Bestand
Vollzugsanstalt Stuttgart (Bestand)
Inhalt und Bewertung
Die im vorliegenden Findbuch erfassten Akten stammen aus verschiedenen Aktenablieferung der Vollzugsanstalt Stuttgart (bis 1964: Haftanstalt, bis 1971: Untersuchungs- und Strafgefängnis Stuttgart-Stammheim, ab 1971: Vollzugsanstalt). Der erste Aktenzugang erfolgte am 5. November 1987, eingearbeitet wurden auch die Zugänge 2001/27 (einzelne Gefangenenpersonalakten der Eintrittsjahrgänge 1969-1970), 2007/31 (ausgewählte Einzelfälle der Austrittsjahrgänge 1997-1998) und weitere Aktenzugänge (s. die Übersicht unten).
Der Bestand enthält zum einen Sachakten der Verwaltung der Justizvollzugsanstalt, die nach dem Generalaktenplan der Justiz geführt und im Bestand auch überwiegend nach diesen Aktenzeichen geordnet wurden. Eine gewisse Sonderrolle spielen dabei Sachakten zur Regelung der Sicherungsmaßnahmen und Haftbedingungen für sogenannte TE-(Terrorismus)-Gefangene; sie enthalten zahlreiche Einzelanordnungen vor allem für Gefangene, die der RAF angehörten.
Bei den zum anderen im Bestand enthaltenen Gefangenenpersonalakten zeigt sich deutlich die Veränderung der archivischen Bewertungskriterien in den vergangenen zwei Jahrzehnten. 1987 wurde eine mechanische Auswahl gezogen und aus den angebotenen Gefangenenpersonalakten der Eintrittsjahrgänge 1955 bis 1957 die Namen mit O und T als Anfangsbuchstaben übernommen. Aus den Folgejahren wurden dann gar keine Gefangenenpersonalakten an das Staatsarchiv abgeliefert. Da die JVA Stammheim in dieser Zeit nur Untersuchungsgefängnis war, ging man davon aus, dass keine historisch bedeutsamen Akten hier geblieben waren, weil die Gefangenenpersonalakte die Gefangenen bei der Verlegung in andere Haftanstalten begleitete. Lediglich aus den Eintrittsjahren 1969-1970 wurden einige wenige Akten an das Staatsarchiv abgeliefert. Aus dem Zeitraum 1970 bis 1995 hat keine einzige Gefangenenpersonalakte der Justizvollzugsanstalt Stammheim das Staatsarchiv erreicht, das heißt, dass auch die Akten der prominentesten Stammheimer Häftlinge (Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Gudrun Ensslin, Jan-Carl Raspe) offensichtlich verloren sind.
Für den Zeitraum von 1944 bis 1970 sind im Bestand auch Gefangenenbücher und die dazugehörenden Indizes vorhanden.
Erst 2007 wurde wieder mit einer Archivierung von Gefangenenpersonalakten aus Stammheim begonnen. Mittlerweile hatte die Haftanstalt auf die konsequente Aussonderung der Gefangenenpersonalakten nach dem Entlassdatum umgestellt, das heißt, die Akten werden 10 Jahre nach der erfolgten Entlassung ausgesondert. Die älteste Schicht dieses Typs beginnt mit dem Entlassjahrgang 1995. Nach dem baden-württembergischen Bewertungsmodell werden jetzt ausschließlich besondere Einzelfälle (herausragende Personen oder Vorfälle, besonders zeittypische Fälle) ins Staatsarchiv übernommen. Mangels anderer Möglichkeiten wurden von 2007 bis 2011 alljährlich durch eine kurze Aktenautopsie diejenigen Fälle aus den auszusondernden Akten ausgesucht, die aufgrund äußerlich erkennbarer Kriterien historisch bedeutsam erschienen. 2012 wurde zum ersten Mal eine neue Bewertungsmethode ergänzend eingesetzt: Zusätzlich zu den bei der Aktenautopsie ausgewählten Akten wurden 38 Akten übernommen, die aufgrund von Abfragen aus der Datenbank ADV-Vollzug (heute: IS-Vollzug) ermittelt worden waren. Gesucht wurden Gefangene, die besonders jung oder besonders alt waren, Gefangene, die auffallend häufig in Haft waren, und auch eine kleine Anzahl weiblicher Gefangener. Es handelt sich hier um erste Bewertungsversuche, die in Zukunft sicher verbessert und ausgebaut werden können. Da die im Archivbestand vorhandenen Gefangenenpersonalakten nach ganz verschiedenen Kriterien bewertet und übernommen worden sind, wurden die Gefangenenpersonalakten bisher nicht gesamtalphabetisch sortiert, sondern in den jeweiligen Bewertungsschichten belassen.
Zusätzlich zu den Gefangenenpersonalakten wurden bei der Aktenaussonderung 2007 auch erstmals Gesundheitsakten übernommen. In der Altregistratur fand sich noch eine Sammlung von Gesundheitsakten von TE-(Terrorismus-)Gefangenen, die teilweise nur aus dem Krankenblatt bestehen, teilweise aber auch Informationen über den Zustand der Häftlinge z.B. während der Hungerstreiks enthalten. Zu beachten ist, dass diese Gesundheitsakten zusätzlich zu der personenbezogenen Sperrfrist einer 60jährigen unverkürzbaren Sperrfrist unterliegen.
Die ältere Schicht der Unterlagen von 1943 bis 1970 (Bü 1- Bü 372) wurden im Juli und August 1989 von der Werkschülerin Anja Warsow unter Anleitung von Dr. Nicole Bickhoff-Böttcher verzeichnet und verpackt. Das 1987 erstellte und 2006 retrokonvertierte Findbuch wurde im Rahmen der späteren Zugangsbearbeitungen gründlich überarbeitet, teilweise neu klassifiziert und aktualisiert. Es wirkten daran mit:
Bearbeiter: Elke Koch (Aktenbewertung und -übernahme, Betreuung der Verzeichnungsarbeiten), Elvira Grammer, Rudolf Stumpp, David-Christian Liebchen, Jaimie Simpson, Natalie Schall, Alexandra May, Tim Petershans, Franziska Lang, Pauline Turrey, Jutta Atzinger (Verzeichnung), Ulrike Leuchtweis (Verzeichnung der Bände, Einarbeitung in das vorhandene Repertorium), Helen Lackner, Kai Naumann, Fanny Wirsing (Aufbereitung und Verzeichnung digitale Objekte) 2008-2010, Sarah Bongermino
Weitere Zugänge waren:
Bü 373: 1997/27 vom Strafvollzugsmuseum Ludwigsburg
Bü 374-383: 2001/27
Bü 384-477: 2007/31
Bü 478-483: 2000/90 vom Strafvollzugsmuseum Ludwigsburg
Bü 484-490: 2004/62 vom Strafvollzugsmuseum Ludwigsburg
Bü 491-516, 545-638: 2008/1
Bü 517-544: 2008/4
Bü 639-764: 2009/19
Bü 765-876: 2010/2
Vier auf Datenträger gelieferte Dateisammlungen des Zugangs 2010/2 (Fotos, AV-Material) wurden in Digitale Objekte umgewandelt und werden in DIMAG erhalten.
Bü 877-977: 2011/36
Bü 978-1072: 2012/6
Bü 1073-1222: 2013/033
Bü 1223-1363: 2014/014
Bü 1364-1472: 2015/043
Bü 1473-1593: 2016/068
Bü 1594-1767: 2017/062
Bü 1768-1841: 2018/050
Bü 1842-1947: 2018/072
24.06.2020 Koch/Bongermino
- Bestandssignatur
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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg, EL 335
- Kontext
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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg (Archivtektonik) >> Ober- und Mittelbehörden seit um 1945 >> Geschäftsbereich Justizministerium
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- Rechteinformation
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Es gelten die Nutzungsbedingungen des Landesarchivs Baden-Württemberg.
- Letzte Aktualisierung
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18.04.2024, 10:40 MESZ
Datenpartner
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Objekttyp
- Bestand