Bestand
Armeeoberkommando in Ostasien (Bestand)
Geschichte des Bestandsbildners:
Am 14. November 1897 hatte das Deutsche Reich den chinesischen
Hafenort Tsingtau besetzt und in einem Vertrag mit dem Kaiserreich
China vom 6. März 1898 ein Gebiet von 550 km² mit Tsingtau als Zentrum
für 99 Jahre gepachtet - das Schutzgebiet Kiautschou. Die Provinz
Schantung, zu der das gepachtete Gebiet eigentlich gehörte wurde zum
deutschen Interessengebiet und zur neutralen Zone deklariert. In
diesem Gebiet erhielt das Reich Konzessionen zum Bau und Unterhalt von
Bahnlinien und Bergwerken. Doch bereits seit dem 30. Oktober 1895
hatte das Deutsche Reich das Recht, in den seit 1859/60 bestehenden
internationalen Vertragshäfen Tientsin und Hankou Niederlassungen
einzurichten. Und natürlich unterhielt das Reich wie die anderen
Großmächte und sonst im Chinahandel engagierten Staaten auch eine
Gesandschaft in Peking. Deutsche Missionen wirkten zudem im Innern
Chinas, ebenso deutsche Kaufleute, insbesondere auch in Shanghai. Das
Deutsche Reich war daher tatsächlich stark in China engagiert und es
sah sich auch selbst so.
Vor diesem Hintergrund
wurden die ab Ende 1899 entstandenen und schnell immer gravierender
werdenden fremdenfeindlichen Unruhen in China in Deutschland als
Bedrohung empfunden. Die Regentin, Kaiserinwitwe Cixi, blieb in ihren
Maßnahmen gegen die "in Rechtschaffenheit vereinigten Faustkämpfer",
von den Kolonialmächten kurz als "Boxer" bezeichnet, zunächst
uneindeutig, Einheiten der kaiserlich chinesischen Armee verbündeten
sich zum Teil mit ihnen. Der Aufstand nahm ab Januar 1900 weiter zu,
es kam zu ausufernden Gewaltakten gegen chinesische Christen und
Ausländer. Ab Mai 1900 waren die ausländischen Gesandschaften in
Peking von Aufständischen bedroht, die Bahnlinien von Peking an die
Küste wurden angegriffen. Die Gesandschaften forderten daher
militärische Unterstützung an. Das Deutsche Reich sandte noch im Mai
1900 ein Kontingent des in Tsingtau stationierten III. Seebataillons
nach Peking, zwei weitere Kompanien wurden nach Tientsin beordert, das
Kreuzergeschwader verlegte auf die Reede vor den Taku-Forts an der
Mündung des Flusses Peiho.
Die Situation in
Peking verschärfte sich derweil weiter, weitere Truppen waren nötig.
Die in China befindlichen Truppen der Kolonialmächte bildeten im Juni
1900 ein Expeditionskorps unter Führung des britischen Admirals
Seymour (2066 Mann). Dieses wurde jedoch Mitte Juni von chinesischen
Truppen (Boxer und reguläre Armee) aufgehalten und mußte umkehren. Die
Ausländer und chinesischen Christen in Peking hatten sich mittlerweile
im Gesandschaftsviertel verbarrikadiert und waren von der Außenwelt
abgeschnitten. Die alliierten Kolonialmächte (USA, Großbritannien,
Frankreich, Deutschland, Italien, Österreich-Ungarn, Rußland, Japan)
stürmten am 17. Juni die Taku-Forts, die chinesische Regierung
forderte am 19. Juni alle Ausländer ultimativ zum Verlassen Chinas
auf. Am 20. Juni wurde der deutsche Gesandte, Freiherr Clemens von
Ketteler in Peking ermordet. Mit Edikt vom 21. Juni erklärte China
faktisch den Alliierten den Krieg, was jedoch von diesen nicht
erwidert wurde. Die alliierten Truppen zogen sich Ende Juni 1900 nach
Tientsin zurück.
In Deutschland wurde am 25.
Juni aus den Angehörigen der Marine-Infanterie ein
Marine-Expeditionskorps von 2528 Mann (unter Generalmajor von Höpfner)
gebildet. Zudem erging am 3. Juli der Befehl zur Aufstellung eines
Expeditionskorps aus Freiwilligen des Heeres (unter Generalleutnant
von Lessel). Die Alliierten hatten sich auf die Bildung eines
internationalen Expeditionskorps geeinigt, den Oberbefehlshaber sollte
Deutschland stellen. Am 12. August 1900 wurde der ehemalige Chef des
Großen Generalstabes, Generalfeldmarschall Alfred Graf von Waldersee
zum Oberbefehlshaber der internationalen Streitmacht, die schließlich
64.000 Mann umfaßte, ernannt. Als Stab diente Waldersee das
"Armeeoberkommando Ostasien". Das Ostasiatische Expeditionskorps ging
mit seinen ersten Teilen am 27. Juli in Bremerhaven in See, bei ihrer
Verabschiedung hielt Kaiser Wilhelm II. die bekanntgewordene
"Hunnenrede". Das Deutsche Reich stellte mit den 19.093 Mann seines
Ostasiatischen Expeditionskorps unter Generalleutnant von Lessel fast
ein Drittel der internationalen Streitmacht.
Bestandsbeschreibung: Die
Unterlagen des Armeeoberkommandos in Ostasien müssen als verloren
angesehen werden. Die seinerzeit im Heeresarchiv befindliche
Überlieferung ist mit diesem beim Luftangriff auf Potsdam im April
1945 untergegangen. Der Bestand RW 63 enthält daher lediglich zufällig
an anderer Stelle erhalten gebliebene Schriftgutsplitter.
Inhaltliche Charakterisierung:
Der Bestand umfaßt im wesentlichen Berichte des Oberstabsarztes Dr.
Müller, dazu einige wenige Briefe.
Zitierweise: BArch RW
63/...
- Bestandssignatur
-
Bundesarchiv, BArch RW 63
- Umfang
-
9 Aufbewahrungseinheiten
- Sprache der Unterlagen
-
deutsch
- Kontext
-
Bundesarchiv (Archivtektonik) >> Norddeutscher Bund und Deutsches Reich (1867/1871-1945) >> Militär >> Schutztruppen und weitere Einrichtungen unter kaiserlichem Oberbefehl
- Weitere Objektseiten
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Letzte Aktualisierung
-
16.01.2024, 08:43 MEZ
Objekttyp
- Bestand
Beteiligte
- Armeeoberkommando Ostasien (AOK Ostasien), 1900-1901
Entstanden
- 1900-1901