe übergeben hat
und später in die Handschriftenabteilung der
Stadtbibliothek Mainz (nach Konersmann [Stand: 2004]
Signatur Ms 122) gelangten, den Schluss zu, dass
gerade die genannten Bücher aus dem
landwirtschaftlichen Betrieb der Familie Möllinger
in Pfeddersheim eng mit den kürzlich dem Stadtarchiv
als Depositum anvertrauten Unterlagen in Verbindung
stehen. Die 19 Bücher in Mainz, die insgesamt den
Zeitraum 1801 bis 1835 umfassen, schreibt Konersmann
allein David Möllinger jun. zu, der jedoch schon am
23.12.1817 in Pfeddersheim verstarb. Die Bücher
wurden demnach von seinem Sohn Johann(es), auch
Jean, Möllinger (1791-1836) fortgeführt, wie es auch
bei verschiedenen Registern im vorliegenden Bestand
zu beobachten ist. Grundlegende Einblicke gewährt in
diesem Zusammenhang ein Heft "Einleitung zu den
Productions Tabellen" (Abt. 170/65 Nr. 25), in dem
David Möllinger jun. in "Ich"-Form detailliert die
Grundlagen seiner daraufhin über Jahre geführten
Produktionstabellen erläutert. Er stellt zu Beginn
fest: "Es ist höchstintressant bey den verschiedenen
Producten Getreyd Futter und Industriegewächsen - zu
sehen, in welchem Verhältniß das Product - Körner
und Stroh - stehn mit den verschiedenen dazu
nöthigen Ausgaben". Hierbei berücksichtigt der
Ökonom elf Ausgabeposten (u. a. auch
Administrationskosten und Assekuranzprämien gegen
Feld- und Hausschäden) und zwei Einnahmeposten. Die
beispielhafte Ökonomieführung des Pfeddersheimers
fand sogar Niederschlag im 1816 gedruckten
Reisebericht des Agrarschriftstellers Johann Nepomuk
(von) Schwerz "Beobachtungen über den Ackerbau der
Pfälzer". Dieser publiziert Auszüge aus den
Schreibebüchern mit täglichen Eintragungen des David
Möllinger über seinen Agrarbetrieb, seine
Branntweinbrennerei und seine Essigsiederei sowie
von dem Ökonom geführte verschiedene Tabellen (vgl.
Konersmann, Neue Quellen, 2004, S.118), wie sie auch
in den beiden Tagbücher des Ackerbaus mit jährlichen
Tabellen (von Herbst zu Herbst) in Abt. 170/65
vorhanden sind (Nr. 14, Nr. 18; insges. 1791 -
1818). Mit dem Stichjahr 1791 liegen ferner ein
Hauptbuch (Nr. 4), eine Weinbau-Rechnung (Nr. 6),
ein Lager-Buch (Nr. 11; untergliedert in 1.
Wohnhäuser und Nebengebäude und 2. Güter in [gen.]
Gemarkungen) vor. In letzterem wird gleichzeitig ein
Überblick über das Pfeddersheimer Gut in seiner
Entwicklung von 1791-1831 gegeben. Ab 1791 werden
auch die Nahrungszettel über die Besitzungen und
Güter für David Möllinger registriert, beginnend mit
einem Hausplatz in der "mittleren Marcktleze". Die
Branntweinbrennerei und Essigsiederei-Rechnung (Nr.
01) hingegen setzt erst 1795 (-1817) ein. Ab
14.08.1802 änderte David Möllinger hier die
Rechnungsführung, nachdem er die bisherige kritisch
als "durchaus nichts sagend" betrachtete, da gewisse
Kosten nicht berücksichtigt worden waren.
Auch nach Übernahme des agrarwirtschaftlichen
Betriebes durch seinen Sohn Johann(es) Möllinger
wurden Register und Tabellen fortgeführt und
Ausstände protokolliert. Eine Sammlung von
Unterlagen zum Ackerbau, zur Ökonomie, zur
Kartoffel-Brennerei und zu weiteren fachlichen
Aspekten birgt Nr. 22 (1802-1839). Ferner finden
sich darin noch aus der Provenienz von David
Möllinger zahlreiche Schreiben aus dessen
Verwaltungstätigkeit unter der französischen
Regierung, insbesondere auch zum Thema Brennerei und
der Gesetzgebung zu ihrer Besteuerung, verschiedene
Ausführungen Möllingers zur Kartoffel-Brennerei (z.
B. "Welchen Nutzen leisten die Kartoffel Brennereyen
der Landwirtschaft?") sowie Korrespondenzen, u. a.
in Verbindung mit einer Petition an den Präfekten
vom 23.12.1812 wegen Modifizierung des Verbots. Hier
gibt es auch ergänzende/überschneidende Quellen im
Wormser Stadtarchiv in Abt. 202 Nr. 389 [mit
Unternummern; ebenfalls Schriftgut aus der
Provenienz der Familie Möllinger]. Gleichzeitig
umfasst die VE zahlreiche Aufzeichnungen von Johann
Möllinger entsprechend den väterlichen Journalen zum
Ackerbau, über Pflanzensorten, Erträge, Planungen
und reflektierende Überlegungen für verschiedene
Maßnahmen, experimentelles Vorgehen in diversen
Bereichen der Ökonomie. Das ebenfalls in Nr. 22
enthaltene "11. Brouillon-Heft vom 1. Januar 1829
bis 1833" über Viehstand, Ackerbau usw. weist auf
eine Serie ähnlicher Hefte hin und deckt mit
vergleichbaren Aufzeichnungen in dieser VE für die
Zeiträume 1823-1825, 1825-1828 und 1827-1829 die
Dokumentation zur Wirtschaftsführung von 1823-1833
ab. Von Interesse dürfte auch ein 1839 gefertigtes
Verzeichnis der Bücher sein, die die Bandbreite der
vorhandenen Werke aus den unterschiedlichsten
Wissensgebieten (jeweils alph. nach Autoren)
aufgeführt, beginnend mit Fachliteratur über
Ökonomie, Botanik und Gartenbücher, über
Technologie, Naturwissenschaften und Astronomie,
Metereologie, über Gesetzgebung. Geschichte,
Theologie usw. bis Belletristik. Bei dem Ersteller
Jean Möllinger handelt es sich in diesem Fall schon
um Johann Albert Möllinger in Pfeddersheim.
Überraschend findet sich in der VE ein [nicht
unterzeichnetes] Schreiben vom 29.06.1819 an den
Verleger [Heinrich] Wilhelm Hahn in Hannover.
Demnach beabsichtigte J. Möllinger mit seinem Vetter
D. Schumacher, der offensichtlich viel auf Reisen
war, zusätzlich gestützt auf Aufzeichnungen seines
Vaters, von denen einzelne der Akte beiliegen, eine
Publikation zu einer landwirtschaftlichen
Beschreibung des Rheintales von Landau bis Mainz zu
publizieren [bei D. Schumacher könnte es sich um
David Schumacher handeln (* 28.07.1781;
Branntweinbrenner und Weinhändler aus Mannheim,
Schwiegersohn von Martin Möllinger); vgl. Frank
Konersmann, Das Gästebuch der mennonitischen
Bauernfamilie David Möllinger senior 1781-1817. Eine
historisch-kritische Edition, Alzey 2009, S.
108].
Das von Konersmann Johannes
Albrecht Möllinger in Monsheim zugeschriebene Buch
im Stadtarchiv (StadtA Wo Abt. 200 Nr. 271; vgl.
Konersmann, Neue Quellen, 2004, S. 120) dürfte
ebenfalls auf vorgenannten Pfeddersheimer Johann
Möllinger zurückgehen, zumal in dem Buch ein
Besitzstempel "Jean Möllinger in Pfeddersheim"
darauf hinweist.
Zwei besonders
aussagekräftige Quellen (gebundene Überformate, Nr.
49, Nr. 50) ergänzen das Akten- und
Registerschriftgut zur Ökonomie. In Nr. 49 mit dem
Titel "Pläne von den Aeckern des Bürgers David
Moellinger in Pfeddersheim. Mai 1813" werden die
einzelnen Parzellen, im Kreuzfeld und im Georgenfeld
gelegen, (kol.) in ihrem Verlauf und mit
Größenangabe abgebildet. Als erste Zeichnung
erscheint eine Darstellung des Gebietes zwischen
Herdweg im Norden und Kriegsheimerweg im Süden
(Pfrimmverlauf, Gewannbegrenzungen Schaafsperch, im
Schlopp, auf dem Wiesenrech, auf Biegen). Die zweite
Mappe(Nr. 50) enthält Bildtafeln (durchnummeriert,
fast lückenlos) mit Abbildungen zur Agrarwirtschaft
mit der Ökonomie (Gebäude, landwirtschaftliches
Gerät und Arbeitsprozesse wie Schnitt und
Veredelung, Verarbeitung von Kartoffeln usw.).
Die zweite Klassifikationsgruppe umfasst eine
reichhaltige Überlieferung über Nachlass- und
Teilungsangelegenheiten der Familien Möllinger in
Pfeddersheim und Monsheim. Einige Akten haben ihren
Ursprung in der Aufteilung der Vermögensgemeinschaft
der Gebrüder Christian Möllinger (1750-1806) und
Martin Möllinger (1747-1794) in Monsheim. Letzterer
war der Vater des 1791 nach Pfeddersheim
übergesiedelten David Möllinger (1771-1817). Als
Curator der Vermögensmasse fungierte Johann
Möllinger (1789-1864), Sohn des Christian Möllinger.
In Pfeddersheim mussten dann wegen der zweimaligen
Eheschließung des Pfeddersheimer Johann Möllinger
(1791-1836), mit Töchtern des Christian Möllinger
und der Agnes M. geb. Würtz, Elisabetha (err.
1793-1817) und Barbara [verw.] (1798-1861) und den
daraus hervorgehenden Nachkommen das Erbe
abgewickelt werden unter Berücksichtigung weiterer
Begünstigter in der Verwandtschaft. Die Aufteilungen
erfolgten nach den gerichtlich festgelegten
Loszetteln vom 27. August 1820 (Abt. 170/65 Nr. 12,
24, 27, 30, 31). Die VE Nr. 46 mit einem Bündel
notarieller Urkunden zur Familie Möllinger in
Pfeddersheim setzt mit der Vermögensaufteilung nach
dem Tod des Johann Möllinger (+ 10.06.1836) nach
gerichtlichen Entscheidungen (zunächst 1837, 1839
vgl. Nr. 9) mit der definitiven Teilung 1841 bzw.
1844 ein, da auch hier die Abkömmlinge aus beiden
Ehen berücksichtigt werden mussten. Ferner enthält
sie Verträge der Brüder Johann Albert (1823-1906)
und Heinrich Jacob Möllinger (1831-1884), die nach
dem Tod ihres Vaters (David Möllinger, 1813-1868)
gemeinschaftlich die Landwirtschaft in Pfeddersheim
führten. Niederschläge über Grundstücksgeschäfte der
beiden Brüder mit der hessischen Ludwigsbahn in
Mainz für den Bahnstrang Worms-Alzey liegen aus den
1870er Jahren der VE bei. Vermutlich bewogen
gesundheitliche Gründe den ledigen Heinrich Jacob
dazu, zum 1. Januar 1880 aus dieser Sozietät
auszutreten, und er überließ seinem Bruder seinen
Anteil an Wirtschaftsgeräten und Einrichtungen,
Viehstand, an Hausmobilien und Vorräten zum
Alleineigentum. Wenige Monate vor seinem Tod (+
11.12.1884) übertrug der Jüngere dann am 21.09.1884
noch seine sämtlichen Fahrnis (unter dem Titel des
Kaufs/Verkaufs, unter Vorbehalt des Nießbrauchs) an
seinen Bruder.
In die dritte
Klassifikationsgruppe wurden Unterlagen von und zur
Familie Möllinger eingebunden, auch zur
Familiengeschichte gesammeltes Material. Darüber
hinaus wurde hier Schriftgut zugeordnet, von dem
angenommen werden kann, dass es aus dem Haushalt
Möllinger stammen könnte, z. B.
Handarbeitsanleitungen, die eventuell Barbara
Elisabetha Catharina Angelica Möllinger, Ehefrau des
Johann Albert Möllinger oder Else Möllinger
zugeschrieben werden könnten (Abt. 170/65 Nr. 03,
Nr. 08) und einzelne Druckschriften, darunter auch
solche mit Bezug zu familiären Ereignissen (Nr. 35,
Nr. 23). Eine bunte Mischung an gesammelten Papieren
zur Familiengeschichte Originale und Abschriften
sowie Korrespondenzen, die auf Kontakte der Else
Möllinger zurückgehen und Auskunft u. a. zu
Namensträger Möllinger in der Schweiz und Amerika
und angeheiratete Familien geben, befinden sich in
Nr. 40. Urkundenabschriften betreffen die von Georg
Ernst Ludwig Graf von Leiningen-Westerburg erteilte
Genehmigung zur Niederlassung des David Möllinger
1743 in Monsheim, andere Schriftstücke den Zuzug
seines gleichnamigen Enkels 1791 in Pfeddersheim. In
einem Brief (Abschrift) schildert Marquis St.
Arnault ausführlich seine Beobachtungen während
seines Besuchs im Gut des David Möllinger in
Monsheim und tags darauf in Worms (03./04.09.1777).
Erwähnenswert sind aus dieser VE auch Schriftstücke,
die sich mit der Verwendungsmöglichkeit der
Wiedertäufer bzw. deren Verbot des Waffentragens
befassen (Nationalkonvent, 1793; Brudergemeinde in
Amsterdam, 1803). Auch einzelne notarielle Urkunden
liegen in dieser Sammlung vor, die eine Zeitspanne
von 1743 bis 1965 (mit Lücken) aufweist. Aus den
Jahren 1814/15 werden lose kolorierte Zeichnungen
verschiedener Pflanzen von Johann / Jean Möllinger
in Nr. 37 vorgehalten. Die Zeichnungen sind mit Jean
Möllinger signiert, einige Zeichnungen mit Fr.
Jung.
Dieser Klassifikationsgruppe wurden
außerdem verschiedene außergewöhnliche Stücke
zugeordnet, die wohl auch aus Möllinger-Provenienz
stammen. Das älteste Stück (Nr. 39), eine
Original-Pergamenturkunde aus dem Jahr 1716, wurde
von Johann Friedrich Graf zu Leiningen-Dagsburg
[-Hartenburg] ausgestellt über ein Kapitalgeschäft
der Gemeinde Groß-Bockenheim mit dem Domstift
Speyer. Über welchen Weg diese Quelle in den Besitz
der Familie Möllinger gelangt ist, darüber kann nur
spekuliert werden, z. B. über David Möllinger sen.
als Leininger Untertan oder über den Pfeddersheimer
David Möllinger aus seiner franz.
Verwaltungstätigkeit, da sich ein
Registrierungsvermerk von 1799 auf der Urkunde
befindet. Zweifellos stammt in Zusammenhang mit
dieser Tätigkeit ein Blatt (Nr. 48) mit 26
Siegellackstempeln der Gemeinden des Kantons
Pfeddersheim und dem Abdruck des Kantonsstempels.
Eine außergewöhnliche VE (Nr. 38) enthält 23 Stiche
von dem Kupferstecher Wilhelm Christian Rücker
(1720-1774). Abgebildet werden Denkmäler,
Inschriften, Grabmäler u. Ä., außerdem gehören eine
Landschaftsdarstellung zu dieser Sammlung, ein Blatt
"Hoechster Bogen der Wasserleitung zu Mainz" und ein
Blatt "Der EichelBerg" [online sind einige Stiche
des Eichelbergs zu finden, die jedoch nicht dem hier
vorliegenden entsprechen; Stand: 09.10.2023]. Die
Stiche scheinen zu einem Gesamtwerk zu gehören, sie
weisen eine nahezu komplette Serie an
Abbildungstafeln (Tab. I bis Tab XXVI) auf mit
jeweiliger Seitenzahl des Gesamtwerkes.
Allein die vierte Klassifikationsgruppe
betrifft die Familien Finger und Hartmeier. Die
Verzeichnungseinheiten, von denen sechs aus einem
großen Konvolut während der Verzeichnung gebildet
wurden, enthalten fast ausschließlich notarielle
Urkunden, die vorwiegend auf Philipp Ludwig
Hartmeier zurückgehen, einige auf Ernst Christian
Finger. Eine große Anzahl an Urkunden über
unterschiedlichste Rechtsgeschäfte betreffen Bürger
in benachbarten Gemeinden. Von Interesse ist vor
allem die VE Nr. 47, da hierin Kaufakte und
nachbarschaftliche Absprachen zu dem Anwesen des
Philipp Ludwig Hartmeier enthalten sind mit
zugehörigen früheren Urkunden der Vorbesitzer. Am 4.
Dezember 1852 erwarb Hartmeier das Haus (später
Ernst-Ludwig-Str. 27, ab 1972 Paternusstraße 27) von
Maria Pauli, Witwe des Notars Friedrich Wilhelm
Pauli, der zwei nebeneinanderliegende Hofraiten 1830
und 1838 gekauft und zu einem großen Besitz
verbunden hatte. Daneben sind weitere private
Urkunden in Nr. 47 enthalten, so der Ehevertrag
Hartmeiers vom 07. Juni 1854 und Loszettel aus
verschiedenen Nachlässen der Familie zu seinen
Gunsten. Ergänzend hierzu ist VE Nr. 21 zu sehen mit
dem Nachlassinventar (Okt. 1849) des in Worms
verstorbenen Rentners Johann Adam Schneider (+
10.07.1849 Worms), vermutlich Großvater der
Hartmeierschen Ehefrau Susanna Maria Schneider,
Tochter des Johann Christoph Schneider, Müller der
Gerstenmühle in Neuhausen.
Ein
Haushaltsbuch (Nr. 33) enthält als Journal über
Kapital und Zinseinnahmen und -ausgaben angelegt,
wohl aus späterer Zeit zusätzlich Koch- und
Backrezepte.
Bedeutung des
Bestandes
Vorliegender Bestand bietet
wertvolle Ergänzungen zu früheren erhaltenen
Überlieferungen der auf den Agrarreformer David
Möllinger in Monsheim zurückgehenden Familien
Möllinger, in diesem Fall vor allem auf dessen Enkel
David Möllinger, der ab 1791 in Pfeddersheim ein
Mustergut aufgebaut hat, und dessen Nachkommen.
Register und Tabellen zur Ökonomie, die in der
Stammlinie über Johann Möllinger (1791-1836), David
Möllinger (1813-1868) und dessen Sohn Johann Albert
Möllinger - zeitweise in Sozietät mit seinem Bruder
Heinrich Jacob - geführt wurde, lassen sich hier
nachvollziehen, wobei der Schwerpunkt des
schriftlichen Niederschlags die Ökonomie betreffend
im Zeitraum 1791-1836. Der Aufbau und die
Wirtschaftsführung im Möllingerhof in Pfeddersheim
lassen sich anhand der jetzt vorliegenden neuen
Quellen in Verbindung mit den oben erwähnten in der
Stadtbibliothek Mainz aufbewahrten Schreibebücher
nun über Jahrzehnte verfolgen. Über das Gut unter
Führung der Brüder Johann Albert und Heinrich Jacob
Möllinger gibt darüber hinaus Wilhelm Ziegler in
seiner Schrift "Landwirtschaftliche Reise durch
Deutschland im Sommer 1861" Auskunft, die sich in
der Handschriftenabteilung des Wormser Stadtarchivs
(Abt. 200 Nr. 271) befindet. Ziegler berichtet hier
quasi "aus erster Hand", da er zwei Jahre als
Praktikant im Gut Möllinger beschäftigt war (vgl.
Konersmann, Neue Quellen, 2004, S. 120).
Das übernommene Schriftgut zur Familie
Hartmeier, die durch Eheschließung über Christian
Ernst Finger als Enkel der Maria Finger geb.
Möllinger, in den Familienverband Möllinger in
Pfeddersheim hinzukam, hingegen umfasst nahezu
ausschließlich notarielle Urkunden, die Vermögens-
und Besitzverhältnisse dokumentieren.
Worms, im Oktober 2023
Margit
Rinker-Olbrisch
Ergänzende Bestände im
Stadtarchiv Worms
Abt. 49 Gemeindearchiv
Pfeddersheim
Abt. 200 Handschriften (mit
Einzelstücken aus der Provenienz Möllinger)
Abt. 202 Kleine Erwerbungen (mit Einzelstücken
aus der Provenienz Möllinger)
Literaturauswahl:
Frank Konersmann,
Neue Quellenfunde über die mennonitischen
Bauernfamilie Möllinger in den Rheinhessischen
Dörfern Monsheim und Pfeddersheim (1746-1835), in:
Mennonitische Geschichtsblätter, 61. Jg., 2004, S.
188-122)
Frank Konersmann, Das Gästebuch
der mennonitischen Bauernfamilie David Möllinger
senior 1781-1817. Eine historisch-kritische Edition,
Alzey 2009,
Frank Konersmann, Das Journal
von David Möllinger senior und seinem Sohn Christian
in Monsheim (1746-1809), in: Der Wormsgau 27/2009,
S. 87-91
Frank Konersmann, Beitrag im
Mennonitischen Lexikon
http://www.mennlex.de/doku.php?id=art:moellinger_sr._david
[Stand: 10.10.2023], hier auch zahlreiche
weiterführende Quellen- und Literaturangaben
Johann Nepomuk (von) Schwerz, Beobachtungen
über den Ackerbau der Pfälzer, Berlin,
1816
Zitierhinweis:
Abt. 170/65
- Bestandssignatur
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Stadtarchiv Worms, 170/65
- Kontext
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Stadtarchiv Worms (Archivtektonik) >> Nachlässe/Nachlass-Splitter
- Bestandslaufzeit
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ca. 1780 - 1920
- Weitere Objektseiten
- Letzte Aktualisierung
-
15.12.2023, 14:57 MEZ
Datenpartner
Stadtarchiv Worms. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- ca. 1780 - 1920