Bestand
OKH / Chef der Heeresrüstung und Befehlshaber des Ersatzheeres (Bestand)
Bestandsbeschreibung: Die
Einrichtung des Stabes "Befehlshaber des Ersatzheeres (BdE)" war
gemäß Mobilmachungsplan des Heeres für den Mobilmachungsfall als
oberste Befehlsinstanz für sämtliche Dienststellen und Truppen
des Ersatzheeres vorgesehen. Seine Aufstellung erfolgte
demzufolge erst kurz vor Kriegsbeginn im August 1939. Der zum
Befehlshaber des Ersatzheeres ernannte General der Infanterie
Joachim von Stülpnagel wurde allerdings bereits am 31. August
1939 seines Amtes enthoben und der Chef des Allgemeinen
Heeresamtes, General der Artillerie Fromm, mit der Wahrnehmung
der Geschäfte auch des BdE in Personalunion mit seinem
bisherigen Amt betraut. In gleicher Weise wurden die Aufgaben
des Chefs des Stabes des BdE (zunächst Oberst d.G. Ziegler) ab
dem 13. September 1939 in Personalunion von dem Chef des Stabes
des Allgemeinen Heeresamtes, Oberstleutnant d. G. Haseloff,
wahrgenommen.
Die Aufgaben des
Befehlshabers des Ersatzheeres wurden von einer besonderen
"Gruppe BdE" bearbeitet, die dem Stab des Allgemeinen
Heeresamtes (AHA) angegliedert war. Im einzelnen waren
dies:
Referat I: Vormilitärische
Ausbildung, Ausbildung im Ersatzheer und Truppenversuche in
Verbindung mit dem Generalstab des Heeres, dem Inspekteur der
Offiziersanwärterlehrgänge, den Waffeninspekteuren und den
Waffenabteilungen des AHA.
Referat II:
Innenpolitische Angelegenheiten sowie geistige Betreuung der
Truppe in Verbindung mit den zuständigen Stellen des
Oberkommandos der Wehrmacht, des Generalstabes des Heeres und
des Allgemeinen Heeresamtes.
Referat III:
Ausbau der Truppenübungsplätze.
Ab dem
16. November 1939 wurde die Dienstbezeichnung des BdE erweitert
in "Chef der Heeresrüstung und Befehlshaber des Ersatzheeres",
wenngleich die Einschaltung des Chefs HRüst u. BdE in die
Rohstoffverteilung im Heer erst später geregelt werden
sollte.
Mit dem 15. Februar 1940 wurde
die Vereinigung mit des Stabes Chef der Heeresrüstung und
Befehlshaber des Ersatzheeres mit dem Stab des Allgemeinen
Heeresamtes aufgehoben. Amtschef der jetzt eigenständigen
Dienststelle Chef HRüst u. BdE wurde bzw. blieb General der
Artillerie Fromm; in gleicher Weise übernahm bzw. behielt Oberst
d. G. Haselhoff das Amt des Chefs des Stabes beim Chef HRüst u.
BdE. Die Stellen des Amts- und Stabschefs beim AHA wurden neu
besetzt mit Generalleutnant Olbricht und Oberstleutnant i. G.
Koehler.
Die nunmehr eigenständige
Dienststelle Chef HRüst u. BdE erhielt die bisherigen Aufgaben
der Gruppe BdE im Stabe des AHA zugewiesen, gleichzeitig wurde
eine für Rüstungsangelegenheiten zuständige Gruppe eingerichtet
und vom AHA die Zuständigkeit für die Zusammenarbeit mit den
Sturmabteilungen (SA) der NSDAP und dem Nationalsozialistischen
Kraftfahrerkorps (NSKK) übernommen. Vom AHA schieden außerdem
die Zentralabteilung und die Heereshaushaltsabteilung aus und
wurden dem Chef HRüst u. BdE unmittelbar unterstellt.
Im weiteren Verlauf des Jahres konsolidierte
sich die organisatorische Um- und Ausgestaltung des Stabes Chef
HRüst u. BdE. Einen Gesamtüberblick über seine Gliederung,
Aufgaben und die Arbeitsgebiete der einzelnen Stabsgruppe bietet
der in der Anlage beigefügte Dienstplan mit Gliederung nach dem
Stand vom 15. Oktober 1940 (Anlage 1).
Aus der gemeinsamen Zuständigkeit des Chefs der HRüst u.
BdE und des Heereswaffenamtes (WaA) in Roh- und
Werkstoff-Angelegenheiten ergaben sich von Beginn an
Kompetenzprobleme, die wohl auch dadurch genährt wurden, dass
das für diese Aufgaben zuständige Referat des Chefs HRüst u. BdE
mit Mitarbeitern des Heereswaffenamtes besetzt wurden. Am 26.
September 1941 übernahmen Angehörige des Stabes Chef HRüst u.
BdE selbst diese Positionen, ohne dass die Schwierigkeiten
zwischen den beiden Dienststellen damit aber ausgeräumt
wurden.
Im Jahre 1942 wurde die Gruppe II
(Rüst) in Gruppe III (Rüst) umnummeriert und gleichzeitig die
für Personalangelegenheiten zuständigen Gruppen P 1 und P 2 in
Gruppe II umbenannt, ohne dass sich dadurch die Zuständigkeiten
änderten. Die sich danach ergebende Stellenbesetzung und
Gliederung des Stabes Chef HRüst u. BdE und der ihm unmittelbar
unterstellten Abteilungen sind den in der Anlage beigefügten
Kopien aus dem "Wehrmachtfernsprechverzeichnis Groß-Berlin",
Stand: 15.6.1942 / 1.1. / 1.6.1943 zu entnehmen (Anlage
2).
Im Zusammenhang mit den Ereignissen
des 20.Juli 1944 wurde der Befehlshaber des Ersatzheeres,
Generaloberst Fromm, verhaftet und später hingerichtet. Noch am
selben Tag ernannte Hitler den Reichsführer SS Himmler zum neuen
Befehlshaber des Ersatzheeres und Chef der Heeresrüstung. Dieser
wiederum setzte den SS-Obergruppenführer und General der
Waffen-SS Jüttner als seinen Chef des Stabes ein. Die
Zuständigkeiten des Stabes Chef HRüst u BdE blieben zunächst
unberührt. Anfang des Jahres 1945 wurden dann jedoch die auf dem
Arbeitsgebiet der Heeresrüstung einschließlich der
Komplettierung von Waffen und Gerät eingesetzten Teile des Chefs
HRüst u. BdE - die Gruppe III (Rüst) des Stabes sowie die
Heeresrohstoffabteilung - ausgegliedert und dem "Chef des
Heeresstabes beim Chef OKW", General der Infanterie Buhle,
unterstellt. Zugleich änderte sich die Bezeichnung Chef HRüst u.
BdE in "Oberbefehlshaber des Ersatzheeres (ObdE)". Eine
Gliederung und Beschreibung der Aufgaben des Stabes ObdE und der
ihm unterstellten Dienststellen mit Stand vom 20. Februar 1945
findet sich in der Anlage (Anlage 3). Am 27. April 1945 wurde
die Dienststelle Oberbefehlshaber des Ersatzheeres
aufgelöst.
Inhaltliche
Charakterisierung: Überliefert sind im Wesentlichen folgende
Sachverhalte:
Befehlshaber bzw.
Oberbefehlshaber: Sammlung von Befehlen des Reichsführers-SS
nach Übernahme der Geschäfte (1944-1945), Rede Himmlers vor den
Wehrkreisbefehlshabern und Schulungskommandeuren zur
militärischen Lage (Sept. 1944), Ausbildung und Einsatz des
Volkssturms (1944-1945);
Chef des Stabes:
Fotokopie des Kriegstagebuchs (1941/1942);
Amtsgruppe Heeresrechtswesen: Sammlung grundsätzlicher
Erlasse zum Militärrechtswesen und zur Strafrechtspflege (12 AE,
1937-1945), Statistiken und Regelung einzelner Angelegenheiten
des Strafvollzugs (12 AE); Sammlung von Truppenberichten zur
innenpolitischen Lage und zur inneren Sicherheit (4 AE,
1939-1945); Beziehungen zum Ausland und Fragen des
Besatzungsrechts (2 AE, 1940-1941); einzelne Angelegenheiten aus
dem Bereich der Rüstung, u.a. Rohstoff- und Arbeitskräftebedarf,
Bestandsmeldungen an Waffen und Munition, Ausrüstung und
Bewaffnung des Heeres;
Gruppe P(ersonal):
Einsatz von Verbindungsoffizieren bei den Gauleitern zur
Personalbeschaffung für die Wehrmacht (1944), einzelne
Angelegenheiten zur Verleihung von Kriegsauszeichnungen, u.a.
Verwundetenabzeichen und "Ostmedaille" (1940-1944);
Truppenbetreuung im Ersatzheer, insbesondere
nationalsozialistische Führung; Befehle der Widerstandsgruppe
sowie Gegenbefehle des OKW am 20. Juli 1944; Sammlung von
Organisationsunterlagen zentraler Dienststellen des Heeres (u.a.
Geschäftsverteilungspläne, 1939-1942, 1 AE); Sammlung von
Geheimerlassen zur Organisation und Gliederung des Heeres (u.a.
einzelne Verwaltungsangelegenheiten in den besetzten Gebieten (2
AE, 1939-1941).
Nur in geringem Maße
dokumentieren die Unterlagen des Chef HRüst u. BdE die Tätigkeit
(wie z. B. die "Walküre"-Befehle) des letzten Chefs de Stabes,
Oberst i. G. Claus Schenk Graf von Stauffenberg, der den
Attentatsversuch auf Hitler am 20. Juli 1944 ausführte und nach
dem Scheitern des Anschlags im Dienstsitz des Chefs HRüst u.
BdE, im Bendlerblock in Berlin, erschossen wurde.
Erschließungszustand:
Online-Findbuch
Umfang, Erläuterung: 68
AE
Zitierweise: BArch RH
14/...
- Bestandssignatur
-
Bundesarchiv, BArch RH 14
- Umfang
-
258 Aufbewahrungseinheiten; 1,4 laufende Meter
- Sprache der Unterlagen
-
deutsch
- Kontext
-
Bundesarchiv (Archivtektonik) >> Norddeutscher Bund und Deutsches Reich (1867/1871-1945) >> Militär >> Reichswehr und Wehrmacht 1919 bis 1945/1946 >> Reichsheer und Heer >> Spitzenbehörden
- Verwandte Bestände und Literatur
-
Verwandtes Archivgut im Bundesarchiv: RH 2 Generalstab des Heeres
RH 15 Allgemeines Heeresamt
RH 68 Chef des Ausbildungswesens im Ersatzheer
Amtliche Druckschriften: RHD 46
Literatur: Kroener, Bernhard R.: Friedrich Fromm. Der "starke Mann im Heimatkriegsgebiet". In: Die Militärelite des Dritten Reiches. Hrsg. v. Ronald Smelser u. Enrico Syring Berlin 1995, S. 171-186
Ders.: Die personellen Ressourcen des Dritten Reiches im Spannungsfeld zwischen Wehrmacht, Bürokratie und Kriegswirtschaft 1939-1942. In: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Bd. 5/1. Stuttgart 1988, S. 693-1002
Ders.: "Menschenbewirtschaftung", Bevölkerungsverteilung und personelle Rüstung in der zweiten Kriegshälfte (1942-1944). In : Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Bd. 5/2. Stuttgart 1999, S. 777-1001
Mueller, Gene: Generaloberst Friedrich Fromm. In: Hitlers militärische Elite. 2 Bde. Hrsg. v. Gerd R. Ueberschär. Bd. 1. Darmstadt 1998, S. 71-78
Theis, Kerstin: Wehrmachtjustiz an der "Heimatfront". Die Militärgerichte des Ersatzheeres im Zweiten Weltkrieg. Oldenbourg 2016.
- Provenienz
-
Oberkommando des Heeres/Chef der Heeresrüstung und Befehlshaber des Ersatzheeres, mit unmittelbar unterstellten Abteilungen, 1937-1945
- Bestandslaufzeit
-
1937-1945
- Weitere Objektseiten
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- Letzte Aktualisierung
-
16.01.2024, 08:43 MEZ
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Objekttyp
- Bestand
Beteiligte
- Oberkommando des Heeres/Chef der Heeresrüstung und Befehlshaber des Ersatzheeres, mit unmittelbar unterstellten Abteilungen, 1937-1945
Entstanden
- 1937-1945