Archivale
Injurien und Tätlichkeiten wegen Einquartierungen
Enthält: Tilman Schmidt und Hubert Noppenius, derzeit Bürgermeister und Gerichtsschreiber, also ehrbare Männer des Ortes, klagen gegen Johann Zaun und Wilhelm Kurffgen, dass Zaun sie beschimpft, beleidigt, schließlich tätlich angegriffen und verletzt hätten. Aus den Frageartikeln für die Vernehmung der Täter und der Zeugen, die der Anwalt der Kläger beim Gericht vorlegt, und den Antworten lässt sich das Geschehen rekonstruieren: Demnach war Zaun am 14.2. vom Schloss auf der Straße am Kloster kommend an der Herren Haus stehen geblieben und hatte seinen Stiefsohn Kurffgen geheißen, draußen zu bleiben, er wolle hineingehen und das Spiel anfangen. In der Küche, wo er Frau Noppenius antraf, hatte nach den beiden Männern gefragt. Auf deren Aussage hin, der Bürgermeister, den er in der Stube wähnte, sei nicht da, bezichtigte er sie der Lüge. In der Stube fand er aber in der Tat nur Noppenius und den Junker Leeck, den Cousin des Drossart, vor, die ihn nach seinem Begehren fragten. Nun nennt Zaun den Grund für sein Auftreten. Er beschwerte sich, dass Noppenius ihm ein Billett zu viel angeschlagen (d. h. ihm zu viel Beitrag zur Einquartierung abverlangt) habe. Noppenius rechtfertigte sich damit, dass er auf Befehl des Bürgermeisters, der Deputierten und der ’Nachbarn’ (d. h. der Gemeinde) gehandelt hätte, da Zaun 18 Morgen mehr als die 40 Morgen, die sie der Berechnung der Billettierung zugrunde gelegt hatten, besäße. Wütend verließ Zaun das Zimmer und im Vorhaus schimpfte er alle Billettierer Diebe und Schelme, die gehängt werden sollten. Dann traf er Bürgermeister Schmidt auf dem Markt und fragte ihn, warum er ihm das Billett nicht abnehmen könne. Über die Antwort, das könne er nicht allein entscheiden, kam es zum Wortwechsel, bei dem der Beklagte den Gegner Dieb und Schelm nannte. Er nehme ihm sein Geld ab und wolle ihm, als (Mit-)Bürgermeister nichts mehr geben, sondern eher seinen Soldaten. Schließlich bedrohte und schlug er ihn mit einer Mistgabel. Es entsteht ein Tumult, Noppenius und Frau kommen, zur Hilfe gerufen aus dem Haus gelaufen. Im Handgemenge, an dem sich nun auch Kurffgen mit einer Mistgabel beteiligt, werden Noppenius an der Hand zwei Finger ausgerenkt oder gebrochen. Unter den Schmähworten erinnert Zaun an ein früheres Ereignis: Noppenius hätte ihn vor drei Jahren aus Kerpen vertreiben und in Jahres Frist aus dem Dorf laufen sehen wollen und ihn damals beschimpft, dass ’die, so von dem Teuffel kommen, ietzo in Kerpen regierten’. Noppenius protestiert, aber Zaun bleibt dabei. Am Dienstag, den 15.2., droht der Beklagte sogar, Bürgermeister oder Gerichtsschreiber eine Kugel durch den Leib schießen zu wollen. Die Kläger fordern 200 Goldgulden zur Wiedergutmachung der Schmähung oder öffentlichen Widerruf und Erstattung aller Kosten und Schaden sowie eine Kaution ’non offendendo’ (d. h. sich weiterer Beleidigung zu enthalten) oder die Inhaftierung der Beklagten zu deren Erzwingung. Zaun gesteht zwar die äußeren Zusammenhänge, die Schmähungen und Handgreiflichkeiten streitet er so, wie sie ihm vorgehalten wurden, jedoch ab. Er verlangt seinerseits das zurück, was ihm ’gewaldthatlich baussen der Gebuir abgepresset’ wurde (d. h. das Billett). Bis er das erhalten habe, werde er auch die geforderte Kaution nicht leisten. Die Klage solle indes annulliert werden. Die Kläger geben sich damit natürlich nicht zufrieden und bitten um neuerliche, nun mündliche Befragung. Sie erklären sich, wohl oder übel, dabei auch mit den von den Beklagten benannten Zeugen, Milcher Müller, Theiß Hamecher und Giel Plück, einverstanden. Der Fortgang des Prozesses ist nicht überliefert. Die Datierung ergibt sich aus den Beschlussvermerken auf den Schriftstücken.
- Archivaliensignatur
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Ge, 944
- Bemerkungen
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13.-30.3.1639
- Bestand
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Gericht
- Kontext
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Gericht >> 4.1 Beleidigung, üble Nachrede - ohne und mit Tätlichkeiten
- Laufzeit
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ohne Datum
- Weitere Objektseiten
- Geliefert über
- Letzte Aktualisierung
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07.03.2025, 10:01 MEZ
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Objekttyp
- Archivale
Entstanden
- ohne Datum