Bestand
Akten und Pläne der Bundes- bzw. Reichsfestung (Bestand)
Vorwort: Der Bestand enthält
Akten und Pläne der seit 1819 in Ulm bestehenden Festungsbehörden,
deren Namen und Zuständigkeit sich wiederholt geändert haben. Die
Akten stammen aus dem Archiv der ehemaligen Kaiserlichen
Fortifikation. Sie sind unvollständig und wurden nach 1919 vom
letzten Ingenieur-Offizier vom Platz, Oberstleutnant Bok, dem
Stadtarchiv übergeben. Die Pläne kommen zum größten Teil aus der
Plankammer der ehemaligen kaiserlichen Fortifikation, wurden
übergeben von Oberstleutnant Bok und von militärischen und zivilen
Bauämtern oder aus Privatbesitz ergänzt. Weitere Pläne gelangten
nach 1945 über das Staatliche Sonderbauamt Ulm (heute: Staatliches
Hochbauamt Ulm) an das Stadtarchiv. Diese bilden den Bestand C
10S.
Das vorliegende Findbuch basiert auf der
früheren Verzeichnung von Oberstudienrat i.R. Dr. Müller in den
Jahren 1960 bis 1962.
Im März 1819 richtete
der Deutsche Bund eine Militärkommission ein, die für den Bau von
sogenannten Bundesfestungen Sorge tragen sollte. Sie sollten als
zentraler Stützpunkt und Operationsbasis für die Verteidigung der
Grenze gegen Frankreich am Oberrhein dienen. Die ersten Planungen
für eine Bundesfestung Ulm erfolgten zwischen 1819 und 1823, wurden
aber wegen der vorrangig betriebenen Festungsbauten in Mainz und
Luxemburg zurückgestellt. Am 26. März 1841 genehmigte die
Bundesversammlung in Frankfurt den Bau der Bundesfestungen Rastatt
und Ulm. 1842 wurde mit den Arbeiten für die Anlage in Ulm begonnen.
Mit dem Bau der Bundesfestung wurde, da Württemberg über kein dafür
qualifiziertes Ingenieurkorps verfügte, der preußische Major Moritz
von Prittwitz beauftragt. Schwierigkeiten ergaben sich zunächst
dadurch, daß das auf dem rechten Donauufer befindliche Neu-Ulm in
die Festung mit einbezogen werden sollte und Bayern für seinen
Festungsanteil mit dem Major von Herdegen einen eigenen Ingenieur
bestellte. Erst das Einlenken der bayerischen Regierung ermöglichte
die Bildung einer gemeinsamen Festungsbaudirektion. Festungswerke
und Außenforts konnten bis 1859 fertiggestellt werden, 1868 waren
die letzten Proviant- und Pulvermagazine vollendet. Als letzte
Ergänzung folgte 1881 bis 1886 das Fort Oberer Eselsberg mit Haupt-
und Nebenwerk.
Die Auflösung des Deutschen
Bundes 1866 ließ die Nutzungsrechte an den Festungsanlagen
vorübergehend an Württemberg und Bayern übergehen, bis am 6. Juli
1869 eine Vereinbarung zwischen dem Norddeutschen Bund und den
süddeutschen Staaten über das gemeinschaftliche Eigentum an den
ehemaligen Bundesfestungen erzielt wurde. Durch die Eingliederung
von Elsaß-Lothringen in das Deutsche Reich 1871 verlor die Festung
Ulm, die seit 1873 als "Reichsfestung" bezeichnet wurde, an
Bedeutung. 1899/1900 ging die Festungsumwallung auf dem linken
Donauufer (=Ulm) durch Kauf in den Besitz der Stadt über, während
die Forts weiterhin militärisch genutzt wurden. Die Übergabe der
Festungsumwallung auf dem rechten Donauufer an die Stadt Neu-Ulm
erfolgte 1906. Zwischen 1901 und 1914 entstand ca. 1,2 Kilometer vor
den Forts eine neue Verteidigungslinie, die aus betonierten und in
die Erde eingesenkten Infanteriestützpunkten und
Artilleriekampfständen bestand.
Literaturhinweise:
Emil von Loeffler, Geschichte der
Festung Ulm, Ulm 1881, S. 539-592; Wilhelm Lederer, Die
Militärgeschichte der Stadt und Festung Ulm bis zur 2. Hälfte des
19. Jahrhunderts, in: Garnison und Festung, Festschrift zum
Garnisontreffen 1954 anläßlich der 1100-Jahr-Feier der Stadt, Ulm
1954, S. 63-82; Otmar Schäuffelen, Die Bundesfestung Ulm und ihre
Geschichte, Ulm 1980; Bernd Lemke, Garnison und Stadt, in: Ulm im
19. Jahrhundert, hrsg. von Hans-Eugen Specker (Forschungen zur
Geschichte der Stadt Ulm: Reihe Dokumentation, Bd. 7), Ulm 1990, S.
586-641; Simon Palaoro, Stadt und Festung. Eine kleine Geschichte
der Bundesfestung Ulm (Kleine Reihe des Stadtarchivs, Band 6), Ulm
2009; Markus Theile, [...] einst eine trutzige Feste. Der Bau der
Bundesfestung zwischen strategischer Bedeutung, politischen
Auseinandersetzungen und finanziellen Nöten. In: Ulm und
Oberschwaben 55, 2007, S. 358-401.
Auflistung der Werke der Bundesfestung
Werke auf dem linken Ufer (Ulm)
I-VII:
Obere Stadtfront (Stadtseite)
Werk I: Obere
Donaubastion (1855 fertig)
Werk II: Anschlußlinie
zwischen der Oberen Donaubastion (Werk I) und der Mittelbastion
(Werk IV) mit dem Ehinger Tor. Bauzeit 1848 - 1851.
Werk
III: Ravelin vor dem Ehinger Tor. Bauzeit 1843 - 1855.
Werk IV: Mittelbastion. Bauzeit 1843 - 1855.
Werk V:
Blauflèche
Werk VI: Anschlußlinie mit Blaubeurer Tor.
Bauzeit 1843 - 1855.
Werk VII: Ravelin vor dem Blaubeurer
Tor. Bauzeit 1843 - 1855.
Werk VIII:
Anschlußlinie zum Kienlesberg. Bauzeit 1843 - 1855.
Werk
IX: Übergang von der Talfront zur Befestigung des Kienlesbergs.
Bauzeit 1843 -1852.
Werk X: Kienlesbergbastion. Bauzeit
1843 - 1852.
Werk XI:Anschlußlinie zur Wilhelmsburg.
Bauzeit 1843 - 1852.
Werk XII: Wilhelmsburg. Bauzeit 1842
- 1848.
XIII, XIV, XV, XVI, XVII:
Wilhelmsfeste
Werk XIII: Linke Flanke,
Anschlußlinie. Bauzeit 1842 - 1857. Nördlich an die Wilhelmsburg
anschließend.
Werk XIV: Redoute, linker Stützpunkt.
Westseite der Wilhelmsfeste, oberhalb des Ruhetals.
Werk
XV: Front, Anschlußlinie. Nordseite der Wilhelmsfeste gegen das Fort
Prittwitz.
Werk XVI: Redoute, rechter Stützpunkt.
Nordostecke der Wilhelmsfeste.
Werk XVII: Rechte Flanke,
Anschlußlinie. Ostseite der Wilhelmsfeste.
Werk XVIII:
Anschlußlinie zum Gaisenberg. Nördlich der Prittwitzstraße. Bauzeit
1843 - 1858.
Werk XIX: Obere Gaisenbergbastion.
Nordöstlich der Prittwitzstraße. Bauzeit 1843 - 1858.
Werk XX: Anschlußlinie mit Eisenbahndurchlaß. Bauzeit 1843 -
1858.
Werk XXI: Untere Gaisenbergbastion. Nordöstlich der
Prittwitzstraße, nördlich der unteren Stuttgarter Straße. Bauzeit
1843 - 1858.
Werk XXII: Anschlußlinie mit Stuttgarter und
Friedrichsau-Tor. Zwischen Stuttgarter Straße und Basteistraße.
Bauzeit 1845 - 1855.
Werk XXIII: Contregarde. An der
Pionierstraße.
Werk XXIV: Untere Donaubastion. Bauzeit
1845 - 1855.
Werk XXV: Roter Turm. Turm direkt an der
Donau.
Werk XXVI: Untere Stadtkehle.
Werk
XXVII: Obere Stadtkehle.
Werk XXVIII: Weißer Turm. An der
Donau gegen die Eisenbahnbrücke.
Außenwerke:
Werk XXIX Fort Unterer
Kuhberg und Nebenwerk XXX: Bauzeit 1846 - 1858.
Werk
XXXI: Fort Mittlerer Kuhberg. Bauzeit 1855 - 1857.
Werk
XXXII: Fort Oberer Kuhberg. Bauzeit 1848 - 1857.
Werk
XXXIII: Fort Söflinger Turm. Westlich des unteren Weinbergwegs.
Laufzeit 1855 - 1856.
Werk XXXIV: Fort Unterer Eselsberg.
Bauzeit 1848 - 1856.
Werk XXXV: Fort Oberer Eselsberg,
Nebenwerk. Bauzeit 1883 - 1887.
Werk XXXVI: Fort Oberer
Eselsberg, Hauptwerk. Bauzeit 1881 - 1887.
Lehrer Turm:
gebaut zwischen 1848 und 1850, gesprengt zwischen 1875 und 1879. Die
Nummer "XXXVI" ging an das neu erstellte Fort Oberer Eselsberg
über.
Werk XXXVII: Fort Prittwitz. Nördlich der
Wilhelmsfeste. Bauzeit 1847 - 1854.
Werk XXXVIII:
Örlinger Turm. Im Örlinger Tal, auch "Schwedenturm" nach dem
benachbarten Schwedenwäldle genannt. Bauzeit 1850 - 1852.
Werk XXXIX: Fort Albeck. Auf dem Safranberg. Bauzeit 1846 -
1859.
Werk XL: Fort Safranberg. Bauzeit 1855 -
1858.
Werk XLI: Fort Friedrichsau. In der Südecke der
Friedrichsau. Bauzeit 1852 - 1854.
Rechtes Ufer (Neu-Ulm)
Umwallung
1-3 Ostfront
1 Unterer
Donauanschluß
2 Augsburger Tor. 1958 abgerissen (heute:
Augsburger-Tor-Platz in Neu-Ulm).
3 Bastion 3
4-7 Südfront
4 Mittlere Durchfahrt
5,6 Kriegsspitalkaserne
7 Bastion 7
8-9 Westfront
8 Memminger Tor
9 Oberer Donauanschluß
Außenwerke
10 Turm bei Offenhausen (nicht ausgeführt)
11 (im Winkel der Eisenbahn nach München und Kempten. Nicht
ausgeführt)
12 Fort Schwaighofen
13 Fort
Ludwigsfeste
14 Illerkanal
Erläuterung wichtiger Fachbegriffe (Diese wurden alle aus
"Otmar Schäuffelen, Die Bundesfestung Ulm und ihre Geschichte, Ulm
1980" entnommen)
Abschnitt: Durch die
Unterteilung einer Festung oder eines Werks geschaffene einzelne
Verteidigungsanlagen, die nach Eroberung eines bschnitts von den
Verteidigern so besetzt werden können, daß der Gegner gezwungen ist,
seinen Angriff erneurt zu formieren. Man unterscheidet Seiten- und
Tiefenabschnitte. Selbst die einzelnen Kasematten in den langen
Galerien waren zur abschnittweisen Verteidigung eingerichtet.
Absattelung: Mit Senken versehene Dachfläche, um Regenwasser in
Fallschächte leiten zu können.
A Cheval: Die Festung
liegt auf beiden Seiten eines Flusses, der im Schutz der Festung
überschritten werden kann.
Bankett: Erdstufe an der
Innenseite der Erdbrustwehr zur Aufstellung der Schützen.
Bastion: Fünfeckige, zur inneren Festungsseite hin offene
Bollwerke, die paarweise zusammenwirken. Zwischen ihnen liegt die
Kurtine. Bei der Bundesfestung Ulm werden auch Kernwerke der
Hauptumwallung als Bastion bezeichnet, ohne es im klassischen Sinn
zu sein.
Bastionärsystem: Befestigungssystem, bei dem
sich die Hauptumwallung aus Bastionen und Kurtinen zusammensetzt.
Dadurch entstehen sehr regelmäßige Grundrisse.
Batardeau
(frz. batard = unecht; batardeau = Notdeich) oder "Bär",
"Wasserbär". Vorrichtungen zum Anstauen von Wasser in
Festungsgräben. Meist mit Wehren besetzt. Paarweise zur Überleitung
eines Wasserlaufs über den Festungsgraben angelegt.
Batterie: Vereinigung von mehreren Geschützen in vorne
gedeckten, aber offenen, oder in kasemattierten
Geschützständen.
Befestigtes Lager: Raum innerhalb einer
Großfestung, die durch permanente Festungsanlagen begrenzt ist oder
durch Feldbefestigungen rasch vergrößert werden kann (= Verschanztes
Lager). Es dient zur Aufnahme größerer Truppenmengen.
Berme: Waagerechter Absatz an der Vorderseite einer
Wallböschung, um ihr besseren Halt zu geben. Sie kann mit
Dornenhindernissen bepflanzt sein. Im Gedeckten Weg auch das Bankett
für stehende Schützen.
Blockhaus: Meist im Gedeckten Weg
gelegene kleinere Stein- oder Holzbauten, zur Geschütz- oder
Gewehrverteidigung eingerichtet. Als Stützpunkt für Ausfalltruppen
vorgesehen.
Bonnetbatterie (frz. Bonnet = Kappe):
Kasemattierter Geschützstand auf der Höhe des Walls, meist an einem
ausspringenden Winkel gelegen.
Bonnetkasematte: Im
ausspringenden Winkel der freistehenden Mauer angebaute
Kasematträume zum Schutz und zur Beobachtung für die Verteidiger im
Rondengang.
Caponniere: (frz. caponner = kriechen). Ein-
oder mehrstöckige Anlage zur Grabenbestreichung. Sie steht senkrecht
zum Grabenverlauf und vor der Escarpemauer. Meist deckt sie den
Graben nach zwei Seiten. Ist das nur nach einer Seite notwendig, ist
sie als Halbcaponniere gebaut.
Contregarde: Unmittelbar
vor der Hauptumwallung gelegenes, dieser zugeordnetes
Verteidigungswerk; auch für Artillerieverteidigung.
Contrescarpe: Außenwand des Grabens, die in Erde geböscht sein
kann oder durch senkrechte Futtermauern abgestützt wird.
Contrescarpengalerie: Massiv eingewölbter Gang mit
Gewehrscharten hinter der Futtermauer der äußeren
Grabenböschung.
Crête (frz. = Dammkrone): Kamm des
Gedeckten Wegs.
Dechargenmauer (frz. decharger = von
einer Last befreien): Stützmauern mit rückwärts ins Erdreich
reichenden Strebepfeilern, die den Druck der Wallmassen
aufnehmen.
Dechargegalerie: Hier sind die Strebepfeiler
im unteren Bereich eingewölbt. Es entstehen dadurch die
Dechargekasematten mit Schießscharten in den Graben.
Defensivkaserne: Selbständiges, mehrstöckiges, zur
Verteidigungmit Handfeuerwaffen und Geschützen eingerichtetes
Festungsgebäude hinter bzw. innerhalb einer Festungsanlage. Es kann
im Notfall größere Truppenverbände aufnehmen und ist deshalb für
Wohnzwecke eingerichtet.
Detachiertes Werk (frz. détacher
= trennen): Selbständiges Festungswerk - Fort - außerhalb der
Hauptumwallung.
Diamantgraben: Vor oder hinter einem
Reduit oder vor einer Schartenmauer angelegter schmaler Graben als
Annäherungshindernis.
Enceinte (frz. enceindre =
umgürten): Ring einer Stadtumwallung.
En crémaillère
(frz. Crémaillère = Zahnstange): Zacken- oder zickzackförmige
Befestigungsanlagen. Sägezahnförmige Innenböschungen finden sich
häufig im Glacis.
Enfilade (frz. enfiler = einen Faden
ziehen): Beschießung von der Seite her, in der längsten Ausdehnung
der Festung.
Enveloppe (frz. envelopper = einhüllen): In
Abstand gehaltene, wallartige Aufschüttung um einen Turm oder ein
kasemattiertes Gebäude, die eine direkte Beschießung
erschwert.
Erdkoffer: Einseitiger, glacisartiger
Erdaufwurf, der über die Grabensohle oder vom Gedeckten Weg aus über
das freie Gelände zu einem vorgelagertem Werk führt. Der Erdkoffer
kann doppelt angelegt sein und schließt dann einen grabenartigen Weg
ein. Erdkoffer dienten auch zur Deckung einer Caponniere.
Escarpe (frz. escarper = steil abschrägen): Innere Grabenwand,
die in Erde geböscht sein kann oder durch eine senkrechte Mauer, die
Escarpemauer, gefüttert ist.
Face: Die dem Angreifer
zugekehrte Seite eines Festungswerks. Zwei Facen bilden mit
ausspringendem Winkel den Saillant. Sind an die Facen nach rückwärts
weitere Seiten angehängt, so heißen sie Flanken. Die Querverbindung
der beiden Flanken wird als Kehle bezeichnet.
Feldbefestigung: im Gegensatz zur permanenten Festungsanlage
kurzfristig angelegte Schutzbefestigungen. Detachierte Forts können
flankierende Stützpunkte für Feldbefestigungen sein.
Flèche (frz. = Pfeil): Pfeilschanze. Sie besteht aus zwei im
ausspringenden Winkel zusammenstoßende Facen. Sie sind einer geraden
Front als Flankenschutz vorgelegt.
Fort: In sich
geschlossenes Festungswerk, das vor der Hauptumwallung liegt.
Mehrere Forts ergeben einen Fortgürtel, der einen Angreifer von der
Hauptumwallung abhält. Forts können sich gegenseitig bedingt
unterstützen.
Fortifikation: Befestigung,
Befestigungskunst. Behörde einer Festung, die für die
festungstechnischen Belange verantwortlich ist.
Front: Im
Polygonalsystem einer Festung besteht die Front aus einem geraden
Wallabschnitt mit der davor liegenden Caponniere. Seitenbegrenzungen
können ausspringende Winkel sein, an die sich jeweils die nächste
Front anschließt.
Fußartillerie: Auch Festungsartillerie.
Wenig bewegliche Geschützeinheiten im Gegensatz zur Feldartillerie.
Meist in Festungen oder zur Belagerung eingesetzt.
Galerie: Langer, eingewölbter Gang in Escarpen- oder
Contrescarpenmauern. Auch Minengänge werden als Galerien bezeichnet
oder als Hauptgalerien, wenn sie von der Contrescarpe ins Vorfeld
führen.
Gedeckter Weg: Breiter Verbindungsweg entlang der
äußeren Grabenböschung. Durch das ansteigende Glacis gegen
Feindeinsicht gedeckt. Erweiterungen im Gedeckten Weg sind die
Waffenplätze, oft durch ein Blockhaus verstärkt. Traversen im
Gedeckten Weg machen eine Abschnittsverteidigung möglich.
Gegenmine: Unterirdisch geführte Gänge, die meist von der
Contrescarpe ausgehend das Vorfeld erreichen. In Ulm zwischen 40 und
60 Meter lang. Von der Hauptmine (Hauptgalerie) können fächerförmig
Zweigminen (frz. rameaux) ausgehen, die oft nur in ihren Anfängen
ausgemauert sind. Im Bedarfsfall hätten sie weiter vorgetrieben
werden können. Gegenminen dienen zur Erkundung (Horchposten) der
feindlichen Angriffsabsichten oder zur Anbringung von
Sprengladungen, die das gegnerische Angriffsgraben- und Minensystem
zerstören sollen.
Genietruppen: Pioniere
Geschützbank: Auch Barbette. Erdabsatz hinter der Erdbrustwehr
des Walls, zur Aufstellung der Wallgeschütze.Meist von Traversen
flankiert.
Glacis: Sanft ins Vorfeld der Festung
auslaufende Erdaufschüttung vor dem äußeren Grabenrand. Läßt
rückwärts den Gedeckten Weg frei. Das Glacis bildet die
Feldbrustwehr für Schützen im Gedeckten Weg.
Haubitze:
Geschützart zwischen Flachfeuer- und Steilfeuergeschütz
(Mörser).
Hohlbauten: Festungsbauten, die Räume, meist
Kasematten, enthalten.
Hohltraverse: Quer zum Wall
aufgeführte Kasematte auf der Wallkrone mit Rundum-Erdbedeckung,
wobei der rückwärts gelegene Eingang frei bleibt. Unterstand für die
Bedienung der Wallgeschütze. Eigentliche Aufgabe der Hohltraverse
ist es, die Geschütze auf den Geschützbänken gegen Seitenfeuer zu
decken. Ältere Hohltraversen waren erdbedeckt, die Vorderseite und
die Seiten frei und mit Schießscharten versehen.
Hornwerk: Es gehört zu den äußeren Werken vor der
Hauptumwallung und besteht aus zwei halben Bastionen.
Kapitale: Eine gedachte Winkelhalbierende, die durch den
Saillant läuft, der von den beiden zusammenstoßenden Facen gebildet
wird.
Kasematte: Jeder gegen Beschuß durch Gewölbe
gesicherte, überirdisch oder unterirdisch angelegte Raum der
Festungsanlage. Mehrere zusammenliegende Kasematten werden als
Kasemattenkorps bezeichnet.
Kavalier: Meist im
ausspringenden Winkel gelegene Überhöhung des Walls, die einen
besseren Überblick über das Vorgelände ermöglicht. Auch als
Feuerstellung eingerichtet.
Kehle: Verbindungslinie der
Endpunkte bei der klassischen Form eines Forts oder Kernwerks, das
dann ein Fünfeck bildet: zwei Facen, zwei Flanken und die Kehle.
Somit die Rückseite eines Festungswerks.
Kehlgraben:
Rückwärts der Kehle angelegter Graben, über den die Zugänge zum
Festungswerk führen.
Kehlpunkt: Treffpunkt der Flanke auf
die Kehllinie. Es entstehen somit ein linker und ein rechter
Kehlpunkt.
Kernschuß: Jeder Schuß, bei dem die
Visierlinie parallel zur Seelenachse des Geschützes läuft und das
Geschoß das Ziel ohne Aufschlag erreicht. Die Kernschußweite wächst
mit der Streckung der Flugbahn, also mit der
Mündungsgeschwindigkeit.
Kernwerk: In sich geschlossenes
Festungswerk in der Hauptumwallung. In Ulm auch als Bastion der
Bundesfestung bezeichnet.
Kreneliert (frz. Créneau =
Schießscharte). Ergänzende Bezeichnung für mit Schießscharten
versehene Mauern oder Kasematten.
Künette (frz.
Abzugsgraben):. Bei nassen Gräben in der Mittellinie verlaufende,
tiefergegrabene Rinne als weiteres Hindernis.
Kurtine
(frz. = Vorhang): Der zwei Bastione verbindende gerade Teil des
Hauptwalls.
Ladesystem: Eine Geschoßladestelle, die aus
einem Verbrauchsgeschoß- und einem Verbrauchspulvermagazin besteht.
In dieser Gruppe artilleristischer Hohlräume wird der Tagesbedarf an
Munition für 5 bis 14 Geschütze aufbereitet und aufbewahrt. Vom
Geschoßmagazin führt häufig eine Geschoßhebevorrichtung nach einer
Munitionsfördertraverse auf dem Wall. Die detachierten Forts haben
in der Regel zwei Ladesysteme, die stets in den Wall eingebaut
sind.
Lünette (frz. = Brille), auch Lunette: Die
klassische Form des Festungswerks, bestehend aus zwei Facen, die im
Saillant im ausspringenden Winkel aufeinanderstoßen; daran rückwärts
laufend angehängt die beiden Flanken. Das Fünfeck wird rückwärts
geschlossen durch die Kehle.
Maschikulis: Nach unten, oft
schräg gerichtete Öffnungen an der Außenseite von Türmen und Mauern
zum Bewurf oder Beschuß des Angreifers am Boden.
Maulscharte: Horizontalscharte.
Mine: Stollen zur
Untergrabung von Festungswerken. Ihnen entgegen wirken die
Gegenminen.
Mörser: Steilfeuergeschütze mit
großkalibrigen, kurzen Rohren. Als Verteidigungswaffe feuern sie
ihre "Bomben" häufig aus vorne offenen, gewölbten
Wurfbatterien.
Palisade: Angriffshindernis aus
eingerammten Pfählen, welche erst bei der Armierung der Festung
vorbereitet wurden.
Polygonalsystem: Befestigungsart, bei
der auf künstliche Brechung durch sich wiederholende aus- und
einspringende Winkel verzichtet wird. Die langen geraden Linien
passen sich dem Gelände an und stoßen mit möglichst stumpfen Winkeln
aufeinander. Ein typisches Merkmal sind die Caponnieren, die vor den
geraden Fronten liegen.
Poterne: Jeder Verbindungsgang,
der durch den Wall oder unter dem Graben zur Contrescarpe führt. Sie
kann auch Fahrpoterne sein.
Ravelin: Dreieckiges oder
fünfeckiges Werk mit einem umlaufenden Graben, das durch den
Hauptgraben getrennt vor der Hauptumwallung liegt. Ravelins liegen
im Bastionärsystem vor den Kurtinen, im Polygonalsystem oft als
Schutz vor den großen Toren.
Rayon (frz. = Strahl,
Umkreis): Festungsvorgelände, das strengen militärischen
Bebauungsvorschriften unterliegt. Das preußische Rayongesetz schrieb
drei Rayons vor: erster Rayon 600 Meter vor der Enceinte; zweiter
Rayon weitere 375 Meter: dritter Rayon bis 1275 Meter vor der
Enceinte. Innerhalb dieses Bezirks durften feste Gebäude entweder
überhaupt nicht gebaut werden oder sie mußten in kurzer Zeit wieder
abgebrochen werden können.
Redoute: Häufig
trapezförmiges, in sich geschlossenes Festungswerk, das nur aus
ausspringenden Winkeln besteht. Es kann Vorwerk oder Teil der
Hauptumwallung sein.
Reduit: (frz. réduire =
zurückführen). Selbständiger, starker Kasemattbau im Innern eines
Werks. Dorthin konnte sich die Besatzung bei Eindringen eines
Angreifers in das Werk zurückziehen. Große Reduits sind die
Defensivkasernen, kleine die Blockhäuser im Gedeckten Weg. In
verteidigungstechnischem Sinn ist die Zitadelle das Reduit der
ganzen Festung.
Revêtement (frz. revêtir = bekleiden):
Senkrechte Bekleidungsmauer als Stütze einer Erdaufschüttung, zum
Beispiel Böschung oder Wall; auch Futtermauer genannt.
Retranchement (frz. retrancher = einschränken, wegschneiden):
Die Befestigungsart, bei der Stadtumwallung starke Kernwerke durch
schwächere Anschlußwerke zu verbinden.
Ricoschettschuß
(frz. ricocher = abprallen): Mit dieser Schußvariante versuchte der
Angreifer, nachdem die Längsrichtung einer Wallbatterie
ausgekundschaftet und gefunden war, durch abprallende Geschosse eine
möglichst optimale Wirkung des Schusses zu erreichen. Das Geschoß
sollte wie ein hüpfender Stein auf dem Wasser über das Gelände
streichen und alles mit sich reißen. Gegenmaßnahmen: Errichtung von
Traversen zwischen den Geschützbänken und durch entsprechend
veränderte Anlage Erschwerung des Auffindens der
Batteriestellung.
Rondengang: Der Raum zwischen der
freistehenden Escarpenmauer und dem Fuß der Wallböschung.
Saillant: (frz. saillir = hervorragen): Die Bastionsspitze, ein
ausspringender Winkel. Der Winkel oder die Spitze, die zwei Facen
beim Aufeinandertreffen bilden. Ebenso bei den Fronten der
Enceinte.
Schirrhof: Geräte- oder Fahrzeugverwaltung
einer Festung oder einer Garnison.
Schlitzscharte:
Vertikalscharte
Schulterpunkt: Der Punkt, an dem die Face
eines Werks an die Flanke stößt.
Schulterwehr: Streich-
oder Grabenwehr im Schulterpunkt.
Secondflanke: (frz.
seconder = unterstützen, hier: mit Seitenwerken versehen):
Flankierungseinrichtung, die im Zuge einer Kurtine durch
rechtwinklige Rückwärtsbrechnung der Mauer entsteht. Secondflanken
unterstützen meist Caponnieren.
Sturmfrei ist ein
Festungswerk, wenn es durch Verteidigungsanlagen derart geschützt
ist, daß der Angreifer schwere Artillerie oder Minen einsetzten muß,
um den direkten Angriff vorzubereiten.
Tambour:
Hofartige, aus Mauerwerk oder Palisaden bestehende
Verteidigungsanlage. Häufig als Torverteidigungsanlage oder als
rückwärts an einen Kasemattbau angeschlossener Hofraum
verwendet.
Tenaille (frz. = Zange): Einspringender
Winkel. Zwei Mauerzüge, die einspringend aufeinandertreffen uns sich
gegenseitig bestreichen können.
Trace: Grundrißform von
Festungsanlagen.
Traditor: Über die Kehllinie
vorspringender Teil des Reduits, der damit den Kehlgraben
bestreichen kann.
Train: Militärische Transportmittel wie
Bagage-, Brücken-, Munitions- und Sanitätsfahrzeuge.
Traverse: Querwälle (Erdtraversen) oder Querbauten
(Hohltraversen) auf dem Wall. Zur Deckung gegen seitliches Feuer
angelegt (siehe Hohltraverse).
Verschanztes Lager: Der
durch Feldbefestigungen verbundene Fortgürtel schließt einen Raum
ein, in dem größere Truppenverbände geschützt untergebracht werden
können. Auch als Lagerfestung bezeichnet.
Waffenplatz:
Grundsätzlich Truppensammelplatz. Dies kann die ganze Festung oder
das Verschanzte Lager sein oder innerhalb eines Werkes ein dafür
vorgesehener Platz oder im Gedeckten Weg durch Erweiterung desselben
angelegte Sammelplätze für Ausfalltruppen.
Wallgang:
Oberste Fläche des Walls, die hinter der Erdbrustwehr liegt. Bei
Traversen auf dem Wall läuft der Wallgang ununterbrochen erst hinter
diesen.
Wallmeister: Unteroffiziere im Feldwebelrang bei
den Fortifikationsbehörden zur Verwaltung von Materialbeständen und
zur Unterstützung der Postenoffiziere beim Bau von Festungswerken.
Sie waren Absolventen von Festungsbauschulen.
Wallstraße:
Den Wall auf der Inennseite begleitende Verbindungsstraße.
Wurfbatterie: Vorn offene Mörserbatterien, die mit Gewölben in
den Wall eingebaut sind. Gegen den Beschuß von vorn sind die Mörser
durch eine halbhohe Mauer, die das Gewölbe offen läßt, geschützt.
Das Geschütz feuerte steil durch die Öffnung zwischen Oberkante
Schutzmauer und der Gewölbedecke.
Zitadelle (italienisch
cittadella = Städtchen): Innerhalb der Festung eine kleinere
Festungseinheit, die rundum verteidigt werden konnte. Sie diente im
Notfall als Rückzugsort (Reduit) für einen bedrängten Verteidiger,
war aber auch gleichzeitig Ausgangspunkt für neue, offensive
Operationen.
Zwinger: Vor allem bei mittelalterlichen
Festungsanlagen der Raum zwischen der hohen inneren Stadtmauer und
einer davorgesetzten niederen Mauer.
- Bestandssignatur
-
C 10
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>> Nichtkommunale Behördenarchive
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03.04.2025, 12:43 MESZ
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Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 1819/1914