Handschriften

Wilhelm Theodor Oskar Casselmann an Karl Weltzien

Enthält: (1r) Absolventen des Realgymnasiums in Wiesbaden war bislang mit dem Maturitätszeugnis an der Polytechnischen Schule Karlsruhe die Einschreibung für Wasser- und Straßenbau ohne Weiteres möglich. Die Wiesbadener Absolventen zeichneten sich durch "Gründlichkeit und Sicherheit ihrer mathematischen Durchbildung aus". Das Polytechnikum hat dem Vernehmen nach die Zugangsbedingungen verschärft. Bei fehlender Kenntnis der "analytische[n] Geometrie des Raumes" und der "analytische[n] Mechanik" sowie unvollständigen Kenntnissen der "Integration der Differentialgleichungen" muss nun entweder ein Jahr oder ein Semester lang ein mathematischer Vorbereitungskurs besucht werden. Der Besuch der Fachkurse ist währenddessen ausgeschlossen. Casselmann ist von der Wichtigkeit der genannten Themen für den "wissenschaftlich gebildeten Wegeingenieur" überzeugt. Bisher besuchten Fachkursteilnehmer an der Polytechnischen Schule neben ihren Fachkursen die Vorlesungen der mathematischen Klassen. (1v) Wiesbadener Realgymnasiumsabsolventen sind aufgrund ihrer mathematischen Vorbildung zum "Privatstudium der genannten Wissenschaften" befähigt. Eine Aufnahme der betreffenden Fächer in den Wiesbadener Lehrplan ist nicht mehr möglich. Die "genannten Wissenschaften" sind für den praktisch arbeitenden Wegebauingenieur irrelevant. Sie sind nicht Bestandteil des Staatsexamens (im Herzogtum Nassau) ("hiesigen Staatsexamens"). Ihre Kenntnis ist weder im Fachstudium noch in der späteren Praxis wichtig. Casselmann hinterfragt die Relevanz von Vorkenntnissen bei Studienanfängern, die nicht den badischen Staatsdienst anstreben. Die Polytechnische Schule ist den Universitäten insofern gleich, als sie die "Academiker nicht zum Studium nöthigt, keine Repetitionen hält" und keinerlei Lernnachweise fordert. Im Gegenzug übernimmt sie keinerlei Verantwortung für den Studienerfolg und bietet nur Gelegenheiten zum Lernen an. Es liegt in der Entscheidung der "18 bis 20jährigen jungen Leute, oder gar noch ältere[n]", wieviel sie lernen. (2r) Ihnen obliegt die Beurteilung, ob sie über hinreichende Vorkenntnisse verfügen. Bei Beibehaltung des Vorkurszwangs kann das Wiesbadener Realgymnasium das Karlsruher Polytechnikum nicht länger als weiterführende Ausbildungsstätte für Wegebauingenieure empfehlen. Die Eisenbahnen in Hannover und Zürich sind für Nassauer "mehr zugänglich geworden", wenngleich Karlsruhe "weit bequemer" ist. Obwohl die Wiesbadener Abhängigkeit von Karlsruhe größer ist als andersherum, bittet Casselmann Weltzien, sich für die Zulassung von Wiesbadener Studenten mit einem realgymnasialen Zeugnis "academischer Reife" (2v) ohne Zwang zum Besuch eines mathematischen Vorkurses einzusetzen. Der Besuch des Vorkurses ist bisher auch für die Erlangung des Abschlusszeugnisses des Polytechnikums relevant. Casselmann bittet um gelegentliche Mitteilung über mögliche Änderungen und den Fortschritt der "Angelegenheit" insgesamt.

Reference number
KIT-Archiv, 27072/89
Extent
2 Blatt

Holding
27072 Nachlass Karl Weltzien
Context
27072 Nachlass Karl Weltzien >> 1 Korrespondenzstücke in der alphabetischen Folge der Absender >> 1.24 Casselmann, Wilhelm Theodor Oscar (*1820, +1872)

Indexentry place
Wiesbaden/DE

Date of creation
1865 Oktober 11, Wiesbaden

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Last update
21.11.2023, 11:50 AM CET

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Object type

  • Handschriften

Time of origin

  • 1865 Oktober 11, Wiesbaden

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