Bestand

Militärischer Nachlass Franz Sigel, US Generalmajor, *1824 +1902 (Bestand)

Vorbemerkung: Unter den Protagonisten der Revolution von 1848/49 war der 1824 in Sinsheim geborene Badener Franz Sigel als ehemaliger Berufsoffizier (1847 wegen eines Duells entlassen) eher eine Ausnahmeerscheinung. Auf der Offenburger Versammlung am 19. März 1848 wurde er von den Konstanzer Bürgern beauftragt, den Seekreis gegen einen Einfall bayerischer und württembergerischer Truppen zu bewaffnen. Seine aktive Beteiligung an dem misslungenen Umsturzversuch der Republikaner Hecker und Struve zwang ihn zur Flucht in die Schweiz. Erst nach der Vertreibung des Großherzogs Leopold kehrte er nach Baden zurück und trat als Kriegsminister am 1. Juni 1849 in die provisorische Regierung ein. Eine Woche später übernahm der polnische General Louis Mieroslawski den Oberbefehl der Revolutionsarmee, dem sich Sigel als Generaladjutant zur Verfügung stellte. Nach mehreren Niederlagen gegen die preußische Armee zog sich Sigel am 11. Juli - noch vor dem Fall der Festung Rastatt - mit dem Rest seiner Truppen in die Schweiz zurück. Über Paris und London emigrierte er 1852 nach Amerika und ließ sich - wie schon vor ihm Friedrich Hecker - in Saint-Louis nieder, wo er als Lehrer tätig war. Im amerikanischen Sezessionskrieg diente er 1861-1865 in der Armee der Nordstaaten und warb eine Truppe deutschstämmiger Freiwilliger an. Nach dem Sieg bei Pea Ridge wurde mit dem Rang eines Generalmajors ausgezeichnet. Lincoln ernannte ihn 1864 zum Kommandeur der Armee West Virginia. Im Mai 1865 legte er sein Kommando nieder. 1867 zog er nach New York, wo er bis zu seinem Tode 1902 als Vizepräsident einer Eisenbahngesellschaft, als Publizist und in verschiedenen Ämtern der New Yorker Stadtverwaltung wirkte. Seine große Popularität in den USA spiegelt sich in zwei Denkmälern, die ihm in Saint-Louis und New York errichtet wurden. Der "Nachlass" des Franz Sigel (1), den der Stuttgarter Postamtmann Lembeck 1944 dem Stuttgarter Heeresarchiv schenkte, besteht vor allem aus Erinnerungsstücken an diese Denkmäler. Darüber hinaus enthält er aber auch eine wichtige Quelle über die Ereignisse im Seekreis vom April 1848. Mit dem sozialdemokratischen Journalist Wilhelm Blos (1849-1927), nach der Abdankung König Wilhelms II. 1919-1920 Staatspräsident von Württemberg, der 1893 eine Darstellung über die "Deutsche Revolution" und 1902 die Memoiren des Franz Sigel veröffentlichte, stand Sigel in langjährigem Briefkontakt. In einem seiner Briefe vom Mai 1892 schilderte er Blos seine Erlebnisse von 1848/49 sowie Eindrücke vom Leben der deutschen Emigranten in den USA (2). Obwohl vom Umfang her sehr bescheiden, illustriert der "Nachlass" des Franz Sigel doch anschaulich ein deutsches Emigrantenschicksal und damit nicht zuletzt eine wichtige Ebene in den deutsch-amerikanischen Beziehungen des 19. Jahrhunderts. Der Bestand wurde im Rahmen der Ausbildung von Frau Dr. Margit Müller unter Anleitung von Dr. Moegle-Hofacker verzeichnet. Er umfasst drei Archivalieneinheiten bzw. 0,1 lfd. Regalmeter. Stuttgart, im November 1997 Franz Moegle-Hofacker

Anmerkungen: (1) Briefe und Akten von Franz Sigel von 1849 befinden sich im Generallandesarchiv Karlsruhe. (2) Die von Wilhelm Blos herausgegebenen "Denkwürdigkeiten des Generals Franz Sigel aus den Jahren 1848und 1849, Mannheim 1902" bieten auf S. 165-166 auch Auszüge aus dem in M 660 enthaltenen Brief von 1892; beim Druck wurden jedoch die zahlreichen Auslassungen in der Passage nicht kenntlich gemacht.

Bestandssignatur
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, M 660/210

Kontext
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart (Archivtektonik) >> Militärische Bestände 1871-ca. 1920 >> Nachlässe und Sammlungen >> Nachlässe

Indexbegriff Person

Bestandslaufzeit
1892, 1907, o. D.

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Rechteinformation
Letzte Aktualisierung
20.01.2023, 15:09 MEZ

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Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • 1892, 1907, o. D.

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