Bestand

Mainz, Erzstift: württ. Orte, Urkunden (Bestand)

Überlieferungsgeschichte
In diesem Bestand sind die über das Kreisarchiv Würzburg im Jahre 1909 eingekommenen Urkunden aus den Archiven des Mainzer Erzbischofs und des Domkapitels zu Mainz vereinigt. Die Urkunden gelangten 1948 in das Stuttgarter Hauptstaatsarchiv und wurden von dort im Zuge der Beständebereinigung im Jahr 1969 wieder nach Ludwigsburg abgegeben.

Inhalt und Bewertung
Die Urkunden betreffen überwiegend ehemals zum Erzstift Mainz gehörige Orte im württembergischen Unterland. Sie beinhalten Kauf- und Tauschgeschäfte, Schuldverschreibungen, Belehnungen und sonstige besitzrechtliche Angelegenheiten.

I. Geschichte des Bestands: In Fortführung der seit dem Jahr 1803 nach Ortsbetreff betriebenen Aufteilung der ehemaligen Mainzer Archive erhielt das Staatsarchiv Stuttgart 1909 vom Kreisarchivar Würzburg neben anderen bayerischen Extradita Urkunden und Akten des Erzstifts Mainz. Sie wurden vom Staatsarchiv Stuttgart mit Erlass vom 17.9.1909 Nr. 977 an das damalige Staatsfilialarchiv Ludwigsburg übersandt. Hier bildeten die eingekommenen Urkunden einen eigenen Bestand, der 1937 die Signatur B 472 erhielt und nach seiner Neuverpackung nach dem Zweiten Weltkrieg in 113 Nummern 116 Urkunden umfasste. Diese Urkunden reichen zeitlich von 1402 bis 1805 und betreffen überwiegend ehemals zum Erzstift Mainz gehörige Orte im württembergischen Unterland. Von der Archivalienausscheidung von 1909 ausgenommen blieben Urkunden vor 1400, die sich seit 1830 im Hauptstaatsarchiv München befinden dürften. Als Ersatz für eine bereits 1807 vermisste Urkunde (Nr. 65) und für einige Urkunden (Nr. 3, 13, 74, 79, 81, 83), die sowohl badische wie württembergische Orte betreffen und vermutlich nach Karlsruhe gekommen sind, sandte das Kreisarchiv Würzburg im Jahr 1909 Archivregesten mit, die in das vorliegende Repertorium eingearbeitet wurden. Im Staatsarchiv Ludwigsburg verzeichnete man später in dem Übergabeverzeichnis des Kreisarchivs Würzburg weitere 9 Nummern ohne Angaben über ihre Herkunft. Von diesen letztgenannten Archivalien wurde eine Urkunde mit Schreiben vom 10.7.1967 Nr. 1391 zuständigkeitshalber an das Hessische Hauptstaatsarchiv Wiesbaden abgegeben, fünf weitere Nummern kamen zusammen mit dem Großteil der Archivalien über die Herrschaft Bönnigheim 1948 und 1967 als Bestand "Mainzische Herrschaft Bönnigheim" in das Hauptstaatsarchiv Stuttgart (vgl. Kanzleiakten des Staatsarchivs Ludwigsburg vom 3.5.1948 Nr. 131 und vom 20.6.1967 Nr. 1248): der Rest (Nr. 40, 41, 42) wurde mit Hilfe der alten Signaturen in den vorliegenden Bestand eingeordnet. Die Urkunden des Bestandes entstammen zum kleineren Teil dem Archiv des Domkapitels Mainz. Teile des 1782 vom Reichsarchiv abgetrennten Landesarchivs des Erzbischofs von Mainz waren die Urkunden des Weltlichen und des Geistlichen Schrankes. Ob die "Neuregestierten Urkunden" früher zum Archiv des Erzbischofs oder des Domkapitels gehörten, ließ sich nicht sicher ermitteln; sie wurden jetzt wie Urkunde Nr. 3 dem erzbischöflichen Archiv zugewiesen, dem sie am wahrscheinlichsten angehörten.

II. Frühere Ordnung der Mainzer Archive: Die frühere Ordnung der Mainzer Archive scheint noch wenig erforscht zu sein. Da sein Umfang gering ist und die Bedeutung der Signaturen und Vermerke auf den Urkunden nicht immer geklärt werden konnte, gestattet der Bestand selbst darüber nur wenige Aussagen: Das erzbischöfliche Archiv wurde von Anfang an in der Mainzer Kathedralkirche, später außerdem in Eltville, Aschaffenburg und Höchst verwahrt. Die Gliederung des Urkundenarchivs in einen Weltlichen und einen Geistlichen Schrank ist erst seit der Neuordnung dieses Archivs im 18. Jahrhundert bezeugt; auch die älteren Signaturen der in beiden Schränken verwahrten Urkunden weisen auf eine früher einheitliche Ordnung des Archivs hin. Es ist ungewiß, ob man in der durchstrichenen Signatur "ad Sueviam X" auf Urkunde Nr. 11 einen Rest der Mitte des 14. Jahrhunderts erkennbaren Ordnung sehen darf, die das Archiv in etwa 70 Sachgebiete gliederte. Diese enthielten Urkunden der Päpste, der Kaiser, der Erzbischöfe von Mainz, Verträge, Statuten, Lehen, Burgöffnungen u.a., nach Landschaften, Rang und Stand geordnet. Vielleicht schon unter Erzbischof Berthold von Henneberg, spätestens aber seit der Repertorisierung der Urkunden nach 1522 kam es zu einer Neuordnung des Archivs. Sie ist erkennbar an den Signaturen, die sich aus dem Namen des jeweiligen Erzbischofs und dem Anfangsbuchstaben eines Stichwortes - nämlich des Namens des Vertragspartners oder der Orte, die Gegenstand der betreffenden Urkunde sind - zusammensetzen. Diese Signaturen finden sich fast regelmäßig auf den Urkunden aus der Zeit von 1484 bis 1597. Vereinzelt tragen auch Urkunden vor 1484 solche Signaturen (Nr. 4, 9, 12, 15, 23, 26, 30, 33); ein Schriftvergleich zeigt aber, daß diese mit Sicherheit zum größten Teil in Aschaffenburg verwahrten Urkunden erst um oder nach 1500 signiert wurden. Möglicherweise handelt es sich bei ihnen um einige der vielen alten Registranden, deren Aufnahme ins Archiv die Registraturordnung Erzbischofs Albrechts vom Jahr 1522 vorschrieb. Bereits seit 1609 wurden die Urkunden nur noch mit dem Namen des jeweiligen Erzbischofs signiert, bis auch diese Signatur seit spätestens 1687 wegfiel. Mochte schon nach der Ordnung des 16. Jahrhunderts das Auffinden von Urkunden, bei denen sich mehrere Stichworte zur Einordnung anboten, mitunter nicht einfach gewesen sein, so geriet das Archiv nun vollends in Unordnung. Mehrmalige Flüchtungen der Mainzer Archive während der Kriege des 17. und 18. Jahrhunderts mögen dazu ebenfalls beigetragen haben. Verordnungen der Erzbischöfe, die seit 1667 der Unordnung zu steuern versuchten, blieben wirkungslos. Erst 1753 begann man, die Urkunden neu zu repertorisieren. Im Jahre 1782 schritt man zur Trennung des Reichsarchivs vom Landesarchivs des Erzbischofs von Mainz und zur organisatorischen Eingliederung des bisher selbständigen Lehensarchivs in letzteres. Vermutlich kam es damals auch zur Unterscheidung des Weltlichen und des Geistlichen Schrankes, deren inhaltliche Abgrenzung voneinander an Hand des Bestandes nicht recht deutlich wird. Als schließlich 1784 bei der völligen Erneuerung des Archivmobiliars die Urkunden in neue Schränke und Laden untergebracht wurden, erhielten sie ihre letztgültigen Signaturen, nach deren Ordnung sie bis 1803 und darüber hinaus verwahrt wurden. Es scheint, dass die Zettel, die bei einem großen Teil der Urkunden liegen, Rest der Verpackung des 18. Jahrhunderts sind. Mit Ausnahme von drei Urkunden stammen die "Neuregestierten Urkunden" aus der Zeit nach der Neuordnung des erzbischöflichen Archivs (1753-1784). Nach der Folge der Signaturen zu urteilen, scheint man diese Urkunden erstmals nach 1803 in Form eines Zettelkataloges verzeichnet zu haben. Die bereits erwähnte Signatur "ad Sueviam X" findet sich außer auf Urkunde Nr. 11 auch auf der Urkunde Nr. 86 (wahrscheinlich von derselben Hand) und auf den Urkunden Nr. 87 und Nr. 88 des domkapitelschen Archivs. Dieses löste sich noch vor Ende des 13. Jahrhunderts vom erzbischöflichen Archiv. Es wurde, vermutlich schon vor 1462, außerhalb des Doms aufbewahrt und erlitt beim Angriff Dieters von Isenburg auf Mainz 1462 großen Schaden. Es konnte nicht ermittelt werden, ob dieses Archiv nach seiner Verselbständigung die Ordnung des erzbischöflichen Archivs beibehielt oder übernahm oder ob umgekehrt die Urkunde Nr. 11 versehentlich zunächst für das domkapitelsche Archiv bestimmt war, dann aber die bereits aufgeschriebene Signatur "ad Sueviam X" gestrichen und die Urkunde dem erzbischöflichen Archiv einverleibt wurde. Die Signaturen "ad Sueviam X", die von zeitgenössischer Hand geschrieben sind, finden sich nicht mehr auf Urkunden nach 1431. Im Jahr 1647 wurden nach Köln geflüchtete Mainzer Archivalien geordnet. Vielleicht war in diese Neuordnung auch das Archiv des Domkapitels einbezogen, da die meisten seiner Urkunden mit einfachen Nummern signiert sind, die man nach ihrem Schriftbild dem 17.Jahrhundert zuweisen möchte. Diese Signaturen wurden offenbar bei einer Neuordnung im 18. Jahrhundert getilgt oder zu tilgen versucht. Nach Sachbetreffen unterschiedene Kästen verwahrten seither die Urkunden, von denen jede mit einer Nummer signiert war und die z.T. zu Gruppen zusammengefasst wurden, die durch den Anfangsbuchstaben des Rechtsgegenstandes dieser Urkunden gekennzeichnet waren.

III. Zur Neuordnung des Bestandes: Als Findmittel dieses kleinen, inhaltlich aber bedeutenden Bestandes diente bisher das im Kreisarchiv Würzburg angefertigte Übergabeverzeichnis. Da die Angaben dieses Verzeichnisses viel zu knapp und teilweise auch fehlerhaft sind, gebot sich eine Neuverzeichnung. Bei der jetzigen Neuverzeichnung wurde versucht, die alte Ordnung wiederherzustellen Mit Hilfe der Angaben des Übergabeverzeichnisses und der Signaturen und Vermerke auf den Urkunden selbst gelang es, die Urkunden des erzbischöflichen und domkapitelschen Archivs voneinander zu trennen und beim erzbischöflichen Archiv neben den "Neuregestierten Urkunden" als besonderer Gruppe die Urkunden des Weltlichen bzw. des Geistlichen Schrankes zu scheiden. Dagegen musste auf eine Wiederherstellung der früheren Ordnung auch innerhalb dieser Gruppen zugunsten einer chronologischen Reihung der Urkunden verzichtet werden; die Zahl der Urkunden des Bestandes ist zu gering, als dass sich in jedem Fall der Inhalt der einzelnen Laden und damit der zugrundeliegende Archivplan erkennen lässt. Obwohl es das Provenienzprinzip erfordert hätte, wurde auf eine Rücküberführung der die Herrschaft Bönnigheim betreffenden Urkunden aus dem Hauptstaatsarchiv Stuttgart und auf ihre Mitverzeichnung verzichtet. Das Repertorium hält jeweils am rechten Seitenrand die Archivsignaturen des 18./19. Jahrhunderts fest; dies geschieht in der Absicht, eine für die Zukunft zu erhoffende Wiederherstellung der Mainzer Archive wenigstens auf dem Papier zu erleichtern. Der Bestand umfasst 95 Urkunden. Er wurde von April bis Juli 1967 neu verzeichnet und verpackt. Ludwigsburg, Juli 1967 Dr. Joachim Fischer

Literatur zur Geschichte der Mainzer Archive: Paul Kirn, Das Urkundenwesen und die Kanzlei der Mainzer Erzbischöfe im fünfzehnten Jahrhundert, Heidelberg 1929. Wolfgang Wann, Die alten Mainzer Archive. In: Archivalische Zeitschrift 60,1964, S. 100 - 130 (mit weiteren Literaturangaben)

Bestandssignatur
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg, B 474 S
Umfang
95 Urkunden (1,5 lfd. m)

Kontext
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg (Archivtektonik) >> Neuwürttembergische Bestände vor 1803 bzw. vor 1806/10 >> Bistümer, Stifte, Klöster und Pfarreien

Bestandslaufzeit
1402-1805

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Letzte Aktualisierung
18.04.20242024, 10:40 MESZ

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Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • 1402-1805

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