Bestand
Reichsfinanzministerium (Bestand)
Geschichte des Bestandsbildners:
Das aus der Finanzabteilung (bis 1877: Finanzbüro) des Reichskanzleramtes
1879 entstandene Reichsschatzamt wurde 1919 zum Reichsfinanzministerium
(RFM). Das RFM übernahm zunächst die Struktur und die dem Reichsschatzamt
übertragenen Zuständigkeiten für Reichshaushalt, Währung sowie Zölle und
Verbrauchsabgaben. Lediglich die Verwaltung des reichseigenen Besitzes,
die Verwertung reichseigenen Gutes v.a. von Heer und Marine und die
finanzielle Beaufsichtigung industrieller Betriebe und der Beteiligungen
des Reiches an industriellen Unternehmen wurden vorübergehend an das im
März 1919 neu geründete und 1923 wieder aufgelöste
Reichsschatzministerium abgegeben. Das Aufgabengebiet des
Reichsfinanzministeriums wurde im Zuge der Erzbergerschen Finanzreform
von 1919/1920 beträchtlich erweitert, vor allem durch die Zuständigkeit
für Besitz- und Verkehrssteuern. Die Länder mußten ihren Steuerapparat
dem Reich überlassen, so dass das RFM als Spitze der
Reichsfinanzverwaltung nun über einen einheitlichen behördlichen Unterbau
in Form von Landesfinanzämtern auf regionaler und Finanzämtern und
Hauptzollämtern auf lokaler Ebene verfügte. Seit der Auflösung des
Reichsministeriums für Wiederaufbau (1924) hatte das RFM außerdem die
umfassende Kompetenz für die Abwicklung der Kriegsfolgen. Einen weiteren
Aufgabenzuwachs erfuhr das RFM im Zusammenhang mit der Aufhebung der
Länderhoheit 1934, in deren Folge die Finanzministerien der Länder der
Aufsicht des RFM unterstellt wurden. Lediglich das preußische
Finanzministerium konnte seine Selbständigkeit bewahren und wurde dem RFM
erst im September 1944 und auch nur formal eingegliedert.
Bestandsbeschreibung:
Bestandsgeschichte
Bis 1936 war der größte Teil
der bis 1929 entstandenen Akten des RFM sowie auch zahlreiche Akten der
"Neuen Registratur" ab 1930, darunter die Haushaltsakten der Wehrmacht,
der SS und der Konzentrationslager, bereits an das Reichsarchiv in
Potsdam abgegeben worden. Da nur teilweise in die kriegsbedingten
Auslagerungen einbezogen, wurden große Teile dieser Akten beim
Luftangriff auf Potsdam im April 1945 vernichtet, darunter fast alle
Geheimakten nach 1925 sowie zahlreiche Akten der neuen Registratur,
insbesondere zu Beamten- und Versorgungsangelegenheiten, Angestellten-
und Arbeiterfragen. Auch bei den vom Reichsarchiv ausgelagerten Akten
sind Verluste eingetreten. Als vernichtet gelten heute v.a. die genannten
Haushaltsakten der Wehrmacht, der SS und der Konzentrationslager. Weitere
Aktenverluste sind durch Aktenvernichtungen in der Behörde selbst und an
den Auslagerungsorten eingetreten. Das betrifft insbesondere die nach
Sigmaringen ausgelagerten Akten zur Behandlung von volks- und
reichsfeindlichem, jüdischem und beschlagnahmten Vermögen der Referate
"Eylert" und "Maedel" des RFM. Diese Akten wurden höchstwahrscheinlich
kurz vor Kriegsende gemeinsam mit den Unterlagen des Finanzamts
Sigmaringen dort verbrannt.
Nach Kriegsende
gelangten Teile der Überlieferung in Abhängigkeit der Auslagerungsorte
sowohl in das Bundesarchiv Koblenz als auch das damalige Deutsche
Zentralarchiv Potsdam (DZA). Das Bundesarchiv Koblenz übernahm dabei in
den 60er Jahren vom Bundesministerium der Finanzen v. a. die zunächst von
der "Restverwaltung" bzw. ab 1946 vom "Archiv des ehemaligen
Reichsfinanzministeriums" verwahrten Akten der bis 1945 laufenden
Registraturen. In das DZA Potsdam gelangten v.a. die in die Kalischächte
Sraßfurt und Schönebeck ausgelagerten Akten des Reichsarchivs sowie 1955
aus der Sowjetunion zurückgeführtes beschlagnahmtes Schriftgut.
Archivische Bearbeitung und Bewertung
Die Gesamtüberlieferung des Reichsfinanzministeriums befand sich bis
1990 zu etwa gleichen Teilen im Zentralen Staatsarchiv der DDR und im
Bundesarchiv Koblenz. In beiden Archiven wurde die Überlieferung
sukzessive verzeichnet und in vorläufigen Findmitteln (Verzeichnisse und
Karteien) erfasst. Aufgrund der unterschiedlichen
Überlieferungsschwerpunkte beider Teilbestände erfolgte die jeweilige
Gliederung des Teilbestandes nach unterschiedlichen Gesichtspunkten.
Während der Potsdamer Teilbestand mit Überlieferungsschwerpunkt bis 1930
entsprechend der Abteilungsstruktur sachlich gegliedert wurde, folgte die
Koblenzer Gliederung dem 1929 eingeführten Einheitsaktenplan der
Reichsfinanzverwaltung. Die als Bestand 21.01 im Zentralen Staatsarchiv
der DDR verwahrte Überlieferung wurde darüber hinaus abhängig vom
Enstehungszeitpunkt in zwei Signaturfolgen gegliedert. A-Signaturen
erhielten bis 1919 angelegte Akten mit Provenienz Reichsschatzamt,
B-Signaturen die Akten des RFM. Bei der Zusammenführung beider
Überlieferungsteile 1990 mussten zur eindeutigen Kennzeichnung der
Einzelakten auch die unterschiedlichen Signaturfolgen zusammengeführt
werden. Die Signaturen der Koblenzer Akten wurden beibehalten, die alten
A-Signaturen mit 40000 und die B-Signaturen mit 50000 addiert. Seit dem
Jahr 2000 erfolgt schrittweise auch die findbuchmäßige Zusammenführung
der beiden Überlieferungsteile in Online-Teilfindbüchern, beginnend mit
den Haushaltsakten der Fachressorts.
Inhaltliche Charakterisierung: Die
Überlieferung des RFM deckt mehr oder weniger umfangreich das
Gesamtaufgabenspektrum der Behörde mit folgenden
Überlieferungsschwerpunkten ab:
- Aufstellung des
Reichshaushalts, dabei v.a. Akten zur Aufstellung des Haushalts der
Fachressorts, zum Heeres-, Marine- und Kolonialetat, zum Schuldenwesen
des Reichs sowie zu Reichsbürgschaften, Reichsbeteiligungen,
Exportkrediten, zu Banken, Währungs- und Devisenangelegenheiten
- Organisations- und Verwaltungsangelegenheiten der
Reichsfinanzverwaltung, Liegenschafts- und Reichsbauverwaltung, dabei
v.a. Akten zur Unterbringung der Dienststellen der
Reichsfinanzverwaltung, das Reichsgrundbesitzverzeichnis sowie Akten zur
Verwertung militärischer Liegenschaften
- Zölle,
dabei v.a. Akten zur Zollgesetzgebung, zur Handhabung des Zolltarifs für
einzelne Waren und zu Handelsbeziehungen zum Ausland
- Reichssteuern und Verbrauchsabgaben, dabei v.a. Akten zur
Einkommens- und Umsatzsteuer, zum Reichsbewertungsgesetz und
Bodenschätzungsgesetz sowie zu Verbrauchsteuern auf Branntwein, Tabak,
Zucker und Süßstoff
- Landessteuern, Länder- und
Gemeindefinanzen, Finanzausgleich
- Abwicklung des
Ersten Weltkriegs, dabei v.a. Reparations-, Saar- und
Besatzungsangelegenheiten
- Rüstungsfinanzierung
und Kriegsschäden beider Weltkriege
Zum Bestand
gehören ca. 4000 Personalakten überwiegend Beschäftigter des höheren
Dienstes im RFM (ca. 600) und im nachgeordneten Bereich
Erschließungszustand:
Findkarteien
Vorläufige Findbücher für Koblenzer
Teilüberlieferung
Online-Findbuch Haushaltsakten A
- Ar (2007)
Online-Findbuch Haushaltsakten B - Lu
(2006)
Online-Findbuch Haushaltsakten F
(2007/2008)
Publikationsfindbuch Haushaltsakten
PM-Su (2005)
Publikationsfindbuch Haushaltsakten
Ve-WM (2003)
Zitierweise: BArch R
2/...
- Bestandssignatur
-
Bundesarchiv, BArch R 2
- Umfang
-
81856 Aufbewahrungseinheiten
- Sprache der Unterlagen
-
deutsch
- Kontext
-
Bundesarchiv (Archivtektonik) >> Norddeutscher Bund und Deutsches Reich (1867/1871-1945) >> Finanzen, Bau und Raumordnung
- Bestandslaufzeit
-
(1849-) 1919-1945 (-1961)
- Provenienz
-
Reichsfinanzministerium (RFM), 1919-1945
- Weitere Objektseiten
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Letzte Aktualisierung
-
16.01.2024, 08:43 MEZ
Datenpartner
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Objekttyp
- Bestand
Beteiligte
- Reichsfinanzministerium (RFM), 1919-1945
Entstanden
- (1849-) 1919-1945 (-1961)