Tektonik
Vorderösterreich
Überlieferungsgeschichte
Die vorderösterreichischen Gebiete Breisgau, Schwäbisch-Österreich und Vorarlberg unterstanden bis 1752 der oberösterrreichischen Regierung in Innsbruck. Erst 1753 wurden sie von Innsbruck losgelöst und neugeschaffenen gleichrangigen Regierungsbehörden in Konstanz bzw. Freiburg unterstellt; der Wirkungskreis der Innsbrucker Regierung umfaßte nur noch Tirol, ab 1782 auch wieder Vorarlberg, dessen Verwaltung zu diesem Zeitpunkt wieder aus Vorderösterreich ausgegliedert wurde. Als Vorakten erhielt die neue Regierung in Freiburg umfangreiche Unterlagen aus Innsbruck, die teilweise bis ins 14. Jahrhundert zurückreichten.
Infolge des Krieges mit Frankreich wurde die vorderösterreichische Regierung und Kammer nach Konstanz und dann nach Günzburg verlegt. Hier befanden sich die geflüchteten Registraturen und Archive der Zentralbehörden, als Vorderösterreich nach dem Preßburger Frieden 1805/06 zum größten Teil unter den süddeutschen Rheinbundstaaten verteilt wurde. Nur Vorarlberg verblieb bei Österreich; der Hauptteil von Schwäbisch-Österreich fiel an Württemberg, das auch vorübergehend die Landgrafschaft Nellenburg erhielt, bis diese 1810 badisch wurde. Baden erhielt außerdem die Landvogtei Ortenau, den Breisgau, die Herrschaften und Städte im südlichen Schwarzwald und am Hochrhein, Villingen, Bräunlingen und die Herrschaft Triberg. Die Markgrafschaft Burgau kam zu Bayern, das 1816 auch noch die Reichsgrafschaft Falkenstein erhielt.
Mit der schriftlichen Überlieferung Vorderösterreichs wurde entsprechend verfahren. Nach dem für die Zeitgenossen gültigen Prinzip der Archivfolge waren Archive und Dokumente an Rechtsnachfolger zu übergeben. Das bedeutete, daß die Archivalien nach Ortspertinenz, das heißt nach ihrem örtlichen Bezug, an die neuen Besitzer der Territorien verteilt wurden. Die in etwas über 400 Kisten verpackten Dokumente wurden 1806-1808 hauptsächlich verteilt an Württemberg, Bayern und Baden. Vieles wurde bereits zu diesem Zeitpunkt vernichtet oder ging verloren.
Von Konstanz nund Günzburg erhielten Baden, Bayern und Württemberg zunächst die jeweils die sie direkt betreffenden Akten; die gemeinschaftlichen Akten sollten in Günzburg konzentriert werden. So erhielt Württemberg von Konstanz 28 Kisten, die in Stuttgart auf zahlreiche Behörden verteilt wurden und von Günzburg 125 Kisten und vom gemeinschaftlichen Rest noch einmal 45 Kisten. Diese wurden in ein neu eingerichtetes Archivdepot in der ehemaligen Benediktinerabtei Wiblingen verbracht. Von dort wurden von den Württemberg betreffenden Akten 1808-1809 noch einmal 24 Kisten nach Stuttgart verbracht und an Behörden abgebeben, einiges erhielt 1808-09 und noch einmal 1825-27 das Staatsarchiv direkt. Der verbliebene Rest kam 1846 nach Stuttgart in die Tübingertorkaserne und wurde von dem dafür angestellten Archivkommissär Valentin Schloßstein nach damaligen Kriterien bewertet und nach einem Ordnungsschema eingeteilt, das bis heute Gültigkeit besitzt. An einen allgemeinen, in Sachrubriken gegliederten Teil, schließt sich ein besonderer Teil an, der - je nach Bestand - nach Geschlechtern oder nach Orten unterteilt ist. Die so geordneten Bestände gelangten 1869 ins neu errichtete Staatsfilialarchiv Ludwigsburg und 1969 ins Hauptstaatsarchiv Stuttgart.
In einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt wurden von 1985 bis 2002 sämtlicbe Akten und Amtsbücher der vorderösterreichischen Zentralbehörden in den badischen, württembergischen und bayerischen Staatsarchiven neu verzeichnet mit dem Ziel eines Gesamtinventars, um der komplizierten Überlieferung Rechnung zu tragen und wenigstens zum Teil die Zersplitterung wieder rückgängig zu machen. Im Zuge dieser Neuverzeichnung wurden dann aber auch die Bestände zwischen den beteiligten Staatsarchiven neu aufgeteilt. Maßgeblich ist jetzt der Sitz der jeweiligen aktenproduzierenden Stelle, die Bestandsbildung Schloßsteins selbst musste beibehalten werden. Demnach sind die Stuttgarter Bestände B 17 (Rubrik I, Allgemeines, und II, Familien der Schloßsteinschen Einteilung) und B 51 (Rubrik III, 9. Nellenburg) jetzt im Generallandesarchiv Karlsruhe zu suchen enstprechend dem Sitz der vorderösterreichsichen Regierung in Freiburg und dem Sitz des ehemaligen nellenburgischen Oberamts in Stockach. Auch die sogenannten "Schwabenbücher" (Abschriften des Auslaufs der Innsbrucker Regirung), die bisher auf verschiedene Bestände aufgeteilt waren (u.a. auch im Staatsarchiv Augsburg), wurden wieder als zu den Generalia gehörend im Generallandesarchiv Karlsruhe vereinigt. Die Abgabe der vorderösterreichischen Gerichtsbestände B 27 und B 28, die als Provenienzbestände im Rahmen der Neuverzeichnung erst gebildet worden waren, nach Karlsruhe ist vorgesehen. Eingegliedert werden sollen darin provenienzgerecht auch die von Eugen Stemmler separat verzeichneten die Grafschaft Hohenberg betreffenden Gerichtsakten (B 39 und B 39a) sowie die ensprechenden Karlsruher Bestände. An das Staatsarchiv Augsburg abgegeben wurden gemäß dem Sitz des Oberamts Burgau in Günzburg sämtliche Akten der Regierung betreffend Burgau sowie die Akten des Oberamts Günzburg (B 36 und B 36a). Somit verbleiben im Hauptstaatsarchiv Stuttgart sämtliche Regierungsakten betreffend Hohenberg (Rubrik III, 7 der Einteilung von Schloßstein; Bestände B 37a, B 38 I und II, B 38a, B 38b) und die Regierungsakten betreffend die Landvogtei Schwaben (Rubrik III, 8 der Eintelung von Schloßstein; Bestand B 60) sowie die entsprechenden Regierungsakten betreffend das Oberamt Tettnang (Rubrik III, 10 der Einteilung von Schloßstein, Bestand B 63). Zu letzterer kamen dann noch im Rahmen dieses Austausches die bisher im Stastarchiv Augsburg verwahrten Akten betreffend das Oberamt Tettnang (jetzt Bestand B 63 Au).
Von dem geplanten Gesamtinventar, das auf 10 Bände berechnet ist, sind bisher erschienen:
Band 4, Vorderösterreichische Regierung und Kammer betreffend Oberamt Günzburg und Rothenfels 1753-1805, 2004 (Akten v. a. im Staatsarchiv Augsburg)
Band 5, Vorderösterreichische Regierung und Kammer betreffend Oberamt Altdorf 1753-1805, 1998 (Akten v.a. im Hauptstaatsarchiv Stuttgart)
Band 6, Vorderösterreichische Regierung und Kammer betreffend Oberamt Rottenburg 1753-1805, 1999 (Akten v.a. im Hauptstaatsarchiv Stuttgart).
Die Einteilung der nachfolgend beschriebenen Beständegruppe bleibt im übrigen so wie sie K. O. Müller im Rahmen seiner Gesamtübersicht 1937 mit den heute noch gültigen Signaturen festlegte. Zunächst folgen die Bestände, die ganz Vorderösterreich betreffen, worunter auch die Misch-Pertinenzbestände B 19, B 23, B 31, B 32 fallen ; dananch folgen die auf einen Landesteil bezogenen bzw. die in dem jeweiligen Landesteil entstandenen Akten nach dem Alphabet der Gebietsnamen.
Zum Einzelnen vgl. die Bestandsbeschreibungen.
- Context
-
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart (Archivtektonik) >> Neuwürttembergische Herrschaften vor 1803/1806-1810
- Other object pages
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Rights
-
Es gelten die Nutzungsbedingungen des Landesarchivs Baden-Württemberg.
- Last update
-
20.01.2023, 3:09 PM CET
Data provider
Landesarchiv Baden-Württemberg. If you have any questions about the object, please contact the data provider.