Bestand

Gymnasium Fridericianum Erlangen (Bestand)

Gymnasium Fridericianum Erlangen: Geschichte der Schule
Am 14. Juli 1745 stellte Markgraf Friedrich von Brandenburg-Bayreuth die Stiftungsurkunde für das "Gymnasium Illustre Erlangense" aus. Zwei Jahre nach der Errichtung der Erlanger Universität erfolgte die Gründung des Gymnasiums in der Absicht, studentischen Nachwuchs für die Universität zu fördern. Das Gymnasium wurde daher als Bestandteil der Universität gegründet und mit dieser in den Gebäuden der aufgelösten Ritterakademie am Hugenottenplatz räumlich vereinigt.
1792 fielen die fränkisch-hohenzollernschen Gebiete und somit auch Erlangen an Preußen. Das nunmehr "Kgl. Preußische Gymnasium" wurde kurz darauf wegen gesunkener Schülerzahlen aufgelöst, 1804 jedoch wiedereröffnet und unter Hardenberg neu strukturiert.
Nach der Eingliederung Erlangens in das Königreich Bayern 1810 geriet das Gymnasium in eine schwere, existenzbedrohende Krise. Die Baulichkeiten waren marode und die Einrichtung vernachlässigt, die Schule passte nicht in das Schema der bayerischen "Studienanstalten". Auch war man der Meinung, eine derartige Schule sei in Erlangen unnötig, da es in den nahegelegenen Orten Nürnberg, Bamberg und Ansbach vergleichbare Institutionen gab. Die nunmehr ungenügende finanzielle Ausstattung erlaubte zunächst auch keine Verbesserung der Verhältnisse, die sich bis 1820 trotz der Umbenennung in "Kgl. Bayerische Studienanstalt" nicht ändern sollten.
Im November 1820 wurde der 1791 in Jena geborene Altphilologe Prof. Ludwig Döderlein (gest. 1863), Sohn des Altdorfer und Jenaer Theologen Prof. Johann Christoph Döderlein, von der Akademie Bern an das Gymnasium und die Universität Erlangen berufen. Während seiner bis 1862 dauernden Amtszeit gelang es ihm, u.a. mit einem konsequenten Führungsstil und durch die Förderung der alten Sprachen die Studienanstalt zu einer der angesehensten Schulen Bayerns zu entwickeln. Am 3. November 1828 fand unter Döderlein der Umzug vom Universitätsgebäude am Hugenottenplatz in das mittlere Stockwerk des ehemaligen Marstalls neben dem Redoutensaal statt (Theaterstraße 3, "Langes Haus"). Am 14./15. Juli 1845 wurde mit einem Gottesdienst und anschließendem Festakt samt einer Rede Döderleins die erste Säkularfeier begangen.
1879 verließ die Schule das Marstallgebäude und zog in das Gebäude in der Oberen Karlstraße um, wo sie bis 1968 verblieb. 1891 wurde die inzwischen auf 300 Schüler angewachsene Studienanstalt in "Humanistisches Gymnasium" umbenannt.
Im Ersten Weltkrieg fielen ein Lehrer und 36 Schüler. Obwohl das humanistische Gymnasium um 1918 als nationalkonservativ galt, war die kurze Epoche von 1920 bis 1933 in vielerlei Hinsicht sehr fortschrittlich. Beispielsweise wurden nun Schülervertretungen sowie ein Elternbeirat eingeführt. Die Schüler betätigten sich aktiv an der Gestaltung von Festlichkeiten. Von Fortschritt zeugt ebenfalls, dass 1919 zum ersten Mal in der Geschichte der Schule 14 Mädchen (von insgesamt 182 Schülern) aufgenommen wurden, deren Zahl bis 1933 auf 52 stieg.
Das Jahr 1933 bedeutete auch einen Einbruch in die zunächst politikferne Schule, da nun etwa die Leibesertüchtigung eine zentrale Rolle bekommen sollte. Der Direktor der Schule, Dr. Bullemer, und ein weiterer Lehrer, Dr. Hans Schregle, wurden 1933 wegen angeblichen Hochverrats in Schutzhaft genommen und durch Direktor Schelter ersetzt. Der Zusammenbruch 1945 machte sich auch am humanistischen Gymnasium bemerkbar, nicht zuletzt deshalb, weil sechs Lehrer und 121 Schüler im Krieg gefallen waren. In diesem Jahr wurde auch nur provisorischer Unterricht in Räumen der Universität gehalten, und das halbtags, da man sich mit dem Ohm-Gymnasium abwechseln musste. An eine Begehung der 200-Jahr-Feier war 1945 nicht zu denken.
Die Zeit von 1945 bis 1950 war geprägt von der Distanzierung von der Vergangenheit. Auch bei der Nachholung der 200-Jahr-Feier 1950 kann nicht von einer Auseinandersetzung mit der Vergangenheit gesprochen werden. Aus Anlass des Jubiläums wurde die Schule wiederum umbenannt, nun in "Gymnasium Fridericianum Erlangen".
Von 1950 an begann die Normalisierung des Schulbetriebes unter Dr. Ernst Höhne und Prof. Hans Strohm. So wurde die Gymnasialzeit 1954/55 wieder auf neun Jahre verlängert, was 1955 zum Ausfall des Abiturs führte. Weiterhin wurden verschiedene Initiativen eingeleitet; u.a. musikalische und dramatische Aufführungen, Schullandheimaufenthalte, Sport- bzw. Schwimmfest, Arbeitskreise, Vorträge und Dichterlesungen.
Da die Schülerzahlen wieder zu steigen begannen (1946: 245; 1959/60: über 400; 1967/68: 562) und die Universität Platz für ihre Bibliothek benötigte, begann man 1958 mit ernsthaften Planungen für einen Neubau. Am 11. September 1968 konnte schließlich der Umzug in das Gebäude in der Sebaldustraße stattfinden, in dem das Gymnasium bis heute untergebracht ist.
Die "68er"-Zeit war am Fridericianum sehr präsent: Laut dem auf Prof. Hans Strohm folgenden Direktor Dr. Leo Suschko (ab Schuljahr 1970/71, bis dahin Konrektor) suchte "ein sehr solider Kern linksextremer Schülergruppen", die "Herren über die Schülermeinung waren", den Konflikt, der sich schließlich am Vorwurf der Zensur unliebsamer, Missstände anprangernder Artikel in der Schülerzeitung "Unser Kreis" entzündete. Die Jubiläumsfeier von 1970 (225 Jahre) musste weitgehend ohne Schülerunterstützung durchgeführt werden. Die Schülervertreter reagierten vielmehr mit Verteilung der nicht genehmigten Schülerzeitung und entfachten den sog. "Flugblätterkrieg" ("UK Aktuell" mit Hammer und Sichel), in dem sie das Direktorat beschuldigten, eine "Willkürherrschaft und Diktatur" zu führen.
Langsam jedoch liefen sich die Proteste tot, sodass der Schwerpunkt der linken Schüleraktivität außerhalb der Schule lag. 1972/73 gab es nur noch einen Konflikt um die Nachfolge-Schülerzeitung, das politische Interesse flaute ab. Auch Abiturfeiern, die es in Konfliktzeiten nicht gegeben hatte, wurden 1975 unter großer Teilnahme wieder eingeführt. Weitere Änderungen brachte die Etablierung der Kollegstufe sowie die stärkere Betonung von Naturwissenschaften und Englisch zulasten des Altgriechischen im Rahmen der Schulreform 1971/72. Durch die Einrichtung des Zweigs eines europäischen Gymnasiums wurde diese Alternative zur humanistischen Laufbahn versuchsweise institutionalisiert, 2008/09 im Rahmen der G8-Reform jedoch wieder eingestellt.
Zur Zeit hat das Fridericianum rund 500 Schüler und 40 Lehrkräfte, womit es das kleinste Erlanger Gymnasium ist. Zudem fungiert es in der Lehrerausbildung als Studienseminar für die Kombinationen D/L, D/E, L/Gr, L/E, L/Ev, D/Ev E/Ev.

Bestandsgeschichte
Der Bestand ist aus einer Abgabe des Jahres 2012 gebildet worden, die sämtliche älteren Unterlagen der Schule von etwa 1820 bis 1972 umfasst. Produkte aus der Zeit vor 1820 wurden zuvor an das Universitätsarchiv Erlangen abgegeben. Die Verzeichnung führten die Archivräte Daniel Schönwald M.A. und Dr. Johannes Staudenmaier im Januar bis März 2013 durch.
Die Akten wurden gegliedert nach den Einheitsaktenplänen für bayerische Gymnasien von 1927 bzw. 1968. Dabei wurden aus Gründen der Praktikabilität auch Akten vor 1927 dem Einheitsaktenplan von 1927 zugewiesen. Der nummerische Aktenplan von 1968 wurde auf der vierten Gliederungsebene teilweise durch das Gymnasium selbst fortgeschrieben und durch eigene Kennzeichen ergänzt, die im Thesaurus daher durch "(GFE)" gekennzeichnet sind.
Die ersten Jahrzehnte sind durch gebundene chronologische Serienakten der einlaufenden bzw. auslaufenden Schreiben ("Exhibitions"- und "Expeditionsbücher") überliefert. Diese enthalten v.a. Unterlagen zu Unterricht, Lehrpersonal (Stellen, Besoldung, Urlaub), Lernmittel, Schülerangelegenheiten (Aufnahme, Austritt, Prüfungen, Zeugnisse), Schulverwaltung und Finanzen.
In den Akten aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist viel Korrespondenz vorgesetzter Behörden enthalten. Relativ breit ist die Überlieferung für die Zeit des Nationalsozialismus und die unmittelbare Nachkriegszeit. Dabei spielen jeweils die damaligen Reifeprüfungen sowie die Ausbildung von Lehramtskandidaten in dem an der Schule angesiedelten Seminar eine große Rolle. Spätere Akten reichen bis in die Zeit um 1970, dabei wurde allerdings der Aktenplan nicht immer konsequent umgesetzt.

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Bestandssignatur
Staatsarchiv Nürnberg, Gymnasium Fridericianum Erlangen StAN Gymnasium Fridericianum Erlangen
Umfang
625
Sprache der Unterlagen
deutsch

Kontext
Staatsarchiv Nürnberg (Archivtektonik) >> Beständetektonik des Staatsarchivs Nürnberg >> II. Neuere Bestände (Behörden und Gerichte des 19. - 21. Jahrhunderts) >> B. Behörden des Königreichs Bayern und des Freistaats Bayern >> 4.) Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst >> Schulen in staatlicher Trägerschaft >> Gymnasien

Provenienz
Gymnasium Fridericianum Erlangen
Bestandslaufzeit
1820-1993

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Letzte Aktualisierung
18.10.2023, 09:31 MESZ

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Objekttyp

  • BestandAkten

Beteiligte

  • Gymnasium Fridericianum Erlangen

Entstanden

  • 1820-1993

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