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Der geblendete Simson
Im Jahre 1910 hatte sich Corinth als „Der Sieger“ (Verbleib unbekannt) gemalt, in kostbarer Rüstung mit Lanze und Lorbeerkranz, vor sich seine junge Frau; 1911 stellte er sich als gerüsteten „Fahnenträger“ (Muzeum Narodowe w Poznaniu) dar. Beide Bilder betonen und beschwören Stärke und Unverletzbarkeit. Am Ende des Jahres 1911 aber traf Corinth ein Schlaganfall und untergrub nachhaltig das trotzig gesteigerte Selbstgefühl. Kaum zu Kräften gekommen, fand der Maler auch für die neue, demütigende Situation eine symbolisch aufgeladene, entlastende Form der Selbstdarstellung. Die Möglichkeit dazu war im Künstler- und Geniekult des 19. Jahrhunderts angelegt. Das Leben des wahren Künstlers, sein Leiden an der Welt, wird seit der Romantik als ein besonderes Schicksal verstanden. Sogar die Identifikation mit Christus oder mit Simson, einer alttestamentarischen Präfiguration Christi (Richter 13–16), gehörte zum Selbstverständnis deutscher Künstler. Simson wurde durch Verrat und das Abschneiden der wundersamen Locken um seine übernatürliche Stärke gebracht. Seine Feinde, die Philister, fesselten ihn und stachen ihm die Augen aus. Mit den Haaren aber wuchs seine Kraft wieder. Der einstmals zur Belustigung der Philister herangeholte Simson rächte sich an seinen Widersachern durch das Zerbrechen der tragenden Säulen des Festsaales, der ihn wie die Philister unter sich begrub – eine gut übertragbare Geschichte von Verlust und Aufbegehren, Sieg und Untergang. | Angelika Wesenberg
- Material/Technik
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Öl auf Leinwand
- Maße
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Rahmenmaß: 159 x 125 x 11 cm
Höhe x Breite: 130 x 105 cm
- Standort
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Alte Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin
- Inventarnummer
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A III 668
- Verwandtes Objekt und Literatur
- Ereignis
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Erwerb
- (Beschreibung)
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1980 Ankauf über das Auktionshaus Christie's aus Londoner Privatbesitz
- Ereignis
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Herstellung
- (wann)
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1912
- Letzte Aktualisierung
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08.08.2023, 11:02 MESZ
Datenpartner
Alte Nationalgalerie. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Bild
Beteiligte
Entstanden
- 1912