Urkunden

Der Ritterhauptmann Hans Jakob von Bodmann der Jüngere, der Abt Heinrich des Klosters Schussenried, Wolfgang [Textverlust], Landkomtur der Ballei Elsaß und Burgund des Deutschen Ordens, Jakob von Ems (Emps) von Hohenems (Hochenemps) und der Hofmeister Balthasar von Randeck (Randegk), Räte der Gesellschaft [des Sankt Jörgenschildes] zu Schwaben im Hegau und am Bodensee, beurkunden, dass sie am Ausstellungstag dieser Urkunde in der großen Stube des Rathauses der Stadt Stockach zu Gericht gesessen haben. Nach ergangener Tagsatzung sind auf der einen Seite als Kläger Hans Schenk von Stauffenberg im Namen von Werner Schenk von Stauffenberg und als Anwalt seiner Mutter Barbara Schenk von Stauffenberg und auf der anderen Seite Hans Kadel im Namen der beklagten Grafen Georg (Jörg), Ulrich und Hugo (Hug) von Werdenberg zum Heiligenberg erschienen. Am Anfang erklärte Hans Jakob von Bodmann, dass er zusammen mit den Räten die Anklage und die Erwiderung der beiden Parteien erörtert und zur Bekanntgabe des Urteils einen Rechtstag in Überlingen angesetzt habe, der aber aus bestimmten Gründen nach Stockach verlegt werden musste. Danach wurde der folgende Prozessverlauf und Gerichtshandel verlesen: Am 10. Juni 1493 (uff Mentag nach unsers lieben Herren Fronlichnamßtag) erschienen vor den Ausstellern bei ihrer Gerichtssitzung im Rathaus der Stadt Überlingen auf der einen Seite als Kläger Werner Schenk von Stauffenberg im Namen seiner Mutter, der Witwe Barbara Schenkin [von Stauffenberg], geborene Truchsessin von Bichishausen, und auf der anderen Seite im Namen der Beklagten Graf Georg von Werdenberg zum Heiligenberg. Werner Schenk von Stauffenberg legte zu Beginn einen besiegelten Gewaltbrief vor und ließ durch seinen Anwalt Kaspar Netzer, Prokurator zu Konstanz, vorbringen, dass die Grafen von Werdenberg gegen einige Rechte von Barbara Schenkin von Stauffenberg verstoßen hätten. (1) Die Grafen von Werdenberg würden den armen Leuten das von Barbara Schenkin von Stauffenberg erlaubte Roden des Waldes für Wiesen oder Äcker und das Abhauen und Ausreuten verendeter Bäume verbieten. Die armen Leute dürften das nur mit Zustimmung der Grafen von Werdenberg oder ihrer Forstmeister tun. Dieser Grund und Boden sei aber das Eigentum von Barbara Schenkin von Stauffenberg, die dort Gebot und Verbot ausübe. (2) Die Grafen von Werdenberg würden in diesen Wäldern die Eicheln herabschlagen und ihr Recht bestreiten, das Herabschlagen der Eicheln zu erlauben. Wenn sie die Früchte nicht nach ihrem Willen nützen könne, besitze der Wald für sie keinen Wert. (3) Die armen Leute müssten mit den Grafen von Werdenberg jeden Bienenschwarm (immen) teilen, den sie in diesen Wäldern finden würden, was gegen den alten Brauch verstoße und vorher nicht üblich gewesen sei. (4) Die Grafen von Werdenberg würden ihr ohne eine vorher abgeschlossene Übereinkunft nicht erlauben, Reisig in ihren Wäldern zu verkaufen oder Eichen zu richten, was nach Meinung des Anwalts unbillig sei, da ihr der Grund und Boden gehöre. (5) Die Grafen von Werdenberg bestritten ihr das Recht, diejenigen zu bestrafen, die fahrlässig den Hanfsamen (lopfinen) abhauen würden. (6) Ihr verstorbener Ehemann und alle ihre Vorfahren hätten in diesen Wäldern immer Füchse, Hasen und dergleichen jagen, fangen und hetzen können, ohne dabei beeinträchtigt zu werden. Die Grafen von Werdenberg und ihre Forstmeister würden dieses Recht nun bestreiten und diejenigen gefangen nehmen, die sie zur Jagd ausschicken würden. Nach seinem Vortrag bat der Anwalt um einen Vergleich oder um ein Urteil, wenn kein Vergleich möglich sein sollte. Graf Georg von Werdenberg ließ durch seinen Anwalt, Hans von Mulfingen (Mulfflingen), Vogt zu Sigmaringen, antworten: Es sei nicht nötig auf die lange Rede der Klägerin im einzelnen einzugehen. Die Grafschaft Sigmar ingen, in der Wilflingen liege, sei ein Lehen des Heiligen Reiches. Er und seine Brüder würden dadurch auch die Hoch- und Niedergerichtsbarkeit und den Forst- und Wildbann besitzen. Ohne Zustimmung des Lehensherren könnten sie sich in keine Rechtsauseinandersetzung begeben und seien an dieser Stelle zu keiner Antwort verpflichtet. Die Entscheidung würden sie gemäß der Einung den Ausstellern überlassen. Der Anwalt Kaspar Netzer erwiderte, dass man dem Lehen keinen Abbruch tun wolle. Barbara Schenkin von Stauffenberg klage gegen die Verletzung der alten Gewohnheiten, die ihr Ehemann und ihr Vater besessen hätten und die sie selbst besitzen würde. Es sei in der Einung ein Artikel enthalten, in dem ausdrücklich stehe, dass niemand in seinem Besitz und seinem alten Herkommen beeinträchtigt werden solle. Falls jemand gegen die vorgebrachten Klagen Widerspruch erheben wolle, solle man unbescholtene Leute darüber verhören. Graf Georg von Werdenberg erwiderte, dass er und seine Brüder bereit seien, auf die vorgebrachten Klagen zu antworten, sobald ihr Lehenherr seine Zustimmung dazu gebe. Sie würden sich dann auf ihr Besitzrecht berufen und die vorgebrachten Klagen zurückweisen. Der Anwalt Kaspar Netzer wiederholte, dass er nicht wegen des Lehens klage, sondern weil Barbara Schenk von Stauffenberg aus einem Besitz verdrängt werde, dessen Grund und Boden bereits das Eigentum ihrer Vorfahren gewesen sei. Da nun ein Artikel der Einung ausdrücklich enthalte, dass niemand unrechtmäßig aus seinem Eigentum verdrängt werden und sich das an oder in einer Grafschaft liegende Eigentum nach dem Lehen richten solle, forderte er nachdrücklich, dass es um Gewohnheit und Eigentum gehe und die Beklagten darauf antworten sollten. Graf Georg von Werdenberg wiederholte, es sei nicht erforderlich, weiter darauf einzugehen. Die vorgebrachten Klagen würden den Forst berühren, der an der Grafschaft hänge und ein Lehen sei, weshalb er hoffte, dass die Aussteller die Sache an den Lehenherren verweisen würden. Nach der Beratung über die von beiden Parteien vorgebrachte Rede und Gegenrede entscheiden die Aussteller, dass die Grafen von Werdenberg Barbara Schenkin von Stauffenberg oder ihrem Anwalt auf die vorgebrachten Klagen antworten sollen. Unabhängig von dieser Antwort soll künftig geschehen, was rechtmäßig ist. Jede der beiden Parteien erhält auf ihre Bitte eine Ausfertigung des Urteilsbriefes.

Archivaliensignatur
Abt. Staatsarchiv Sigmaringen, Dep. 38 T 1 Nr. 1526
Alt-/Vorsignatur
I Familie A c 1
N[umer]o 2.
Litt[era] D L[ade] N[umer]o 9.
N[umer]o 359.
Sprache der Unterlagen
Deutsch
Sonstige Erschließungsangaben
Schaden: Größerer Einriss oben und kleinerer Einriss unten, dadurch oben größerer Textverlust.

Siegler: Hans Jakob von Bodmann der Jüngere, Ritterhauptmann.

Überlieferungsart: Ausfertigung

Siegelbeschreibung: 1 Siegel: Abgegangen.

Kontext
Gf. und Frh. Schenk von Stauffenbergische Archive: Urkunden >> Familie
Bestand
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Sigmaringen, Dep. 38 T 1 Gf. und Frh. Schenk von Stauffenbergische Archive: Urkunden

Indexbegriff Sache
Bienen
Deutscher Orden; Ballei Elsaß und Burgund; Landkomture
Eicheln
Eichen
Füchse
Hanfsamen
Hasen
Hoch- und Niedergerichtsbarkeit
Reisig
Waldrodung
Wildbann
Indexbegriff Person
Bichishausen, Barbara von; Truchsessin
Bodmann, von; Hans Jakob, der Jüngere
Ems von Hohenems, Jakob von
Heinrich; Abt des Prämonstranserklosters Schussenried (Bad Schussenried BC)
Kadel; Hans
Mulfingen, von; Hans (Sigmaringen SIG)
Netzer; Kaspar (Konstanz KN)
Randeck, von; Balthasar
Schenk von Stauffenberg, Hans; von 1474-1511 urkundlich erwähnt
Schenk von Stauffenberg, Werner; -1529
Werdenberg, Georg von; Graf, 1425-1504
Werdenberg, Hugo VII. von; Graf, 1459-1508
Werdenberg, Ulrich von; Graf, -1503
Indexbegriff Ort
Schussenried BC; Prämonstratenserkloster; Äbte
Schwaben; Reichsritterschaft; Kanton Hegau und Bodensee; Räte
Schwaben; Reichsritterschaft; Kanton Hegau und Bodensee; Ritterhauptmänner
Sigmaringen SIG; Grafschaft und Fürstentum; Untervögte
Stockach KN; Rathaus
Überlingen FN
Wilflingen, Langenenslingen BC; Herrschaft; Forstgerechtigkeit
Wilflingen, Langenenslingen BC; Herrschaft; Hoch- und Niedergerichtsbarkeit
Wilflingen, Langenenslingen BC; Herrschaft; Jagdgerechtigkeit

Provenienz
Gesamtarchiv Schenk von Stauffenberg
Laufzeit
1493 Oktober 23 (uff Mitwochen nach der ainliff tusend ma(e)gd tag)

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Letzte Aktualisierung
03.04.2025, 13:40 MESZ

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Objekttyp

  • Urkunden

Beteiligte

  • Gesamtarchiv Schenk von Stauffenberg

Entstanden

  • 1493 Oktober 23 (uff Mitwochen nach der ainliff tusend ma(e)gd tag)

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