Bestand
Staatliches Filmarchiv der DDR (Bestand)
Geschichte des Bestandsbildners:
1955 hatte die Sowjetische Regierung erlassen, dass alle auf dem
Territorium der ehemaligen SBZ sichergestellten Filmbestände an die DDR
zu übergeben seien. Dabei handelte es sich um jene Bestände des 1935
gegründeten Reichsfilmarchivs, die von der Roten Armee nach Ende des
Zweiten Weltkrieges und der Auflösung des Reichsfilmarchivs
sichergestellt worden waren. Trotz großer Verluste zählte diese
Filmsammlung mit über 17000 Titeln zu den weltweit umfangreichsten.
Der eigentliche Gründungsakt des Staatlichen Filmarchivs
vollzog sich am 14. Oktober 1955 auf Beschluss des Ministerrates der DDR.
Anders als andere staatliche Archive in der DDR war das SFA nicht dem
Ministerium des Innern unterstellt, sondern dem Ministerium für Kultur,
Hauptverwaltung Film. Das in Berlin ansässige Archiv als zentrale
Institution definierte seine Hauptaufgabe darin, das gesamte Filmschaffen
der DDR sowie die wichtigsten Werke der internationalen Filmproduktion zu
sammeln, die Filme zu konservieren und sie für die Benutzung
aufzubereiten. Die Mitarbeiter des SFA wiesen daher unterschiedlichste
Qualifikationen auf: Filmwissenschaftler und Filmproduzenten waren ebenso
vertreten wie Archivare, Ingenieure für Film- und Fernsehtechnik oder
Kopierwerksfacharbeiter.
Um der fortschreitenden
Schädigung des empfindlichen Filmmaterials entgegenzuwirken, wurden in
den sechziger Jahren ein langfristiges Programm zur Umkopierung von
Nitrofilm auf Sicherheitsfilm (Azetatfilm) und der Bau eines allen
konservatorischen Ansprüchen genügenden Filmlagers begonnen. Nach
dreijähriger Bauzeit nahm der Komplex in Berlin-Wilhelmshagen 1967 den
Archivbetrieb auf. Die Herstellung einer Balance zwischen Sammlung,
Erhaltung, Erschließung und Nutzbarmachung von Filmmaterial sowie der
Aufbau eines EDV-gestützten Katalogsystems standen vornehmlich im Fokus
der Jahre 1970-1990. Daneben übernahm das SFA auch zunehmend die
Deponierung von Filmmaterialien des Fernsehens. 1973 war von der DDR eine
Initiative ausgegangen, im Rahmen der UNESCO-Tätigkeit der Erhaltung von
Filmen und Fernsehaufzeichnungen mehr Aufmerksamkeit zu schenken, was
sich schließlich 1980 in der Empfehlung "For the Safeguarding and
Preservation of Moving Images" niederschlug.
Im
Jahre 1990 wurde das SFA an das Filmarchiv im Bundesarchiv angeschlossen,
woraus das Bundesarchiv-Filmarchiv entstand.
Sammlungsordnung und -nutzung
Die
Filmsammlung des SFA war unterteilt in Spielfilme und Nichtspielfilme.
Als grundsätzliches Sammlungsprinzip für den Spielfilmbereich galt:
Aufbewahrung aller Spiel- und Trickfilme deutscher Provenienz von Beginn
der Kinematographie bis zum Jahre 1945, seitdem alle Produktionen der
DEFA, "unabhängig von Genre, künstlerischem oder historischem Wert".
Innerhalb der Hauptabteilung Film des Kulturministeriums galt zunächst
die Vereinbarung, dass Filme nach Abschluss der Produktion und nach
Herstellung der Kinokopien grundsätzlich kostenlos an das Archiv zu
übergeben seien. Das Gleiche galt für Kopien ausländischer Filme mit
deutscher Synchronisation, die durch den Progress Film-Verleih zum
Einsatz kamen. Unter der gleichen Prämisse wurden im
Nichtspielfilmbereich alle filmischen Aufnahmen ohne inszenierte Handlung
gesammelt (Wochenschauen, Dokumentarfilme, Lehrfilme, etc.).
Filmbegleitende Unterlagen wie Verleihkataloge, Programme, Fotos,
Plakate, Drehbücher, Zeitungsausschnitte, Autographen etc. fanden Eingang
in die 1960 gebildete Dokumentensammlung.
Am 27.
April 1979 wurde schließlich die Anweisung über die Abgabe von
Filmmaterialien an das Staatliche Filmarchiv der DDR verabschiedet. In
ihren Geltungsbereich fielen alle der Hauptverwaltung Film unterstellten
DEFA-Studios sowie der Progress-Filmverleih und der DEFA-Außenhandel. Die
Abgabeverordnung für Filmmaterialien und filmbegleitende Dokumente wurde
zur wesentlichen Grundlage der archivarischen Arbeit des Filmarchivs und
bildete die Basis für eine weitgehend geschlossene Überlieferung der
DEFA-Dokumentar- und Spielfilme sowie der filmbegleitenden Dokumente
(Filmplakate, Drehbücher, Stabangaben etc.) der DEFA-Produktionen. Die
Ablieferungspflicht an das Archiv schloss auch verbotene, abgesetzte oder
abgebrochene Filme ein und gewährleistete so deren Erhaltung. Allerdings
fand die Abgabeverordnung keinen Eingang in das Archivgesetz der DDR,
sodass die Weisung auf den Verantwortungsbereich des Ministeriums
beschränkt blieb. Nichtstaatliche Filmproduktionen waren also
unberücksichtigt, doch wurden auch für den Bereich der
Auftragsproduktionen alsbald Möglichkeiten zur Deponierung
eröffnet.
Um der Aufgabe der nichtkommerziellen
Nutzbarmachung von Filmmaterial nachzukommen, verlieh das SFA bereits ab
1957 Streifen an Filmclubs, in denen die assoziierten Cineasten einen
"Querschnitt durch die internationale Filmgeschichte" vermittelt bekommen
sollten, wobei "besonderer Wert bei der Titelauswahl […] auf progressive
und sozialistische Tendenzen der deutschen Filmgeschichte vor 1933 sowie
auf den klassischen sowjetischen Film gelegt" wurde. In Ausnahmefällen
wurden auch für wissenschaftliche und kulturelle Zwecke Filme verliehen.
Für Privatpersonen war ein Filmverleih generell nicht vorgesehen.
Öffentlichkeitsarbeit des SFA
1956 wurde das Archiv vollwertiges Mitglied in der Fédération
Internationale des Archives du Film (FIAF) - einer 1938 in Paris
gegründeten internationalen Vereinigung von Filmarchiven. Unter deren
Patronat gestaltete das SFA in Koproduktion mit der Cinémathéque
Française die Ausstellung "60 Jahre Film" im Museum für Deutsche
Geschichte in Berlin. 1960 und 1963 beteiligte sich das SFA an der
Dresdner Ausstellung "Film-Funk-Foto-Fernsehen" und trat 1964 im Rahmen
der Informationsschau "Film und Fernsehen in der Deutschen Demokratischen
Republik" als Aussteller in Kairo auf. Dem Filmpionier Max Skladanowski
wurde 1967 eine Ausstellung gewidmet.
1) Seit 1960
konzipierte das SFA auf dem "Internationalen Leipziger Dokumentar- und
Kurzfilmwoche für Kino und Fernsehen" Retrospektiven mit einer Auswahl
von Dokumentarfilmen zu speziellen Themen oder Personen. Im Rahmen dieser
Retrospektiven publizierte das SFA Dokumentationen von denen das in
dieser Reihe erschienene Buch über Joris Ivens 1965 auf der X.
Internationalen Buchausstellung anlässlich der Filmfestspiele in Venedig
mit dem 1. Preis ausgezeichnet wurde.
Nach dem
Vorbild anderer Filmarchive (London, Paris, Warschau) wurde 1963 die
"Camera" als reines Archivfilmtheater eröffnet, welches nach mehreren
Umzügen schließlich 1972 seine Heimstatt in den ehemaligen
"Oranienburger-Tor-Lichtspielen" fand. Gezeigt wurden thematische Reihen,
Filmkünstler-Porträts, Länderüberblicke, Gattungs- und Genrebeispiele,
aber auch aktuelle Filme aus anderen Staaten, die im normalen Kino nicht
zu sehen waren. Bis 1990 stellte die "Camera" die Programme des SFA vor,
für die sich als Spielorte neben Berlin auch Leipzig, Dresden und Rostock
etablierten. Die durchschnittlich 900 nichtoffiziellen und
nichtkommerziellen Veranstaltungen im Jahr erreichten etwa 100.000
Zuschauer. Zutritt zu den Filmvorführungen erhielten Inhaber eines
einjährig gültigen Besucherausweises, der zum Erwerb von Eintrittskarten
berechtigte.
Neben den Plakaten und
Programmheften, die zu den einzelnen "Camera"-Programmen erschienen, gab
das SFA in loser Folge die Hefte "Filmblätter" heraus, die Kommentare und
Einführungen zu klassischen Filmen enthielten. Von 1965 bis 1990 erschien
mit dem "Filmobibliographischen Jahresbericht" jährlich auch eine
nationale Filmographie, die den Anspruch erhob, einen Gesamtüberblick
über die Filmproduktion der DDR zu ermöglichen.
Bestände
Während des 35jährigen Bestehens des
SFA expandierten die Filmbestände von anfänglich 17.000 Filmtiteln auf
etwa 64.000 Titel aller Gattungen im Jahre 1990. Die Sammlung der
filmbegleitenden Materialien umfasste circa 340.000 Fotos, 17.000
Filmplakate, tausende Filmprogramme und eine Fachbibliothek mit rund
10.000 Titeln. Auch der Stab der Mitarbeiter wuchs kontinuierlich von
ursprünglich 20 auf 175 an.
Direktoren des
SFA
1955-1958 Rudolf Bernstein1958 Gerhard
Karsch1958-1969 Herbert Volkmann1969-1990 Wolfgang Klaue
Bestandsbeschreibung: Am 14.
Oktober 1955 auf Beschluss des Ministerrates der DDR gegründete, dem
Ministerium für Kultur, Hauptverwaltung Film, unterstellte, in Berlin
ansässige zentrale Institution, deren grundsätzliches Sammlungsprinzip
die Aufbewahrung aller Filmproduktionen deutscher Provenienz bis zum
Jahre 1945, seitdem aller Produktionen der DEFA war. Das Gleiche galt für
Kopien ausländischer Filme mit deutscher Synchronisation, die durch den
Progress Film-Verleih zum Einsatz kamen. Filmbegleitende Unterlagen wie
Verleihkataloge, Programme, Fotos, Plakate, Drehbücher,
Zeitungsausschnitte, Autographen etc. fanden Eingang in die 1960
gebildete Dokumentensammlung.
Archivische
Bewertung und Bearbeitung
Ein Großteil der
Überlieferung wurde bereits in der Abteilung Filmarchiv des Bundesarchivs
bewertet und vorverzeichnet. Dabei wurden 301 AE als kassabel bewertet
(hauptsächlich Buchungs- und Rechnungsbelege sowie Kassenanweisungen).
Diese vorläufige Erfassung diente als Grundlage für die in der Abteilung
Filmarchiv im Jahr 2007 komplette Neuerschließung des Bestandes durch den
FH-Studenten Helge Siegert. Der Bestand wurde aufgrund der Zuständigkeit
im Jahr 2010 an die Abteilung DDR abgegeben. Die Endbearbeitung sowie die
Klassifikation erfolgte schließlich im Jahr 2013 in der Abteilung DDR.
Hierbei wurden auch noch einmal 0,2 lfm (v.a. Dubletten) kassiert.
Die Erstellung einer Klassifikation lehnt sich an die
interne Struktur des Staatlichen Filmarchivs an. Als Grundlage diente ein
von Wolfgang Klaue erstellter Geschäftsverteilungsplan vom 18. April
1990. Die Zuordnung der Akten zu den einzelnen Klassifikationspunkte
wurde allerdings dadurch erschwert, dass weder Aktenplan noch
Aktenzeichen im SFA verwendet wurden. Wie Herr Klaue in gen.
Geschäftsverteilungsplan treffend beschrieb: "Die internen Festlegungen
und Verteilung der Aufgaben regelten sich durch Gewohnheiten,
Funktionspläne für die einzelnen Mitarbeiter, Dienstanweisungen,
Technologien oder andere interne Ordnungen".
Fotos
wurden in den Akten belassen, da diese im Zusammenhang zu den einzelnen
konzipierten Retrospektiven des SFA gehören und diesbezüglich nicht
separiert werden sollten.
Tonbänder wurden an das
Tonarchiv des Bundesarchivs in Koblenz abgegeben. Dementsprechend wird
ein Nebenbestand DR 140 Ton angelegt.
Die in der
Abteilung Filmarchiv vergebenen vorläufigen Signaturen wurden als "Alte
Signaturen" in BASYS aufgenommen.
Inhaltliche Charakterisierung: Zur
Überlieferung gehören neben Unterlagen der Direktoren Volkmann und Klaue
auch die Vorlagen zu den Leitungsberatungen von 1957 bis 1988 sowie
Protokolle der Sitzungen aus dem Zeitraum 1957 bis 1990. Ein weiterer
Großteil der Überlieferung besteht v.a. aus der Mitarbeit in der FIAF
(dessen Präsident Wolfgang Klaue von 1979 bis 1985 ist) und in der
UNESCO.
Auch die Vor- und Nachbereitung sowie
Durchführung der Retrospektiven auf dem "Internationalen Leipziger
Dokumentar- und Kurzfilmwoche für Kino und Fernsehen" nimmt ein breites
Spektrum ein. Daneben liegen v.a. Unterlagen zu Bestands- und
Benutzungsanfragen vor, die durch das sog. "Archiv für den
wissenschaftlichen Film" bearbeitet wurden.
Einige
wenige Unterlagen liegen auch zu der selbständige Arbeitsgruppe
"Staatliche Filmdokumentation (SFD)" vor, deren Aufgabe im Staatlichen
Filmarchiv darin bestand, Filmdokumente aus allen gesellschaftlichen
Bereichen der Republik zu produzieren, die nicht für die Veröffentlichung
bestimmt waren.
Zitierweise: BArch DR
140/...
- Bestandssignatur
-
Bundesarchiv, BArch DR 140
- Umfang
-
1165 Aufbewahrungseinheiten; 38,0 laufende Meter
- Sprache der Unterlagen
-
deutsch
- Kontext
-
Bundesarchiv (Archivtektonik) >> Deutsche Demokratische Republik mit sowjetischer Besatzungszone (1945-1990) >> Bildung, Kultur, Sport, Medien
- Verwandte Bestände und Literatur
-
Verwandtes Archivgut im Bundesarchiv: DR 1 Ministerium für Kultur
N 2583 Klaue, Wolfgang
- Provenienz
-
Staatliches Filmarchiv der DDR (SFA), 1955-1990
- Bestandslaufzeit
-
1955-1992
- Weitere Objektseiten
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Letzte Aktualisierung
-
16.01.2024, 08:43 MEZ
Datenpartner
Bundesarchiv. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Bestand
Beteiligte
- Staatliches Filmarchiv der DDR (SFA), 1955-1990
Entstanden
- 1955-1992