Bestand
Deutsch-Französische Brigade (Bestand)
Bestandsbeschreibung: Die
Deutsch-Französische Brigade (D/F Brigade) ist ein einzigartiger
Großverband in der Bundeswehr. Im Rahmen des
deutsch-französischen Gipfeltreffens am 13. November 1987 in
Karlsruhe vereinbarten der französische Staatspräsident François
Mitterand und der deutsche Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl die
Gründung einer gemeinsamen Brigade als gemischten
deutsch-französischen Großverband. Daraufhin wurde im Oktober
1988 in Böblingen ein gemeinsamer Aufstellungsstab begründet,
der die Aufstellung eines binationalen Großverbandes vorbereiten
sollte. Am 2. Oktober 1989 erfolgte die Aufstellung der
Deutsch-Französischen Brigade (französisch: brigade
franco-allemande) in Böblingen. Ein Jahr später wurde die
Deutsch-Französische Brigade am 17. Oktober 1990 feierlich in
Dienst gestellt. Zum 1. Oktober 1992 erfolgte die Verlegung des
Brigadestabes nach Müllheim. 1993 wurde die D/F Brigade in das
Eurokorps eingebunden, dem die Brigade bei Übungen und im
Einsatz untersteht. Anfänglich waren die deutschen Teile der
Deutsch-Französischen Brigade der 10. Panzerdivision
unterstellt.
Die Deutsch-Französische
Brigade ist ein mobiler binationaler Großverband mit einer
Truppenstärke von etwa 6.000 Soldaten. Seit der Aufstellung
dieses gemeinsamen Großverbandes 1987 ist die D/F Brigade ein
Symbol für die deutsch-französische Zusammenarbeit und die
gemeinsame Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik
(ESVP). Frankreich und Deutschland sehen die D/F Brigade als
Kernelement der schnellen Eingreiffähigkeit der Europäischen
Union. Daher ist die Brigade als schnell verfügbarer und
universell einsetzbarer Großverband so ausgestattet, daß sie im
gesamten Auftragsspektrum der EU und Nato - von der humanitären
Hilfe bis hin zu friedenserzwingenden Maßnahmen - eingesetzt
werden kann. Der Deutsch-Französischen Brigade kommt dabei die
Aufgabe zu, im Rahmen des Eurokorps den Kern einer
Initial-Entry-Force oder einer schnellen Eingreiftruppe der Nato
im Rahmen der Nato Response Force (NRF) oder European Battle
Group zu bilden. Die Deutsch-Französische Brigade wurde als
Instrument zur Friedenssicherung bereits mehrfach auf dem Balkan
und in Afghanistan eingesetzt. Zudem war die D/F Brigade
mehrmals Kern der Landstreitkräfte der Nato Response Force und
der EU Battle Group. Unter Wahrung des binationalen Charakters
hat die D/F Brigade mittlerweile einzelne Vertreter der
belgischen und spanischen Streitkräfte aufgenommen.
Der Stab der D/F Brigade ist gemischt aus
deutschen und französischen Soldaten zusammengesetzt. Die
Deutsch-Französische Brigade wird wechselweise von einem
deutschen oder einem französischen Brigadegeneral geführt. Die
Dienstposten des Stellvertretenden Kommandeurs wie des Chefs des
Stabes werden dann stets jeweils mit einem Oberst aus dem
anderen Land besetzt. Der Kommandeur des Versorgungsbataillons
ist ebenfalls abwechselnd ein deutscher und ein französischer
Offizier im Dienstgrad Oberstleutnant oder Oberst.
Der Deutsch-Französischen Brigade unterstehen
das Deutsch-Französische Versorgungsbataillon (Müllheim), das
110. Infanterieregiment (Donaueschingen), das Jägerbataillon 291
(Illkirch-Graffenstaden bei Straßburg), das Jägerbataillon 292
(Donaueschingen), das 3. Husarenregiment (Metz), das
Artilleriebataillon 295 (Immendingen) und die
Panzerpionierkompanie 550 (Immendingen). Das
Deutsch-Französische Versorgungsbataillon (BCS) ist gleichsam
ein binational gemischter Verband aus deutschen und
französischen Soldaten. Alle übrigen unterstellten Einheiten
sind hingegen rein national aufgestellt.
Das Deutsch-Französische Versorgungsbataillon wurde 1989 in
Stetten am kalten Markt aufgestellt und 1993 nach Müllheim an
den Sitz des Brigadestabes verlegt. Das Versorgungsbataillon der
D/F Brigade besteht aus drei gemischten und drei nationalen
Kompanien. Die hauptsächlichen Aufgaben liegen in der Versorgung
und dem Transport von Ersatzteilen, Munition und Betriebstoffen
sowie in der Materialinstandsetzung für alle Truppenteile der
Brigade.
Mit dem französischen 110.
Infanterieregiment (110e régiment d'infantérie), dem deutschen
Jägerbataillon 291 und dem deutschen Jägerbataillon 292 verfügt
die Deutsch-Französische Brigade über Infanterieverbände, die
besonders für den Kampf in bebautem, bewaldetem und leicht
gebirgigem Gelände geeignet sind. Sie sind jeweils ausgerüstet
mit gepanzerten Rad-Transportfahrzeugen und verfügen über eigene
Panzerabwehrmöglichkeiten und Steilfeuerunterstützung. Ihre hohe
Beweglichkeit befähigt diese Verbände dazu, schnell Räume zu
gewinnen und zu überwachen sowie Kampfaufträge im urbanen
Gelände zu erfüllen. Das Jägerbataillon 291 ist der einzige
dauerhaft auf französischem Boden stationierte deutsche
Kampfverband. Das Bataillon wurde als Jäger- und
Aufklärungsverband aufgestellt und integriert als einziger
Verband des deutschen Heeres zwei Truppengattungen (Jägertruppe
und Heeresaufklärungstruppe) in einem Bataillon. Die Soldaten
des Jägerbataillons 292 tragen als bundesweit einziger Verband
Schultertücher als Zeichen der Verbundenheit mit ihren
französischen Kameraden, die durch unterschiedliche Farben die
Zugehörigkeit zur jeweiligen Kompanie kennzeichnen.
Das französische 3. Husarenregiment (3e
régiment de hussards) stellt der D/F Brigade einen Verband mit
hoher Aufklärungsmöglichkeit zur Verfügung. Zugleich ist das
Regiment der Verband mit der höchsten Feuerkraft zur
Panzerabwehr innerhalb der Brigade. Das 3. Husarenregiment ist
mit Radpanzern und gepanzerten leichten Aufklärungsfahrzeugen
ausgestattet.
Mit dem deutschen
Artilleriebataillon 295 verfügt die D/F Brigade über einen der
modernsten Artillerieverbände, der die Kampfunterstützung für
die Deutsch-Französische Brigade bereitstellt. Das
Artilleriebataillon 295 ist mit der „Panzerhaubitze 2000"
(Rohrartillerie) und dem Raketenwerfer „Mars"
(Raketenartillerie) ausgestattet.
Zur
Gangbarmachung und Sperrung von Gelände ist der D/F Brigade die
Panzerpionierkompanie 550 beigestellt, die der Brigade die
eigene Bewegung ermöglichen sowie die gegnerische Bewegung
hemmen soll. Zudem kann die Panzerpionierkompanie beim Bau von
Behelfsinfrastruktur unterstützen.
Durch
die militärischen Fähigkeiten der unterstellten Verbände ist die
Deutsch-Französische Brigade in der Lage, vielfältige Aufträge
des militärischen Spektrums zu erfüllen, wie etwa die schnelle
Verlegung über weite Entfernungen, die Sicherung und Überwachung
von Räumen sowie die Öffnung und Offenhaltung von Zugängen für
andere Großverbände. Die Aufklärungsmöglichkeiten der D/F
Brigade erlauben darüber hinaus die Gewinnung militärischer
Aufklärungsergebnisse für den Einsatz der übergeordneten
Verbände.
Im Einsatz und bei Übungen ist
die Deutsch-Französische Brigade dem Eurokorps in Straßburg
unterstellt. Die deutschen Truppenteile sind als Eingreifkräfte
als einzige Truppenteile einer Brigade des deutschen Heeres
nicht in eine Division eingebunden, sondern unterstehen
truppendienstlich direkt dem Kommando Heer in Strausberg (zuvor
dem Heeresführungskommando in Koblenz). Der französische Anteil
untersteht truppendienstlich dem französischen Commandement des
forces terrestres (CFT) in Lille. Territorial stehen die
deutschen Truppenteile dem Kommando Territoriale Aufgaben (Kdo
TerrAufg) in Berlin zur Verfügung (zuvor dem
Wehrbereichskommando IV in München), die französischen
Truppenteile der Région Terre Nord-Est in Metz.
Bereits wenige Jahre nach der Aufstellung
stellte die Deutsch-Französische Brigade 1996 Kräfte für den
Einsatz der SFOR in Bosnien ab. 1999 folgte der Einsatz in
Mazedonien. 2000 leistete die D/F Brigade mehrmals
Katastrophenhilfe bei der Beseitigung der Folgen des Orkans
„Lothar" sowie der Ölkatastrophe nach der Havarie des Tankers
„Erika" vor der Bretagne. Von Juni 2000 bis Januar 2001 war die
Brigade abermals im Einsatz der SFOR und KFOR in Bosnien und im
Kosovo. Beim Hochwasser der Elbe kam die D/F Brigade 2002 erneut
in der Katastrophenhilfe zum Einsatz. Von November 2002 bis Mai
2003 stellte die Deutsch-Französische Brigade den Leitverband
für das 6. Kontingent der SFOR und war in diesem Rahmen an der
Task Force Fox (TFF) in Mazedonien beteiligt. Darüber hinaus
stellte die Brigade Kräfte für die KFOR (Kosovo), ISAF
(Afghanistan) und die Operation Enduring Freedom (OEF) bereit.
Ab Juli 2004 bis Januar 2005 war die Deutsch-Französische
Brigade mit der Führung der Multinationalen Brigade Kabul im
Rahmen der ISAF in Afghanistan beauftragt. Im Jahr darauf wurde
die Unterstellung unter die 10. Panzerdivision aufgehoben und
der deutsche Anteil der D/F Brigade 2006 unmittelbar dem
Heeresführungskommando (HFüKdo) unterstellt. Vom 1. Juli 2006
bis zum 14. Januar 2007 befand sich die Deutsch-Französische
Brigade in Bereitschaft für einen möglichen Einsatz als
Kampfbrigade der Nato Response Force 7. Die NRF Combat Brigade
bestand aus etwa 5.750 Soldaten, von denen die
Deutsch-Französische Brigade etwa 1.500 deutsche und rund 1.300
französische Soldaten aus allen Bataillonen und Regimentern der
Brigade bereithielt. Schon bald darauf stellte die
Deutsch-Französische Brigade im zweiten Halbjahr 2008 das
Brigadehauptquartier, die Infanteriekomponente sowie Teile der
Kampfunterstützung und der Logistik für die EU Battle Group
II/2008 bereit. Von Januar bis Juni 2009 waren die Soldaten der
Brigade gemeinsam im Einsatz in Kosovo und mit der Führung der
Multinationalen Task Force Nord (MNTF N) in Novo Selo betraut.
2010 bis 2011 war die D/F Brigade der Kern der Landstreitkräfte
für die Nato Response Force 15 (NRF 15). 2011 und 2012 hielt die
Deutsch-Französische Brigade Truppenteile für das Bataillon der
Operational Reserve Forces (ORF) bereit, die aufgrund der
Lageverschärfung mehrmals im Kosovo eingesetzt werden mußten.
Von 2011 bis 2012 stellte die Brigade zudem erneut Teile der
Einsatzkontingente für die ISAF in Afghanistan, die im
Ausbildungs- und Schutzbataillon Masar-i-Scharif unter Führung
des Kommandeurs des Jägerbataillons 292 sowie im Ausbildungs-
und Schutzbataillon Kundus eingesetzt waren. Im Juni 2013 wurde
die D/F Brigade nochmals zur Katastrophenhilfe im Kampf gegen
das Hochwasser der Donau und Elbe in Bayern, Sachsen und
Sachsen-Anhalt eingesetzt. Seit 2013 befinden sich Soldaten der
Brigade in Mali im Einsatz. Die Soldaten der
Deutsch-Französischen Brigade kommen in allen Auslandseinsätzen
Deutschlands und Frankreichs zum Einsatz.
Kommandeure
Général de brigade
Jean-Pierre Sengeisen 1989 - 1991
Brigadegeneral Helmut Neubauer 1991 - 1993
Général de brigade Bernard Friedrich 1993 -
1995
Brigadegeneral Hans-Otto Budde 1995
- 1997
Général de brigade Alain Lefèvre
1997 - 1999
Brigadegeneral Georg
Nachtsheim 1999 - 2001
Général de brigade
Bernard Oberto 2001 - 2003
Brigadegeneral
Walter Spindler 2003 - 2005
Général de
brigade Bruno Pinget 2005 - 2007
Brigadegeneral Andreas Berg 2007 - 2009
Général de brigade Philippe Chalmel 2009 - 2011
Brigadegeneral Gert-Johannes Hagemann 2011 -
2013
Général de brigade Marc André
Rudkiewicz 2013 -
Stellvertretende
Kommandeure
Oberst Wassenberg 1989 -
1991
Colonel Bregg 1991 - 1993
Oberst Harald Quiel 1993 - 1995
Colonel Bruss 1995 - 1997
Oberst Fritze 1997 - 1999
Colonel
Daniel 1999 - 2001
Oberst Eckart Klink
2001 - 2003
Colonel Daniel Hubscher 2003
- 2005
Oberst Franz Xaver Pfrengle 2005 -
2007
Colonel Dominique Laugel 2007 -
2009
Oberst Klaus Hahndel 2009 -
2011
Colonel Wallerand de Madre 2011 -
2013
Oberst Gerhard Ernst-Peter Klaffus
2013 -
Inhaltliche
Charakterisierung: Der Bestand umfaßt Unterlagen zur Aufstellung
und Stationierung der D/F Brigade, binationale Vereinbarungen
zwischen der Republik Frankreich und der Bundesrepublik
Deutschland, Ausbildungsvorhaben, Übungen, Offizierausbildung,
Befehle, Multinationale militärische Zusammenarbeit,
Kontingentaufstellung und -ausbildung für Auslandseinsätze
(SFOR, KFOR).
Zitierweise: BArch BW
70/...
- Reference number of holding
-
Bundesarchiv, BArch BW 70
- Extent
-
281 Aufbewahrungseinheiten; 5,9 laufende Meter
- Language of the material
-
deutsch
- Context
-
Bundesarchiv (Archivtektonik) >> Bundesrepublik Deutschland mit westalliierten Besatzungszonen (1945 ff) >> Bundesrepublik Deutschland (1949 ff) >> Verteidigung >> Bundesministerium der Verteidigung und Bundeswehr >> Deutsche militärische Anteile an multinationalen Einrichtungen und bei Auslandseinsätzen
- Related materials
-
Verwandtes Archivgut im Bundesarchiv: BH 1 Führungsstab des Heeres
BH 41 Heeresführungskommando
BW 58 Eurokorps
BH 9-10 10. Panzerdivision
BH 10 Formationen der Artillerie
BH 11 Formationen der Infanterie
BH 14 Formationen der Pioniere
BW 69 Deutsch-Französische Gruppe GECONSFOR (DFGFA)
Amtliche Druckschriften: BHD 41 Brigadestäbe
Literatur: Deutsch-Französische Brigade (Hrsg.): 25 Jahre Deutsch-Französische Brigade, 1. Auflage, Müllheim 2014.
Deutsch-Französische Brigade (Hrsg.): Deutsch-Französische Brigade Franco-Allemande. 1989-2009, 1. Auflage, Müllheim 2009.
Deutsch-Französische Brigade (Hrsg.): Müllheim, Breisach. Standorte der Deutsch-Französischen Brigade, 4. Auflage, Müllheim 2009.
Jean-Louis Brette: Die Deutsch-Französische Brigade, ein einzigartiges, gebrechliches und unvollendetes Integrationsbeispiel, Dijon 2002.
Elmar Ensmann: Erwartungen an den Dienst in der deutsch-französischen Brigade bei Mannschaftsdienstgraden und Unteroffizieren. Ergebnisse einer Pilotstudie, München 1989.
Wolfgang Frantz/Paul Klein/Ekkehard Lippert: Zur Stimmungslage in der deutsch-französischen Brigade. Erste Ergebnisse einer Umfrage vom Frühsommer 1990, München 1990.
Paul Klein: Probleme in multinationalen militärischen Verbänden am Beispiel der Deutsch-Französischen Brigade, München 1993.
Paul Klein/Ekkehard Lippert: Die deutsch-französische Brigade als Beispiel für die militärische Integration Europas, München 1991.
Paul Klein: Erwartungen an die deutsch-französische Brigade bei französischen Soldaten, München 1990.
Paul Klein (Hrsg.): Deutsch-französische Verteidigungskooperation. Das Beispiel der Deutsch-Französischen Brigade, Baden-Baden 1990.
Marcel Kotthoff: Die Entwicklung der deutsch-französischen Sicherheitskooperation seit dem Ende des Ost-West-Konflikts, Wiesbaden 2011.
Nina Leonhard/Sven Gareis (Hrsg.): Vereint marschieren - Marcher uni: Die deutsch-französische Streitkräftekooperation als Paradigma europäischer Streitkräfte?, 1. Auflage, Wiesbaden 2008.
- Provenance
-
Stab Deutsch-Französische Brigade (D/F Brigade), 1989-
- Date of creation of holding
-
1989 -
- Other object pages
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Last update
-
16.01.2024, 8:43 AM CET
Data provider
Bundesarchiv. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Bestand
Associated
- Stab Deutsch-Französische Brigade (D/F Brigade), 1989-
Time of origin
- 1989 -