Bestand
Präses Heinrich Held (Bestand)
Form und Inhalt: Heinrich Held (* 25.
September 1897 in St. Johann - 19. September 1957 in Düsseldorf) war
Hilfsprediger in Wesseling, Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde
Essen-Rüttenscheid, Superintendent dies Kirchenkreises Essen, Oberkirchenrat
und Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland. Des Weiteren war er
Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche der Union, Vorsitzender des
Bruderrats und Mitglied des Rats der EKD. Er war einer der Mitbegründer des
Hilfswerks der EKD und des Deutschen Evangelischen Kirchentags und
Mitunterzeichner des Stuttgarter Schuldbekenntnisses 1945.
Heinrich
Held, Sohn eines Direktors einer privaten Zuschneiderschule, besuchte das
Friedrich-Wilhelm-Gymnasium in Köln. Sein Vater war Presbyter der Altkölner
Gemeinde an der Antoniterkirche. Er selbst engagierte sich im Bibelkreis, in
der Jungschar und im Kindergottesdienst. Sein Konfirmator, Pfarrer Hugo Hötzel,
weckte in ihm den Wunsch, den Beruf des Pfarrers zu ergreifen.
Von
1915 bis 1918 nahm er als Freiwilliger am Ersten Weltkrieg teil. Er erhielt
1917 das Eiserne Kreuz II. Klasse und wurde, im Rang eines Leutnants, Adjutant
beim Divisionsnachrichtenkommandeur. Als Rekrut legte er 1915 das Notabitur
ab.
Nach Kriegsende ging er das Theologiestudium sehr energisch an.
Er studierte in Bonn und Tübingen. Bereits nach sieben Semestern schloss er es
ab. 1922 bestand er das erste, 1924 das zweite theologische Examen. 1922/23
besuchte er das Predigerseminar in Wittenberg. In Bonn trat er der
Burschenschaft der Rheno-Germania und in Tübingen der Nicaria bei.
Während seiner Tübingen Studienzeit lernte er Hildegard Röhrig kennen,
Tochter des Elberfelder Pfarrers Wilhelm Röhrig. Im Oktober 1923 verlobten sie
sich, im November 1925 heirateten sie.
Nach seiner Ordination wies
das Konsistorium der Evangelischen Kirche der Rheinprovinz Heinrich Held
Wesseling zu, einen Pfarrbezirk der Kirchengemeinde Brühl. Während seiner sechs
Hilfspredigerjahre leistete er Aufbauarbeit in einer Diaspora. Die Gemeinde
wuchs von 139 auf über 1.000 Mitglieder.
1930 wurde Heinrich Held
zum Pfarrer an der Reformationskirche der Evangelischen Kirchengemeinde
Essen-Rüttenscheid berufen. Ein Demonstrationszug der SA im Sommer 1932 mit
Sprechchören ”Deutschland erwache, Juda verrecke!“ durch die Rüttenscheider
Hauptstraße, an dem auch der Essener Superintendent teilnahm, war sein
Schlüsselerlebnis. Er engagierte sich in der Bekennenden Kirche. Im Juli 1933
protestierte er gegen die Einsetzung staatlicher Kommissare in die Leitung der
evangelischen Kirche. Er war der erste evangelische Pfarrer, der in
”Schutzhaft“ genommen wurde. Nach seiner Freilassung gründete er zusammen mit
den Pfarrern Joachim Beckmann und Friedrich Graeber die rheinische
Pfarrerbruderschaft. Er war Mitglied des altpreußischen Bruderrats und nahm an
der Barmer Bekenntnissynode teil. In der Folgezeit wurde er mehrmals verhaftet.
Über ihn verhängte der NS-Staat 1938 ein Reichsredeverbot.
Gegen
Ende des Zweiten Weltkriegs versteckte Heinrich Held zusammen mit dem
befreundeten Pfarrer Johannes Böttcher und dessen Ehefrau Käthe mehrere
verfolgte Juden in den Kellern der zerstörten Reformationskirche und der
Pfarrhäuser. In den Gottesdiensten baten die beiden Pfarrer um Spenden für
Kleidung und Lebensmittel. Die Gesuchten konnten vor dem Tod in einem
Konzentrationslager bewahrt werden. Die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem ehrte
die Retter 2003 posthum mit dem Ehrentitel ”Gerechte unter den Völkern“.
Unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Heinrich Held zum
Superintendenten des Kirchenkreises Essen gewählt. Gleichzeitig war er
Bevollmächtigter der vorläufigen Leitung der Evangelischen Kirche der
Rheinprovinz. Am 13.11.1948 wählte ihn die nunmehrige Landessynode der
Evangelischen Kirche im Rheinland zu ihrem Präses. Zugleich leitete er die
rheinische Sektion des Evangelischen Hilfswerks. Er trug entschieden zum
Wiederaufbau der rheinischen Kirche bei, indem er die Wiederherstellung
zerstörter Kirchen finanziell unterstützte und sich für die Versöhnung im
Nationalsozialismus entzweiter Kirchengemeinden und Institutionen einsetzte.
Die evangelisch-theologische Fakultät der Rheinischen
Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn verlieh ihm 1948 die
Ehrendoktorwürde.
Ein herausragendes Ereignis während seiner
Präseszeit stellte der sechzehntägige Besuch Heinrich Helds von orthodoxen
Kirchen in Russland 1955 dar. Von Bundeskanzler Konrad Adenauer geduldet,
unternahm er den Versuch eines Brückenschlags über den "Eisernen Vorhang“
hinweg.
Nach der Rückkehr von einer Tagung des Lutherischen
Weltbundes in Minneapolis/USA verstarb Heinrich Held kurz vor Vollendung des
60. Lebensjahrs an einer Lungenembolie.
Den umfangreichen Nachlass
von Präses Heinrich Held hat sein Sohn, Bischof em. Dr. Heinz Joachim Held, ab
ca. 1999 in mehreren Teilen dem Archiv der Ev. Kirche im Rheinland übergeben
und mit Transkriptionen und eigenen Beiträgen zur Biografie seines Vaters
angereichert.
Inhalt: Feldpostbriefe aus dem Ersten Weltkrieg,
Inhaftierungen 1933, 1937 und 1942, Predigten, teilweise Mitschriften,
Wochenandachten und Bibelarbeiten in Essen 1942-1949, Briefe von der
Russlandreise 1955, Briefe von der Reise zur Vollversammlung des Lutherischen
Weltbunds 1957, Vorträge und Artikel, Notizbücher und Fotoalben.
Der
Briefwechsel Hildegard Röhrig / Heinrich Held aus den Jahren 1922 bis 1925 ist
bis zum 01.07.2028 gesperrt.
Literatur: Held, Heinz-Joachim:
Heinrich Held (1897-1957). Der Präses, der Gemeindepastor, der Mensch und
Christ, in. MEKGR 45/46 (1996/97), S. 511-528.
Ergänzende
Archivbestände: 1OB 009 H 239, 1OB 022, 140; 6HA 006 (Handakten Held); Archiv
der Ev. Kirchengemeinde Essen-Rüttenscheid.
Düsseldorf, 2015
Michael Hofferberth
- Bestandssignatur
-
7NL 008 Präses Heinrich Held
- Kontext
-
Archiv der Evangelischen Kirche im Rheinland (Archivtektonik)
- Provenienz
-
Held, Heinrich Präses
- Bestandslaufzeit
-
1921-1957
- Weitere Objektseiten
- Geliefert über
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Letzte Aktualisierung
-
06.03.2025, 18:28 MEZ
Datenpartner
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Objekttyp
- Bestand
Beteiligte
- Held, Heinrich Präses
Entstanden
- 1921-1957