Zeichnung

Agnes Dürer in niederländischer Tracht

Mit freundlich-wachem Blick und ernstem, aber keineswegs missmutigem Mund schaut die in niederländischer Tracht gewandete Agnes Dürer konzentriert nach links am Betrachter vorbei. Dürer zeichnete das Bildnis seiner Frau am Ende seiner von 1520 bis 1521 dauernden Reise in die Niederlande, auf der ihn Agnes und die Magd Susanna begleiteten. In der eigenhändigen, mit der Feder aufgetragenen Beschriftung über dem Bildnis erwähnt er nicht allein den Entstehungsort. Er bemerkt sogar ausdrücklich, dass seine Frau nicht ihre angestammte Nürnberger Tracht, sondern die ortsübliche niederländische trägt. Durch einen Eintrag in sein Rechnungs- bzw. Tagebuch der niederländischen Reise wissen wir, dass Albrecht Dürer seiner Frau von einer allein angetretenen Exkursion nach Seeland Anfang Dezember 1520 aus Bergen ein Kopftuch mitgebracht hatte: »Jtem hab zu Pergn meinem weib gekaufft ein niederländisch dün duch auff den kopff, kost 1 gulden 7 stüber«. Dieses Mitbringsel trägt die 45-jährige Gattin hier mit offenbar zwischenzeitlich hinzugekommenen Teilen als nun komplettes Ensemble der noblen, pelzverbrämten Antwerpener Frauentracht der frühen 1520er Jahre. Welchem Zweck folgt die Zeichnung? Handelt es sich um eine Trachtenstudie, ein folkloristisches Andenken an ein gemeinsames Reiseabenteuer oder um eine Jubiläumszeichnung im Gedenken an den gerade am 7. Juli 1521 begangenen 27. Hochzeitstag, auf den auch die Beschriftung anzuspielen scheint? Damit wäre das Blatt wie einige andere Bildniszeichnungen Dürers, zu denen auch das Bildnis seiner Mutter gehört, Teil einer privaten Bilderchronik zum Andenken an geliebte Personen und gemeinsame Erlebnisse. Solche Blätter verblieben im Besitz Dürers. Und so sind dieses Reiseporträt der Agnes Dürer und seine Beschriftung durch ihren Gatten Albrecht auch ein wichtiges Zeugnis einer nach vielen Jahren durchaus noch von ehelicher Zuneigung geprägten Beziehung. Willibald Pirckheimer begründete hingegen nach Dürers Tod durch seine Einschätzung, die Ehe des Künstlers sei nicht glücklich und Agnes letztendlich sogar für seinen frühen Tod verantwortlich gewesen, die Legende von Agnes Dürer als »bösem Weib« (Corine Schleif: »Das Pos Weyb« Agnes Frey Dürer: Geschichte einer Verleumdung und Versuche der Ehrenrettung. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg 86, 1999, S. 54–56). Text: Michael Roth in: Dürers Mutter. Schönheit, Alter und Tod im Bild der Renaissance. Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin 5.5.-16.7.2006, Berlin 2006, S. 148-150, Kat. 93 (mit weiterer Literatur)

Urheber*in: Dürer, Albrecht / Fotograf*in: Jörg P. Anders / Rechtewahrnehmung: Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin

Namensnennung - Nicht kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland

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Material/Technik
Brauner Metallstift auf grauviolett grundiertem Papier
Maße
Blattmaß: 40,8 x 27,2 cm
Standort
Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin, Berlin
Inventarnummer
KdZ 36

Klassifikation
Zeichenkunst

Ereignis
Herstellung
(wer)
Albrecht Dürer (21.5.1471 - 26.4.1528, Zeichner)
(wann)
1521

Rechteinformation
Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin
Letzte Aktualisierung
07.04.2025, 07:53 MESZ

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Objekttyp

  • Zeichnung

Beteiligte

  • Albrecht Dürer (21.5.1471 - 26.4.1528, Zeichner)

Entstanden

  • 1521

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