Bestand
Teilnachlass des Geografen Prof. Dr. Wilhelm Evers (Bestand)
Geschichte des Bestandsbildners: Der Geograph Wilhelm Evers wurde am 24.07.1906 in Söhlde (Landkreis Hildesheim) geboren. Nach dem Abitur in Hildesheim studierte er Geographie, Geologie und Volkswirtschaft an den Universitäten Göttingen, Heidelberg, Grenoble und Greifswald, wo er 1934 zum Dr. phil. promovierte. Nach Ableistung des Wehrdienstes wurde Evers 1936 wissenschaftlicher Assistent am Geographischen Institut der Technischen Hochschule Hannover, an der er auch 1940, während einer Beurlaubung vom Kriegsdienst, habilitierte. Nach vierjähriger Tätigkeit als Privatdozent an der Technischen Hochschule Hannover wurde Evers 1951 zum außerplanmäßigen Professor der Geographie und 1956 zum beamteten Professor ernannt.
Die wissenschaftlichen Hauptarbeitsgebiete von Professor Evers waren:
- Länderkunde von Niedersachsen (Nordwestdeutschland) und von Nordeuropa
- Geomorphologie einschließlich Glaziologie besonders von Nordeuropa
- Kulturgeographie, Siedlungs- und Wirtschaftsgeographie von Nordwestdeutschland und Nordeuropa
Bei den Arbeiten auf letztgenanntem Gebiet stieß Prof. Evers auf den herzoglich-braunschweigischen Hof- und Oberjägermeister sowie königlich dänisch/norwegischen Generalforstmeister Johann Georg von Langen (1699-1776).
Johann Georg von Langen wurde am 22. März 1699 als Sohn des Freiherrn Johann Ludwig von Langen und seiner Gemahlin Charlotte, geborene Freifrau von Seebach, auf Gut Oberstadt in der ehemaligen Grafschaft Henneberg geboren. Das Gut und heutige Dorf liegt in der Nähe von Hildburghausen in Thüringen. J.G. von Langens Vorfahren - das Rittergeschlecht derer von Langen - waren nachweisbar seit dem 14. Jahrhundert im westlichen Niedersachsen, in der Nähe von Meppen, ansässig. Im 16. Jahrhundert zieht ein Zweig der Familie über Stadthagen nach Schleusingen in Thüringen, wo der Urgroßvater Johann Georg von Langens, Humbert von Langen als Erb- und Gerichtsherr Gut und Schloß Oberstadt erhält.
Diesen Besitz verlor die Familie 1712. Sie fand Zuflucht auf dem Gut Klein-Fahner (bei Gotha). Durch gute Beziehungen seiner Mutter fand der junge Georg von Langen 1716 Aufnahme als Jagdpage am fürstlichen Hof zu Blankenburg am Harz und erhielt zugleich seine gründliche jagdlich-forstliche Ausbildung. Eine Bildungsreise führte von Langen zwischen 1719 und 1721 an verschiedene andere Höfe, u.a. Stuttgart, München, Wien und Dresden.
Danach wurde Johann Georg von Langen in Blankenburg 1721 zum Jagdjunker und 1726 zum Forstmeister mit der Verantwortung für ein eigenes Revier - um Braunlage und Blankenburg - ernannt. Im Rahmen der ihm von Herzog August Wilhelm übertragenen Aufgabe, die Forsten des braunschweigischen Harzes zu vermessen, konnte von Langen zum ersten Male seine grundlegenden Ideen über einen nach modernen Gesichtspunkten durchgeführten Waldbau entwickeln und auch - im eigenen Revierbereich - in die Tat umsetzen oder doch den Grund dazu legen. Als Ergebnis seiner ersten forstlichen Tätigkeit legte er 1732 ein bedeutendes Forsteinrichtungswerk für größere Teile des Oberharzes, den ersten Forstatlas überhaupt, vor. Dieses Kartenwerk war so genau, daß es für das Forstrevier Braunlage noch der Betriebsordnung von 1816-1845 zugrunde gelegt wurde. Einen zweiten Schwerpunkt der forstlichen Tätigkeit von Langens waren Erhaltung und Pflege des Waldes als wirtschaftlicher Wertfaktor, der zu dieser Zeit durch einen heute unvorstellbaren Raubbau stark gemindert war. Die energische und konsequente Durchführung einer geregelten Bewirtschaftung der Wälder - J.G. von Langen prägte die Idee des Säens und Pflanzens - brachten dem jungen Forstmann Anerkennung und Bekanntheit, aber auch Neid und Missgunst seitens der älteren Generation.
Geschichte des Bestandsbildners: Um den dadurch hervorgerufenen Querelen im Herzogtum Braunschweig zu entgehen, nahm J.G. von Langen 1737 das Angebot des dänischen Königs Christian VI., der durch seinen Vetter, den Grafen Christian Ernst von Stolberg-Wernigerode auf den Forstwirt aufmerksam gemacht worden war, an , die norwegischen Forsten zu reorganisieren. Unterstützt durch seinen besonders auf kartographischem Gebiet bewanderten Bruder Franz Philipp von Langen (1709-1751) und eine Reihe weiterer deutscher Forstleute wurde zunächst die Kartierung des südlichen Norwegen und später auch des Nordlandes in Angriff genommen. Eine Arbeit, die zwar nicht beendet wurde, aber die Brüder von Langen als Bahnbrecher der norwegischen Landesaufnahme erscheinen läßt. Weiterhin entwickelte und realisierte J.G. von Langen umfangreiche Pläne die Wirtschaftskraft des Landes, auf der Grundlage einer wieder gesundeten Forstwirtschaft durch die Errichtung von gewerblichen Betrieben aller Art heben zu können. Als allerdings die Finanzverwaltung in Kopenhagen die zu einem vollen Erfolg seiner Maßnahmen erforderlichen Investitionen verweigerte, trat J.G. von Langen von seiner Aufgabe zurück.
1745 wies ihm Karl I. von Braunschweig-Wolfenbüttel ein neues Tätigkeitsfeld zu: den braunschweigischen Teil des Weserberglandes, den sogenannten „Weserdistrikt“. Im Herbst 1745 begann der wieder zum Oberjägermeister ernannte J.G. von Langen seine Arbeit in den Forsten von Solling, Hils und Vogler. Neben der Kartierung der Forsten und der Sicherung eines allmählichen Wiederaufbaus eines gesunden und gleichmäßigen Baumbestandes widmete sich von Langen der Hebung der Wirtschaftskraft des ganzen Gebietes durch Neugründung oder Sanierung von gewerblichen Betrieben verschiedenster Art. Zwei Beispiele mögen hier genügen: Die Neugründung und Reorganisation der Glashütte „am grünen Plan“ mit der nach von Langens Plänen errichteten Werkssiedlung in Grünenplan und die Gründung der „Ehemals herzoglich-braunschweigischen Porzellanmanufaktur Fürstenberg“ an der Weser. Auch zum Harz hielt von Langen die alte Verbindung aufrecht und führte dort zur Linderung der Not der Bergarbeiterbevölkerung den Kartoffelanbau ein.
Noch einmal kehrte der über 60-Jährige einer langjährigen Wirkungsstätte den Rücken und übernahm die ihm durch königlich-dänische Resolution vom 20. Oktober 1762 übertragene Aufgabe, auf der Hauptinsel Seeland seine waldbaulichen Reformpläne zu realisieren. In Zusammenarbeit mit dem höchsten dänischen Forstbeamten von Gram legte von Langen im Juni 1764 die Gram-Langensche Forstordnung vor, die von König Fredrik V. gutgeheißen und für ganz Dänemark erlassen wurde. In den Forsten Seelands strebte von Langen eine Steigerung der Ertragsfähigkeit durch Artenwechsel an. Durch die Gründung einer Forstschule sorgte J.G. von Langen dafür, daß sein Wissen an die jüngere Generation weitergegeben wurde.
Geschichte des Bestandsbildners: Am 25. Mai 1776 starb Johann Georg von Langen in seiner Dienstwohnung im Schloß Jägersborg und wurde am 31. Mai in einer Gruft der Kirche von Gentofte begraben. Die von J.G. von Langen getroffenen Maßnahmen auf forstwirtschaftlichem Gebiet und die durch seine Initiative ins Leben gerufenen Werke bleiben – nach Ausfall des treibenden Motors – vielfach unvollendet. Andere hatten bis heute Bestand, wie die von Langenschen Plantagen auf Seeland oder die schon erwähnte Porzellanmanufaktur in Fürstenberg. Wieder andere erwiesen sich wegen technischer oder finanzieller Aufwendigkeiten als unrealisierbar, z.B. der Plan einer Kanalisierung der Oker und der Schunter zwischen Harz und Braunschweig. Die Ideen, Pläne und Realisierungen J.G. von Langens zeigen, daß seine Schaffenskraft nicht nur der Forstwirtschaft galt, sondern der Infrastruktur eines Gebietes. So hat J.G. von Langen nicht nur einen Platz in der Geschichte der Forstwirtschaft sondern auch in der Geschichte der Landschaftsplanung und Raumordnung. Mit vielen Deutschen teilt J.G. von Langen das Schicksal, daß seine Fähigkeiten im eigenen Land nicht voll erkannt und noch weniger gewürdigt wurden und daß seine Arbeitskraft im hohen Maße auch dem Ausland zugute kam. Aber auch von dänischer und norwegischer Seite werden die Leistungen J.G. von Langens und der mit ihm in den Norden gezogenen deutschen Forstleute noch heute besonders gewürdigt.
Bestandsgeschichte: Zur umfassenden Erforschung der Persönlichkeit, der Leistungen sowie der Auswirkung der Tätigkeit von Langens auf die Kulturlandschaften seiner verschiedenen dienstlichen Wirkungsgebiete baute Prof. Evers schon vor 1970 ein "Archiv Johann Georg von Langen" auf. Dieses Archiv sollte folgende Funktionen erfüllen: Sammlung allen auf von Langen bezüglichen Schrifttums (mit Literaturkartei), Aufbau eines Bildarchivs, Kontaktaufnahme mit einschlägigen Institutionen und Einzelpersonen insbesondere auch in Skandinavien, Anregung von Forschungen über von Langen mit dem Endziel einer wissenschaftlichen Biographie (vgl. Neues Archiv für Niedersachsen, Bd. 19, Jg. 1970, S. 388f). Dieses von Evers aufgebaute "Archiv von Langen" wurde nach seinem Tod (am 18. Juli 1984) dem Staatsarchiv Wolfenbüttel von seinen Erben geschenkt (Umfang: 1,2 lfdm, Zg. 23/84).
Der vorliegende Bestand wurde von dem Angestellten Reinhard Försterling im Jahre 1985 geordnet und verzeichnet.
Der Zugang 13/95 wurde als Nachtrag (Abt. V-IX) in den Bestand eingegliedert.
gez. [Dr.] D[ieter] Lent
- Bestandssignatur
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Nds. Landesarchiv, Abt. Wolfenbüttel, NLA WO, 307 N
- Kontext
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Nds. Landesarchiv, Abt. Wolfenbüttel (Archivtektonik) >> Gliederung >> 4 Nichtstaatliches Schriftgut (N) >> 4.8 Guts- und Familienarchive, Einzelpersonen
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30.01.2023, 15:52 MEZ
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