Ernst Ludwig Kirchner, einer der wichtigsten Vertreter des deutschen Expressionismus, nahm sich 1938 das Leben, nachdem seine Werke ein Jahr zuvor als „entartet“ bewertet worden waren. Sein Suizid wird in der Forschungsliteratur sowohl auf die Enttäuschung Kirchners über die Diffamierung seiner Werke als auch auf seine Morphiumsucht zurückgeführt.
Der Umgang der Künstler*innen mit der Diffamierung ihrer Werke, mit Beschäftigungsverboten und damit einhergehend mit finanziellen Nöten und Todesängsten ist so vielfältig wie ihr künstlerisches Vermächtnis. Ihre Schicksale, die Enteignung, Beschlagnahmung, Veräußerung und Zerstörung von Kunstwerken beschäftigen die Politik und Rechtsprechung ebenso wie die Kunstgeschichte bis heute: Rechtmäßige Eigentümer*innen von als „entartet“ diffamierter Kunst müssen festgestellt, politische Verfahrensgrundlagen gebildet, Lücken im Werk verfemter Künstler*innen wollen wissenschaftlich geschlossen werden. Verschiedene Datenbanken wurden mit dem Ziel entwickelt, die Liste der durch die Nationalsozialisten entwendeten, zerstörten oder verschollenen Kunstwerke zu vervollständigen. In zahlreichen Museen und kulturellen Einrichtungen sind Provenienzforscher*innen tätig, um die Besitzverhältnisse und die Herkunft von Kunstwerken aller Art zu klären. Eine Virtuelle Ausstellung zum Thema Provenienzforschung begleitet die Forscher*innen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und informiert über ihre wichtige Arbeit – unter anderem im Kontext der „Entarteten Kunst“.
21.000 Werke „entarteter Kunst“ wurden vom NS-Regime aus deutschen Sammlungen entfernt, der Verbleib von nur 4.000 ist geklärt. Die meisten von ihnen werden heute als Meisterwerke ihrer Zeit verehrt.
Quellen
Wissenschaftliche Publikationen:
Thamer, Hans-Ulrich: Geschichte und Propaganda. Kulturhistorische Ausstellungen in der NS-Zeit, in:
Geschichte und Gesellschaft, Jg. 24., H. 3, Geschichtsbilder und Geschichtspolitik (Jul. – Sep., 1998), S. 349–381, online unter: https://www.jstor.org/stable/40185848.
Levi, Neil: “Judge for Yourselves!”-The “Degenerate Art” Exhibition as Political Spectacle, in: October, Vol. 85, 1998, S. 41-64, online unter: https://www.jstor.org/stable/779182.
Zuschlag, Christoph: Neues Rathaus Dresden. Die Ausstellung „Entartete Kunst“ 1933, in: Hermann, Konstantin (Hrsg.): Führerschule, Thingplatz, „Judenhaus“: Orte und Gebäude der nationalsozialistischen Diktatur in Sachsen, Dresden 2014, S. 154–158, online unter: http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/artdok/6001/1/Zuschlag_Neues_Rathaus_Dresden_2014.pdf.
Zuschlag, Christoph: "Entartete Kunst". Ausstellungsstrategien im Nazi-Deutschland, Worms 1995, online unter: https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/zuschlag1995.
Bundeszentrale für Politische Bildung:
https://www.bpb.de/politik/hintergrund-aktuell/141166/entartete-kunst-17-07-2017
Artikel zu den Folgen des Zweiten Weltkriegs für Kunst und Kulturgüter von Hermann Parzinger bei der Bundeszentrale für Politische Bildung:
https://www.bpb.de/apuz/31775/folgen-des-zweiten-weltkriegs-fuer-kunst-und-kulturgueter?p=all
Deutschlandfunk:
https://www.deutschlandfunkkultur.de/hitlers-kampf-gegen-die-moderne.932.de.html?dram:article_id=129772
Kulturstiftung der Länder:
https://www.kulturstiftung.de/entartete-kunst-2/
https://www.kulturstiftung.de/kuenstler-im-dritten-reich/
Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Kunst_im_Nationalsozialismus
https://de.wikipedia.org/wiki/Entartete_Kunst
https://de.wikipedia.org/wiki/Entartete_Kunst_(Ausstellung)
https://de.wikipedia.org/wiki/Emil_Bartoschek
https://de.wikipedia.org/wiki/Nationalsozialistische_Deutsche_Arbeiterpartei#Wahlerfolge_ab_1930
https://de.wikipedia.org/wiki/Th%C3%BCringen_im_Nationalsozialismus#Erste_Regierungsbeteiligung_im_Landtag_1930
https://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_Ludwig_Kirchner
Datenbanken:
https://www.proveana.de/de/start
http://emuseum.campus.fu-berlin.de/eMuseumPlus?service=ExternalInterface&lang=de