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Abweichung und soziale Kontrolle unter Individualisierungstendenzen
"Nach dem Zusammenbruch des DDR-Regimes läßt sich der gesellschaftliche Transformationsprozeß in Ostdeutschland in Termini charakterisieren, die in der neueren Sozialstrukturanalyse ursprünglich mit Bezug auf die westdeutsche Gesellschaft entwickelt worden waren. Wenn nämlich das herausragende Kennzeichen der westdeutschen Sozialstruktur in ihrer Individualisierungstendenz besteht - hierunter soll vor allem das Brüchigwerden von Normalbiographien und die Herausbildung individueller Lebensverlaufmuster, die zeitliche Flexibilisierung der Berufskarriere, Lösung aus Gemeinschaftsformen, Funktionsverlust traditioneller Solidargruppen und die Abhängigkeit von sozialpolitischen Verteilungsmaßnahmen und personenbezogenen Rechtsansprüchen verstanden werden - so ist dieser Sachverhalt gerade auch für die neuen Bundesländer zutreffend. Die mit diesem Freisetzungsprozeß korrespondierende Reintegration weist für Ostdeutschland jedoch die Besonderheit auf, daß sie in einer Gesellschaftsordnung erfolgt, die ihrerseits bereits durch Individualisierungstendenzen gekennzeichnet ist. Somit werden die freigesetzten Individuen der DDR in eine Gesellschaft eingebunden, deren individualistische Vergesellschaftungslogik in vielen Punkten der kollektivistischen des DDR-Staates diametral gegenüber steht. Im Zuge dieser Individualisierungstendenzen verwischen sich die Grenzen zwischen kollektiver Autonomisierung und gesellschaftlicher Anomisierung, zwischen individueller Abweichung von Handlungsnormen und der Anpassung an veränderte Handlungsbedingungen. Während diese Kategorien an begrifflicher Schärfe verlieren, erscheint für die Analyse sozialstruktureller Veränderungen die (Wieder-) Belebung des Begriffs der 'sozialen Kontrolle' in seiner klassischen Form (vgl. etwa Park/Burgess, Gurvitch) besonders fruchtbar. Auch Ross und Durkheim hatten 'soziale Kontrolle' als Bindeglied konzipiert, das gerade Gesellschaften, deren gemeinsame Lebensgrundlagen erodieren, zusammenhält. Individualisierung läßt nämlich keineswegs auf das Fehlen sozialer Kontrolle als Komponente der sozialen Ordnungsbildung schließen, sondern sogar auf die Zunahme des Gesamtvolumens sozialer Kontrollen. Die Frage nach dem Muster der sozialen Kontrolle in einer individualisierten Gesellschaft wird dabei weder in der Aufdeckung eines nicht hintergehbaren Zwanges noch in der Konstatierung völliger Kontingenz von Praxisformen zu suchen sein. Die Frage muß vielmehr umformuliert werde: Welchen Beitrag zur gesellschaftlichen Ordnungsbildung leistet die zunehmende Individualisierung?" (Autorenreferat)
- Weitere Titel
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Deviation and social control under individualization trends
- Sprache
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Deutsch
- Umfang
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Seite(n): 363-367
- ISBN
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3-531-12836-1
- Anmerkungen
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Status: Veröffentlichungsversion; begutachtet
27. Kongreß der Deutschen Gesellschaft für Soziologie "Gesellschaften im Umbruch". Halle, 1995
- Erschienen in
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27. Kongreß der Deutschen Gesellschaft für Soziologie - Gesellschaften im Umbruch: Sektionen und Arbeitsgruppen
- Thema
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Soziologie, Anthropologie
Soziologie von Gesamtgesellschaften
Bundesrepublik Deutschland
soziale Norm
abweichendes Verhalten
Individualisierung
Transformation
Sozialstruktur
DDR
neue Bundesländer
soziale Kontrolle
deskriptive Studie
- Ereignis
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Geistige Schöpfung
- (wer)
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Hahn, Kornelia
- Ereignis
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Herstellung
- (wer)
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Sahner, Heinz
Schwendtner, Stefan
- Ereignis
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Veröffentlichung
- (wer)
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Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS)
Westdt. Verl.
- (wo)
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Deutschland, Opladen
- (wann)
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1995
- URN
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urn:nbn:de:0168-ssoar-141600
- Rechteinformation
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GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften. Bibliothek Köln
- Letzte Aktualisierung
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21.06.2024, 16:26 MESZ
Datenpartner
GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften. Bibliothek Köln. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Sammelwerksbeitrag
Beteiligte
- Hahn, Kornelia
- Sahner, Heinz
- Schwendtner, Stefan
- Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS)
- Westdt. Verl.
Entstanden
- 1995