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Die Reinigung. Entnazifizierung nach 1945

Als der Zweite Weltkrieg am 08.05.1945 zu Ende war und das Deutsche Reich bedingungslos kapituliert hatte, fragten sich das "andere" Deutschland und die Alliierten: Wie kann man Millionen Nazis, die Mitläufer, Handlanger und Nutznießer des untergegangenen Terrorregimes zur Verantwortung ziehen? Während die Nazi-Elite vom Nürnberger Tribunal abgeurteilt wurde, versuchten die Alliierten in ihren jeweiligen Besatzungszonen mit einer Massenaktion der "Säuberung" und "Umerziehung" des deutschen Volkes die geistigen und organisatorischen Grundlagen für ein demokratisches Deutschland zu schaffen. Wie diese "Reinigung" vom Nazi-Bazillus in kleinen Städten und Gemeinden funktionierte, fernab der spektakulären Kriegsverbrecherprozesse, das versucht Klaus Amann in seinem Feature "Die Reinigung" am Beispiel des Markgräflerlands im Südwesten Deutschlands zu dokumentieren. Wurde hier wie auch anderswo in Deutschland die Praxis der "Spruchkammern" durch die "Belasteten" ad absurdum geführt?
Bericht über die Entnazifizierung in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg. Mit O-Tönen von Betroffenen und Zeitzeugen sowie historischen O-Tönen.
Sprecher: "Sie starben, damit Deutschland lebe" (Rundfunkbericht des OKW vom 03.02.1943 nach der Niederlage bei Stalingrad). Joseph Goebbels: "Nun Volk, steh' auf und Sturm brich los!" (Rede im Berliner Sportpalast vom 18.02.1943). Rundfunksprecher "... Daß unser Führer Adolf Hitler heute nachmittag ... Bis zum letzten Atemzug gegen den Bolschewismus kämpfend, für Deutschland gefallen ist" (Meldung aus dem Führerhauptquartier vom 01.05.1945). (O-Ton, engl.) Aus einem Film über die Befreiung eines Konzentrationslagers. Schuldfrage wurde eindeutig zu Lasten der Deutschen entschieden. Auszug aus einer Reportage über die Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse: Bekenne mich nicht schuldig. Angeklagter vor sowjetischem Tribunal: Bedauert seine Taten, ist zur Sühne bereit. Alliiertes Programm zur Säuberung und Umerziehung; Fragebogen führt zur Einteilung in fünf Gruppen: Hautschuldige, Belastete, Minderbelastete, Mitläufer, Entlastete.
Betroffene aus Südbaden über ihren Lebensweg im Dritten Reich und ihre Erfahrungen mit dem Entnazifizierungsverfahren; Probleme mit dem Berufseinstieg nach dem Krieg, keine tiefergehende Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus aufgrund anderer konkreter Probleme, Erfahrungen mit der französischen Besatzungsmacht. Entnazifizierung am Beispiel der Stadt Müllheim (Baden); Konflikt mit den Franzosen, Solidarisierung der Unbelasteten mit den frühereren "Parteigenossen".
Walter Faller, regionaler SPD-Vorsitzender und Bundestagsabgeordneter, über seine Rolle in der Entnazifizierungskommission; Vergessenwollen als Reaktion auf die Entnazifizierung, Verfahren gingen oft am Problem vorbei, viele wurden geschont. Abschluß der Verfahren Anfang 1949. O-Ton-Beiträge aus Bundestagsdebatte zum Thema Entnazifizierung: Forderung nach Schlußstrich, aber Haupttäter nicht davonkommen lassen; Beendigung der Verfahren als Chance für vom Nationalsozialismus Verführte; Entnazifizierung als politische Frage, die nicht mit juristischen Mitteln zu lösen ist. Entnazifizierung in der DDR. Walter Ulbricht, SED-Generalsekretär, in der Volkskammer: Entgegenkommen für ehemalige Nationalsozialisten, die keine Kriegsverbrecher sind, ihre Fehler einsehen und als Fachkräfte zu gebrauchen sind. Beispiele für unzureichende Entnazifizierung in Westdeutschland anhand der Nachkriegskarrieren von Hans Globke, Ministerialdirektor und Staatssekretär im Bundeskanzleramt 1949-1963, Mitwirkung am Kommentar zu den Nürnberger Rassengesetzen, Theodor Oberländer, Vertriebenenminister, NSDAP-Mitglied und SA-Hauptsturmführer und Veit Harlan, Filmregisseur, drehte im Dritten Reich Durchhaltefilme und antisemitische Filme; Leo Wohleb, Staatspräsident von Süd-Baden 1947-1951, zum Aufführungsverbot von Filmen von Veit Harlans. Charakterisierung von Hermann Burte, südbadischer Heimatdichter, als Blut-und-Boden-Dichter, der als Mitläufe r entnazifiziert wurde. Burte trägt eigenes Gedicht vor. Ausschnitt aus Ehrung für Burte. Clemens Vollnhals, Historiker, über Erfolge und Mißerfolge der Entnazifizierung: keine dauerhafte Ausschaltung ehemaliger Nationalsozialisten, aber oftmals Denkzettel verpaßt. O-Ton Betroffener über Ungerechtigkeiten im Entnazifizierungsverfahren: Der kleine Mann wird angeklagt, Männer wie Hans Globke nicht.

Archivaliensignatur
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, R 3/002 D993216/101
Umfang
1:00:00; 1'00

Kontext
Hörfunksendungen des SWR aus dem Jahre 1999 >> Mai 1999
Bestand
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, R 3/002 Hörfunksendungen des SWR aus dem Jahre 1999

Indexbegriff Ort
Freiburg im Breisgau FR; Nationalsozialismus
Grenzach-Wyhlen LÖ
Müllheim FR
Schliengen LÖ
Schopfheim LÖ
Weil am Rhein LÖ
Indexbegriff Sache
Alliierte
Landschaft: Markgräflerland
Nationalsozialismus: Folgen: Entnazifizierung
Nationalsozialismus: NSDAP
Nationalsozialismus; Hitlerjunge
Partei; SPD
Schriftsteller

Laufzeit
Mittwoch, 5. Mai 1999
Provenienz
SWR 2

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Rechteinformation
Letzte Aktualisierung
20.01.2023, 16:51 MEZ

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Objekttyp

  • AV-Materialien

Beteiligte

  • SWR 2

Entstanden

  • Mittwoch, 5. Mai 1999

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